📍Jungkook
Die Fahrt zum Restaurant dauert gerade mal zehn Minuten, doch zwischen den Carterfield-Brüdern, von denen ich vor einer Woche nur einen kannte (und gar nicht wusste, dass es noch einen weiteren gibt), fühle ich mich unwohl. Erik erzählt noch Stunden später von den Aufstellungen des heutigen Spiels, was gut und weniger gut gelaufen ist und, dass er unbedingt ein College finden muss, das ein hochklassiges Lacrosseteam hat. „Würdest du deshalb eines ablehnen. Also wenn es dort kein Lacrosseteam gibt?", frage ich.
„Ja, natürlich."Taehyung bleibt ruhig. Irgendwie ist er immer ruhig. Ich verstehe nicht, wie ein Mensch so verschwiegen sein kann. Auch Erik schenkt ihm keine Beachtung. Entweder kennt er ihn so gut, dass er genau weiß was er tut, oder es ist Ignoranz. Ich fühle mich nicht bemächtigt mich für eines der beiden zu entscheiden.
Wir kommen im Restaurant an. Als ich eintrete, erfüllt mich ein Duft von gebratenem Essen und dem Rauch eines Kaminofens, neben dem wir uns in der dunklen Stube niederlassen. Nur eine Tischleuchte über unseren Köpfen erhellt unsere Umgebung, ebenso ein kleiner Weihnachtsbaum, der neben dem Eingang steht.
Ich sitze längs neben Taehyung. Erik befindet sich wieder links von mir an der kurzen Tischseite. Eine Kellnerin reicht uns die Speisekarten. Nachdem ich mich für die Einladung bedanke, entscheide ich mich schnell für ein Gericht. Die Eltern der beiden Jungs, tun dies nur allzu gerne ab. Sie scheinen Kinder (naja, ich weiß nicht, ob ich überhaupt noch eines bin) wirklich zu mögen. Deswegen haben sie wahrscheinlich auch adoptiert. Taehyung, ein Kind das krank ist. Oder krank geworden ist, korrigiere ich mich.
Ich sehe unauffällig zu ihm hinüber. Seinen Körper umhüllt ein dicker grauer Rollkragenpullover. Die Hände, die aus den Ärmeln hinausragen, wirken im Vergleich zum dicken Stoff winzig. Die Haare hängen ihm zerzaust auf die Stirn. Manchmal sind sie das mehr, manchmal weniger. Ich frage mich, was davon seine gemachten Haare sind.
„Was wollen Sie bestellen?", fragt mich die Kellnerin.
Ich entscheide mich für ein Nudelgericht, da wir in einem Italiener sitzen und ich alles andere für unangebracht halte. Nach mir ist Taehyung dran, der ein wenig mehr Zeit braucht, bis er sich für die Speise vor meiner entscheidet. Ravioli mit Trüffeln und hausgemachter grüner Soße. Die Eltern geraten in ein Gespräch untereinander, während Erik sich nur still durch sein Handy tippt.„Bestellst du das öfter?", frage ich Taehyung, der ein Gemälde oberhalb des Kamins betrachtet.
Weiße Nacht, steht klein in der unteren linken Ecke. Zu sehen ist eine Landstraße mit einer Kutsche, gezogen von zwei dunkelbraunen Pferden. Der Kutscher hält eine Laterne, auch aus dem Innenraum des Wagens reichen welche heraus und erhellen den schmalen Waldweg, den an einem Rand in weiß gehüllte Tannen zieren. Auf der anderen Seite befindet sich ein Graben.
„Ich bin das erste Mal hier", entgegnet er nach einem Moment.
„Ich auch."
Flüchtig sieht er mir in das Gesicht.
„Magst du das Bild?", frage ich und deute auf die in gold eingerahmte Weiße Nacht.
„Der Rahmen passt nicht dazu. Er müsste dunkelbraun sein und hölzern. Aber das Gemälde ist schön, irgendwie gemütlich, aber auch bedrückend." Als hätte er sich in einem Gedanken verfangen, spricht er ungehemmt weiter - „Manche Dinge können beides sein und es schließt sich nicht aus. Schön und bedrückend zugleich."„Da lässt du deinen Kunstkurs raushängen", kommentiert Erik und lacht. Taehyung ist gleich still. Dieses besondere, was ihn gerade umgab, verfliegt und ich bin plötzlich wütend auf Erik.
„Wie war die Schulwoche eigentlich, Taehyung? Hast du dich gut wieder eigefunden?", fragt sein Vater auf einmal und mischt sich in das Gespräch ein.
„Ja, alles Gut", antwortet er kurz.
Seine Mutter lächelt ihn bekümmert an, als verstände sie, warum er so still ist. Weil er einfach so ist. Weil Momente wie gerade eine Seltenheit sind.
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Hitze | Vkook
FanfictionLuft, Sauerstoff, Co2 - etwas, das jeder Mensch zum Leben braucht. Taehyung fehlt es, denn er ist krank. Kalt - Das ist das Erste, was Jungkook über seinen neuen Mitschüler denkt. Der aufgeschlossene neunzehnjährige ist fasziniert von ihm, nicht zu...