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📍Jungkook

Er erstarrt und lässt seinen Kopf resignierend in das Kissen sinken. „Ich sagte dir doch schon, dass es daher kommt." Angestrengt legt er sich seine Hand auf die Stirn.

„Wie heißt die Behandlung?"

Er setzt sich auf und ich weiche von ihm. Seine Beine zieht er an, während ich vor ihm hocke.

„Ist das jetzt ein Verhör, oder was?"
„So in der Art."
„Hast du nur deswegen-...?" Er unterbricht sich. Ich bin froh, dass er nicht weiter spricht, denn dann wäre ich entweder gezwungen ja zu sagen, oder ihm mein Herz auszuschütten - nichts davon wäre vollständig wahr.
„Erstens, könnte ich dich das gleiche fragen. Und zweitens: ich habe gegoogelt. Keine aufgezählten Nebenwirkungen blauer Flecken, nichtmal eines angeschwollenen Halses. Außerdem keine Bilder, keine Doktorarbeiten-..."
„Du hast dir Doktorarbeiten durchgelesen?", schnellt er empört dazwischen.
„Ja."
„Bist du etwa besessen von mir?"

„Ja, irgendwie schon."

Jetzt reibe ich mir selbst das Gesicht vor Anstrengung. Meine Wangen sind heiß. Meine Lippen fühlen sich geschwollen an. Auf meiner Zunge schmecke ich noch immer Taehyungs.

„Ich denke nur noch an dich. Ich sehe mir deinen Instagramaccount an und frage mich, ob du wirklich nicht der Mensch für Social Media bist oder es andere Gründe gibt, warum er so trostlos scheint. Ich sehe deine blauen Flecke und mache mir Sorgen, um dich. Male mir aus, wie du von irgendwelchen Straßengangs auf dem Weg zur Schule zusammengetreten wirst. Ich sage dir diese ganzen Sachen und trage dabei eine Höllenangst in mir, du könntest merken, dass ich einfach nicht für dich bin. Weil ich zu viele Fragen stelle. Weil ich sofort gemerkt habe, dass du mich nicht küsst, weil du mich liebst, sondern weil es wieder irgendein scheiß Weg von dir ist, irgendetwas auszuweichen. Weil ich Doktorarbeiten für dich lese, um dich zu beschützen."

„Du hast das ganze Ding gelesen?", missbilligt er.
„Überflogen", berichtige ich.

Zögernd nimmt er meine Hände und drückt sie sachte. „Mich verfolgen keine Straßengangs."
„Ich muss mir ja irgendwas denken", sage ich genauso sanft wie er.

Für einen Moment fühlen sich Stille und Dunkelheit an, als würden sie uns in sich bergen. Als könnten wir uns so vom anderen verstecken oder zumindest nur teils sichtbar sein.

Ich drücke seine Hände nun auch. „Ich kann das nicht, wenn wir nicht ehrlich miteinander sein können. Vertrauen ist wie ein Grundriss. Ohne es klappt das Gebäude zusammen."

Verstehend nickt er. „Dann lass uns ehrlich sein", schlägt er vor.

Ich weiß, dass er lügt. Dass er nie ehrlich mit mir sein wird, weil er es bis jetzt auch nicht war und ich mir nicht vorstellen kann, was daran rütteln könnte.

„Das klingt schön", erwidere ich trotzdem, irgendwie verträumt, so wie ich in seine grünen Augen blicke. Weil ich lieber in einer perfekten Illusion verweile, als mich der bitteren Realität zu stellen. Und vielleicht ist das mein Fehler.

„Ich habe noch nie jemanden mit so tiefgrünen Augen gesehen", plappere ich aus.

„Ja?", fragt er und leckt sich über die Lippen.
„Ja."

Was zusammengehört, kann man nicht trennen. Ich habe noch nie so sehr an diesen Spruch geglaubt wie jetzt. Denn obwohl ich mir bewusst bin, auf welchem Glatteis wir uns gerade befinden, will ich dennoch nach vorn laufen. Töricht, vielleicht bin ich das.

Vielleicht habe ich nichts gelernt.
Vielleicht bahne ich mir gerade den Weg, wieder verletzt zu werden.
Aber das ist jetzt egal, weil ich ihn nochmal küssen will.

„Wollen wir es nochmal versuchen?", frage ich und lecke mir auch über meine.

Er nickt leicht.

Diesmal bewege ich mich nach vorn und drücke meine Lippen vorsichtig auf seine. Süß, wie Honig, von dem ich ewig kosten will.

Ich fasse seine schlanken Schultern. Zerbrechlich, wie eine Porzellanfigur, liegen sie in meinen Händen. Es dauert nicht lange, bis sich meine Finger unter seinen Pullover graben. Seine nackte Haut zu berühren, Taille, Rücken und Brust, ist so anders, als sie nur über dem Stoff zu erahnen. Es ist sinnlich, wie ein Gedicht auf meinen Fingerspitzen. Ich will es aufschreiben, doch in meinem Kopf tummeln sich zu viele Gedanken.

Er summt, als würde er mir mitteilen wollen, dass er etwas sagen will und zieht seinen Kopf im nächsten Moment auch schon zurück. Ich löse mich nur ungern von ihm. „Jungkook, i-ich weiß nicht, ob ich schwul bin", stammelt er auf einmal.
Für einen Moment bin ich perplex, muss mir wegen der Unverbundenheit seiner Aussage jedoch ein Lachen verkneifen. „Ich bin auch nicht schwul", sage ich. So konsterniert er mich ansieht, macht er es mir mit dem nicht-Lachen echt schwer. „Ich mag Jungs und Mädchen."
„Ich weiß aber nicht, was ich bin. Ich weiß nur, dass ich dich mag."

Dich. Das klingt schön. Soll er nur mich mögen. Ich begrüße es.

„Das findest du schon noch heraus."

Er stößt einen Seufzer aus. Ihm schwingt was trauriges bei. Ich will aber nicht fragen. Denn gerade ist alles perfekt. Zumindest wie wir so dasitzen.

„Die Flecken", fängt er auf einmal an. Diese Traumwelt hätte nicht schneller platzen können. Dennoch merke ich, wie sich meine Ohren sofort spitzen. „Die blauen Flecken meine ich. Du hast nach der Wahrheit gefragt. Ich habe einen Freund. Es ist keine Beziehung, es ist nur-..."
„Sex?", unterbreche ich ihn.
„Ich schlafe nicht mit ihm. A-Aber, ich mag-... eben-...sowas", bringt er zögerlich hervor.

„Du-... Du magst, sowas?"

Hitze | VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt