📍Jungkook
Als ich Tae am nächsten Morgen beim Frühstück sehe, ist mir heiß und kalt zugleich.
Taehyung, der mich belügt.
Taehyung, der mich küsst.Levender klatscht mir mit der Hand auf den Rücken. „Na? Wollen wir uns zu den beiden setzen?", fragt er und deutet zu Seungmin und Tae.
„Ja." Wie ein Seufzen, verlässt es meinen Mund. Nachdenklich. Zerstreut. Jemand, der immer alles weiß und nun unwissend ist.Per Zufall sitze ich nicht ihm, sondern Seungmin gegenüber. Daneben ist Tae. Rollkragenpullover, heute eng und dunkelgrau, der seine schlanken Arme betont, die er vor sich auf den Tisch legt. Er zupft mit den Fingern an dem Stoff, den Blick hält er gedankenverloren auf ihn gerichtet.
„Hey. Weiß jemand von euch, was wir heute machen?", fragt Levender.
Seungmin räuspert sich. „Waldwanderung Schrägstrich Exkursion, Schrägstrich öder geht's nicht."
„Boah, ne oder?", beschwert sich Levender. Er haut mir wieder zwischen die Schultern. Langsam nervt es mich. „Jungkook! Wie stehst du zur Waldwanderung Schrägstrich Exkursion?", fragt er.Taes Blick schnellt auf. Er löst seine Arme und versteckt sie unter dem Tisch. Unvermittelt sehe ich ihn an.
Habe ich nicht mal erwähnt, dass Taehyung wirklich gut aussieht? Ich meine nicht, dass er einfach nur einer dieser von-nebenan Schönlingen ist. Taehyungs Gesichtsproportionen sind schlicht und einfach perfekt. Von Augenbrauen bis Kinn, in gleichgroße Achtel geteilt. Geodreiecke-mit-rechtem-Winkel-anlegen-könnend und er würde jedem Schönheitschirurgen nie einen Grund für eine OP geben.
„Weiß nicht. Ich mag Sport", ich wende meinen Blick von Tae ab und sehe Seungmin an. „Ich hab auch mal Lacrosse gespielt, wusstest du das?" Ich weiß nicht, warum ich es sage, beziehungsweise frage. Für einen Moment, verschafft es mir ein Gefühl von Überlegenheit gegenüber demjenigen, der neben Tae sitzt und nicht nur ihm schräg gegenüber.
Er blinzelt perplex. „Ne. Warum hast du aufgehört?", fragt er. Tae sieht mich auf einmal aus interessierten Augen an.
Ich bereue es gleich; diesen kurzen Augenblick an Ruhm, für nichts.
„Schule wurde mir wichtiger", lüge ich.
„Er ist doch unser Vorstandsschulvorsitzender", sagt Levender euphorisch und klatscht mir ein drittes (!!!) Mal auf den Rücken. Hätte ich keine Scheu davor, als unfreundlich rüberzukommen, würde ich diese Geste erwidern, nur mit doppelter Wucht.„Ich glaube es heißt Schulvorstandsvorsitzender. Und das ist er nicht", erklingt Taes Stimme.
Ich ziehe unfreiwillig schadenfreudig einen Mundwinkel nach oben. Hä?, zeigen Levenders und Seungmins Gesichtsausdrücke. „Ich bin Schülervorstandsvorsitzender", korrigiere ich. Mein Schmunzeln geht in ein Lächeln über, das Tae erwidert.Besserwisser.
Guter Küsser.
Such dir was aus....
Wir stehen unten am Fuß eines hohen Ski-Berges. Die sogenannte Wanderung war lediglich ein einstündiger Spaziergang durch den Wald hierher. Über eine Seilbahn wollen wir an den Gipfel zur Skihütte fahren, um uns dort Gletscher anzusehen.
Ich stehe mit Levender, Seungmin und Tae zusammen in der Schlange. „Teilt euch zu zweit auf!", ruft einer unserer Lehrer. Gleich darauf erkenne ich das Schild neben dem Einstieg. Nur zwei Personen pro Gondel. Als würden wir gerade dasselbe denken, sehen Tae und ich uns an. Es ist einer der Momente, in denen mir seine Schläuche besonders auffallen. Nicht, weil sie ihn zu etwas eigenartigem machen. Unter den vielen Menschen sticht er dadurch nur hervor. Ist eben etwas ganz besonderes.
„Nur zwei Leute? Ist ja doof", beschwert sich ein Mädchen vor mir. Seungmin und Levender sagen nichts und scheinen den Lehrer auch nicht gehört zu haben. Ich will nur ungern etwas daran ändern, bevor sie noch unter uns verhandeln wollen, wer mit wem fährt. Als wären wir auf einmal unzertrennlich oder im Kindergarten. „Wollen wir-...?", frage ich Tae mit gesenkter Stimme. Er hat gesagt, dass er nicht will, dass jemand Verdacht schöpft, was uns angeht. Ich will es nicht ausreizen, obwohl ich am Liebsten in die Welt hinausschreien würde: Seht her! Das ist mein Freund! Er hier! Aber sind wir das überhaupt? Freunde? Nicht platonisch, keine Kumpels oder eine einmalige Geschichte, sondern wirklich Freunde?
Er nickt und lächelt schüchtern. Mein Herz wird gleich warm und meine Brust ein wenig leichter.
Als wir direkt vor der Gondel stehen, lasse ich Tae den Vortritt und setze mich dann neben ihn. Bevor die Tür geschlossen wird, winkt mir Levender noch zu. „Bis gleich", sagt Tae, für die beiden wahrscheinlich kaum hörbar. Dann fahren wir los. Erst im Kreis von der Einstiegsplattform weg, dann geradeaus nach oben.
Mit einem Mal ist meine Hemmschwelle groß mich mit ihm zu unterhalten. Aber, wenn es mir schon so geht, dann muss es bei ihm noch viel schlimmer sein. Ich denke daran, wie ungestüm ich ihn anfasste und er es mit sich machen ließ, und wie wir jetzt so ruhig nebeneinander sitzen; nicht nur getrennt durch den halben Meter zwischen uns, sondern auch durch unsere dicken Winterjacken und Schneehosen.
„Du triffst deinen Freund nicht mehr, oder?", frage ich.
„Hmm?" Er versteht nicht, was ich meine.
„Der-... Der mit dem-... dein Freund eben." Ich will es nicht aussprechen.
„Ich verstehe nicht, was du meinst." Da sagt er es sogar.
„Der mit deinem Hals. Der, der dich-..."
„Ja! Also nein-... äh... nein, tue ich nicht", unterbricht er mich und ich bin froh drum. Doppelt.Langsam lasse ich meine Hand zu seiner gleiten und nehme sie. „Schön, dass das geklärt ist", sage ich. Ich seufze und Tae legt seinen Kopf auf meine Schulter, wobei er an mich heranrutscht. Bein an Bein sitzen wir und betrachten durch das Glas die Schneelandschaft. „Tae?", frage ich. Es kommt keine Antwort, aber ich bin mir sicher, dass er zuhört. „Ich mochte dich schon, seitdem ich dich auf der Party gesehen habe."
„Ich war gar kein Gast", kommt es von ihm.
„Vielleicht gerade deswegen."Er hebt seinen Kopf kurz, um mich anzusehen, lässt ihn dann aber wieder ab. „Erwiderst du dieses Gefühl?", frage ich. Nachdem er kurz leise ist, füge ich: „Dass du von Anfang an wusstest, da ist irgendwas. Und ich wusste viel zu lange nicht, was." hinzu.
„Wir kennen uns erst seit zwei Wochen."
„Aber trotzdem. Tae, ich meine es trotzdem so."
„Ich weiß nicht. Ich-... Ich habe mich noch nie so gefühlt. So... verwirrt", sagt er langsam. „Wenn ich an gestern denke, rauscht mein Kopf", fügt er schneller hinzu.
Das Blut schießt mir gleich in die Wangen. Ich lebe gerne gefährlich, hat er gesagt und sitzt nun doch so schweigsam neben mir. Bei dem Gedanken muss ich schmunzeln.„Ich verwirre dich also?", frage ich neckisch.
„Nein, tust du nicht", spielt er es ab. „Ich bin es, der mich verwirrt." Ich bin es. Seine Worte werden mir nicht klar, ich beschließe aber nicht nachzufragen.„Sind wir jetzt zusammen?", frage ich stattdessen.
„Denke schon", sagt er leise, als wäre es ihm peinlich. Gestern hatte ich einen ganz anderen Taehyung vor mir. Einen, der nicht so unterkühlt spricht. Obwohl wir über unsere potentielle Beziehungen reden, fühle ich eine Distanz zwischen uns, wie sie noch nie geherrscht hat.
„Ich war noch nie mit einem Jungen zusammen", murmle ich.
„I-Ich war noch nie mit jemandem zusammen."„Ich bin deine erste Beziehung?" Ich kann nicht anders als meinen Kopf abrupt zu ihm runter zu drehen und dabei euphorisch zu klingen. Ich wünsche mir, dass er mir antwortet und meine letzte, aber so kommt es nicht.
„Sagte ich doch. Ich will es nicht nochmal sagen", entgegnet er störrisch. Ich drücke trotzdem seine Hand.Für einen Moment verfängt sich mein Blick an seinen Lippen und es fällt mir schwer ihn loszureißen. „Ich mag dich, Jungkook", wispert er nach einer Weile.
Ich bewege meinen Kopf seitlich und meinen Mund an sein Ohr. „Das will ich doch hoffen", flüstere ich zurück und küsse seine Ohrspitze. Er zuckt leicht zurück, weil es wahrscheinlich kitzelt, und quickt.
„Lass das. Ich meine es so", stammelt er.„Ich mag dich auch."

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Hitze | Vkook
Fiksi PenggemarLuft, Sauerstoff, Co2 - etwas, das jeder Mensch zum Leben braucht. Taehyung fehlt es, denn er ist krank. Kalt - Das ist das Erste, was Jungkook über seinen neuen Mitschüler denkt. Der aufgeschlossene neunzehnjährige ist fasziniert von ihm, nicht zu...