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📍Jungkook

Noch zwei Tage später hasse ich mich dafür, Taehyungs Hand im Krankenhaus genommen zu haben. Es war wie ein Reflex, eine Regung meines Körpers, die unkontrolliert stattfand. Denn hätte ich sie überdacht, wäre sie nie an die Oberfläche gekommen.

Du spielst mit seinen Gefühlen, Jungkook. Ja, ich weiß, dass das scheiße war, okay?

Zu meiner Bioklausur komme ich überpünktlich, gebe jedoch als letztes ab. Als ich das Schulgebäude verlasse, bin ich erschöpft.

Da nun offizieller Ferienanfang ist und nur noch wenige Tage bis Weihnachten bleiben, treffe ich mich am späten Nachmittag mit Erik, Lukas und Christian auf dem Weihnachtsmarkt zum Glühweintrinken. An der großen Tanne stoße ich auf die drei - da bin ich auch mal zu spät zu einer Sache.

„Unpünktlich, Herr Jeon", begrüßt mich Lukas. Den anderen beiden schlage ich nur mit der Hand ein. „Der Bus war Schuld", sage ich.
„Jaja", höre ich noch von Lukas. Erik zieht mich gleich an den Schultern zu sich und wir gehen in zwei Zweierreihen über den Weihnachtsmarkt, da es sonst zu eng ist.

„Wie lief Bio?", fragt Erik.
„Ganz gut." Ich erzähle ihm von den Aufgaben, was ihn nicht sonderlich zu interessieren scheint. Dabei fand ich die Klausur echt interessant. Würde ich Tae davon berichten, würde er mir bestimmt zustimmen oder etwas hoch wissenschaftliches einwenden und dann sich selbst herabwürdigend sagen: Aber das ist nicht von mir, ich habe es nur irgendwo gelesen.

Ich schüttle innerlich den Kopf, um mich gedanklich von ihm zu entfernen und wieder zu Erik und dem Weihnachtsmarkt zu wandern.

„Ich versteh schon, Biologe", sagt er als ich fertig bin.
Ich rege mich nicht darüber auf, sondern frage nur, ob er nochmal bei Tae im Krankenhaus war.
„Tae?"
„Na Taehyung, dein Bruder."
„Warum nennst du ihn dann so?"

Liegt Tae als Spitzname nicht Nahe?
„Einfach so, ein Spitzname oder eine Abkürzung. Bist du nie auf die Idee gekommen?"
„Ne." Für einen Moment schaut er mich an, dann lässt er seinen Blick zu einem Stand schweifen, auf den Lukas und Christian aufgeregt zeigen. „Habt ihr nicht auch hunger?", fragen sie fast zeitgleich.
„Ja", antworte ich, dann folge ich ihren Blicken.

Der Crêpestand. Derselbe, an dem Tae und ich Anfang Dezember waren. Ich weiß nicht warum mir das mit einem Mal einen Schlag in die Magengrube versetzt.

„Stellen wir uns an?", fragt Erik.
„Äh... ja, klar."

Als wir in der Schlange stehen, tauschen sich die drei über die besten Toppings oder Aufstriche aus (ich habe keine Ahnung, wie man das nennt). „Was nimmst du, Jungkook?", fragt Christian.
„Puderzucker."
„Ich kenne niemanden, der Crêpe bestellt, nur um ihn dann mit Puderzucker zu essen", erwidert er.
„Ja, voll langweilig, oder?", unterstützt ihn Lukas.

Aber ich kenne jemanden. Tae bestellt sie auch gerne mit Puderzucker.

„Lasst den armen Jungen doch", beendet Erik die Konversation.

Bis wir die Crêpes bekommen und aufessen dauert es nichtmal fünf Minuten. Den am Stand alkoholfrei gekauften Glühwein, den Christian danach mit einem Schuss Alkohol präpariert, kippe ich mir nur so herunter. Im Gegensatz zu meinen Freunden schaffe ich es aber mich nicht zu betrinken.

Als wir bereits auf dem Weg nachhause sind, frage ich Erik nochmal nach Tae. Die anderen beiden fahren in die andere Richtung, im Bus sind es daher nur wir zwei.

„Er ist wieder zuhause", antwortet er.
Überrascht regt sich mein Gesicht. Es geht ihm also wieder besser. „Wirklich?"
„Ich würde dich ja nicht anlügen oder so." Er kriegt Schluckauf. Außer zu lachen, bringt es mich auch dazu ihn nichts mehr zu fragen.

Als ich nach Erik bei mir aussteige, hole ich mein Handy hervor. Erik lud mich noch zu einer Silvesterparty im Südwesten der Stadt ein. Irgendjemand von der Schule schmeißt sie, meinte er. Ich hätte ihn gerne gefragt, ob Tae auch kommt, doch kam mir das zu aufdringlich vor.

Zumindest könnte er es so auffassen, da er da doch so empfindlich ist.

Ich trage sie nur in meiner Kalenderapp ein, ehe ich zu meiner Wohnung hochmarschiere.

Auf Wiedersehen altes Jahr, hallo neues.

Hitze | VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt