Hitze | Vkook

60

📍Jungkook

Weniger als ein Tag bis zur Wende.

Etwas in mir hat sich verändert, seitdem ich mit Tae geschlafen habe. Ich fühle mich reifer, erwachsener. Ihm näher. Voller Mut und voller Angst zugleich. Ich weiß nicht, ob mein Plan aufgeht, jene Beweise zu sammeln, die ich brauche - wir brauchen - um es Erik heimzuzahlen. Und mein Plan berücksichtigt einige Variablen, für die Gott auf meiner Seite stehen muss. Vielleicht bete ich deshalb für das erste Mal heute, bevor ich das Haus verlasse, um den Lacrosseplatz an unserer Schule aufzusuchen.

Es ist nicht primär Teil meines Plans, aber ein Teil meiner persönlichen Rache an Erik. Jeder soll es wissen. Jeder soll denselben Schmerz fühlen, der mir letzten Abend die Brust schwer machte, so bitter Tae weinte. Wie unbeholfen er damit war, wie viel ich auf ihn achtgab, während wir miteinander verbunden waren. Weil er dachte, es funktioniere nicht so, sondern müsse etwas sein, dass von Leid getränkt ist. Ein Leid, das Erik ihm zuführte.

Aus dem Bus gelange ich schnell, ehe meinen Schuhsolen der bepflasterte Vorplatz und dann der Rasen des Lacrossefelds als Untergrund dient. Das Lacrosseteam unserer Schule läuft sich gerade warm; Schläger dabei in der Hand haltend und die Beine bei jedem Laufschritt zum Bauch ziehend. Der Trainer verabschiedet sich zur einer kurzen Kaffeepause, mit seiner leeren Tasse in der Hand, und begibt sich hinein. Ich erkenne Erik gleich, als wäre er die zu findende Figur in einem Suchbild. Hinter ihm läuft Seungmin her. Lukas und Christian sind auch da.

Erik bemerkt mich durch das Gitter seines Helmes und würde mich mündlich begrüßen, wenn sein Zahnschutz dabei nicht rausfallen würde. Stattdessen hebt er nur seinen Schläger. Wenn er wüsste, dass ich ihn am liebsten gleich hier zusammenschlagen würde.

Ich trete auf ihn zu, laufe mit ihnen ein Stück mit, ehe ich mich so vor Erik stelle, dass die Mannschaft hinter seinem Team-Captain zum Stehen kommen muss. Erik nimmt sich seinen Zahnschutz heraus. „Geh zur Seite, Jungkook", sagt Erik und weist mich mit seinem Schläger vom Platz.
„Du bist so ein verfickter Psychopath, Erik, dass ich dir fast geglaubt hätte, du würdest nicht deinen kleinen Bruder vergewaltigen", sage ich laut.

Seungmins Kinnlade klappt herunter und der Zahnschutz fällt ihm aus dem Mund und auf den Rasen, während Erik mich einfach nur entgeistert anstarrt.

„Und du tust es wieder und wieder, so oft, dass dein unsättlicher Appetit bereits—" Erik schubst mich so wuchtig, dass ich rückwärts auf den Rasen falle und mir die Ellenbogen aufreibe.
„Wer bist du, um solche Lügen über mich zu verbreiten, Jungkook?", sagt Erik wuchtig und lacht zynisch auf, ehe es gleich von seinem Gesicht schwindet. Er holt mit dem Bein aus und tritt wuchtig in meine Seite. Verfickt nochmal tut das weh.

Von einen auf den anderen Moment bewegt sich das Team und positioniert sich um uns herum. Seungmin stellt sich zwischen uns und Christian versucht auf Erik einzureden, während sich Lukas zu mir hockt. „Bist du okay?", fragt er.
„Es geht schon." Ich stütze mich auf und stehe mühevoll auf. Die Seite halte ich mir mit einer Hand. Meine Beine sind wackelig. Ich glaube, er hat mir die Rippe angeknackst. „Es ist wahr!", sage ich laut, sodass es alle hören. „Warum sollte ich sonst solch einen Tritt einkassieren wollen?"

„Du weißt gar nichts, Jungkook!", schreit Erik und wütet vor, sodass Seungmin ihn zurückhalten muss. „Ich bin keine Schwuchtel, wie du!"

Christian lacht heimlich, Lukas sieht mich an. „Ich unterstütze diese Aussage nicht", sagt er leise. Ich lasse Lukas hinter mir und trete einen Schritt auf Erik zu.