📍Taehyung
„Erik muss mich nicht besuchen kommen. Das ist ihm doch ungelegen, wegen dem Training."
„Natürlich kommt er!", wendet meine Mutter ein.
Ich würde ja noch gerne etwas dagegen sagen, lasse es aber. Es hat eh keinen Zweck.
Es klopft an der Tür. „Das müsste er sein", sagt sie und ruft „Herein!".
Als mit einem Mal Jungkook und Erik vor meinem Bett stehen, weiß ich gar nicht wie mir ist. Beiden schwappt eine Welle negativer Gefühle mit, bei Ersterem scheint sie mir jedoch viel wirrer und ausgeglichener.
„Ich gehe mal kurz. Ich komme dann nochmal wieder", verabschiedet sich meine Mutter. Jungkook begrüßt sie noch schnell, ehe sie verschwindet und die Tür hinter ihr zufällt. Ich erschrecke bei dem Knall der Tür. Mein Puls ist hoch und unbändig.
Erik sagt nur „Hallo" und begibt sich an das zugezogene Fenster mit einem Stuhl, den er hinter sich herschleift. Sein Handy zückt er wie automatisch und macht irgendwas; mich interessiert auch nicht was. Stattdessen verharrt Jungkook weiter so vor mir. „Geht es dir heute besser?", fragt er.
„I-Ich denke schon-... ja."
Sichtlich nervös von der entstandenen Situation, fällt es mir schwer mich voll und ganz auf eine Konversation mit ihm einzulassen.
Er hockt sich an meine Bettkante. Mit einem Mal ist er mir so nah, dass ich seinen musternden Augen unterlegen bin. Ich blicke nur weg, schaue umher, sehe alles an, außer ihn. „Erinnerst du dich an gestern, als ich da war?" Seine Stimme senkt er bewusst. Auch er will wohl nicht, dass Erik uns hört.
„Nur grau", sage ich.
„Ich... Ich wollte nur sagen, dass es mir Leid tut, Tae, und ich habe das Gefühl, dass das gestern nicht richtig rübergekommen ist. Das mit deiner Krankheit, das auf der Kursfahrt, dass ich dich bedrängt habe-..."
„Du hast mich nicht bedrängt. Lass uns nicht zehn Schritte zurückgehen, wenn wir das schon hatten."Ich rege mich mehr auf, als ich es will. Ihn bringt das zum Schmunzeln. „Nein, das meinte ich auch nicht so. Es ist meine Schuld. Ich bin ein emotionalgelandener Depp und ein haltloser Perfektionist, das verträgt sich einfach nicht gut miteinander. Ich glaube, du verträgst dich nicht damit."
Verwirrt starre ich ihn nun doch an. Er klingt nicht vorwurfsvoll, eher als würde es ihm wirklich leidtun.
„Was ich damit sagen will ist: Lass uns nur Freunde bleiben, ok? Wir sind zu verschieden, ich weiß nicht, ob ich damit zurechtkomme. Ich habe es mir eingered-..."
„Ok", unterbreche ich ihn. Ich kann mir keine Sekunde länger sein nutzloses Gerede anhören und ihm dabei ins Gesicht blicken.
„Ja?", fragt er.
„Ja, klar." Vielleicht klinge ich zu gezwungen locker dabei, doch er hackt nicht nach. Ich sollte glücklich darüber sein, - das wollte ich schließlich doch, oder? - aber, ich bin es nicht. Jungkook betrachtet nur meinen Hals für eine Weile. Erst dann schafft er es seine Augen davon loszureißen. „Dann ist ja gut."„Ja", wiederhole ich. Es lässt ihn mich besorgt beäugen, als hätte er Angst, ich würde nicht damit zurechtkommen. Aber das muss ich wohl, irgendwie.
Jungkook bleibt noch lange bei mir. So lange, dass sogar Erik abhaut, weil er keine Lust mehr hat seine Zeit mit mir zu vergeuden. Er erzählt mir von seinem Tag, dass er sich eigentlich sicher für Bio fühlen sollte, sich das jedoch nie ist. „Du machst dir zu viele Sorgen", sage ich. Er lächelt nur und sieht weg.
„Vielleicht hast du Recht", murmelt er.
Mit einem Mal nimmt er meine Hand. Seine Haut ist warm, weder schwitzig noch rau, sondern weich, wie damals auf dem Weihnachtsmarkt.
„Ich gehe dann jetzt Mal. Werd' schnell wieder gesund. Ja?"
Ich würde gerne, das kann ich nicht beeinflussen oder ich versuchs' ja schon antworten, doch bringe ich mich nicht zu einem ironischen Kommentar.
Stattdessen nicke ich. Bevor er zur Tür hinausgeht schaut er noch einmal zu mir.
Alleine im Zimmer überkommt mich eine wahnsinnige Leere. Mir fällt erst jetzt auf, wie bedeutsam Jungkooks Anwesenheit für mich ist. Seine Stimme zu hören, die immer nur so vor blendendem Optimismus strotzt. Eigentlich sollte ich das hassen. Eigentlich sollte ich ihn hassen. Den Weihnachten-liebenden, ich gehe auf dich zu und mache dann doch einen Rückzieher, Typen.
Und doch denkt ein kleiner Teil in mir, dass er doch Recht hat. Dass ich selbst nicht damit zurechtgekommen bin, wie viel er wissen will. Wie sehr er darauf bedacht ist, einer der guten zu sein. Dass ich immer Angst gehabt hätte, er würde nur wegen meiner ausgeleierten Lungenflügel das Bedürfnis verspüren, für mich da zu sein. Denn so ist er eben - Weltverbesserer, emotional gesteuert, nicht klar sehend, dass ich anderweitig überhaupt nicht interessant, klug oder witzig bin.
Ein größerer denkt, dass ich es ja verdient habe. Und ein kleiner Restteil, dass er mir fehlen wird.
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Hitze | Vkook
FanfictionLuft, Sauerstoff, Co2 - etwas, das jeder Mensch zum Leben braucht. Taehyung fehlt es, denn er ist krank. Kalt - Das ist das Erste, was Jungkook über seinen neuen Mitschüler denkt. Der aufgeschlossene neunzehnjährige ist fasziniert von ihm, nicht zu...