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📍Taehyung

Jungkooks Atem spüre ich noch an meinem Ohr, als ich nach einer Runde als letzter am Zug bin.

Für das erste Mal löst Flüstern in meinem Ohr nicht eine Kettenreaktion von Ekel, Hass und Panik aus. Stattdessen ist es... angenehm. Wie rau seine Stimme wird und einige Oktaven tiefer rutscht. Und dann der Hauch, der mit jedem Wort gegen mein Ohr prasselt. Feucht. Warm. Mein Ohr kribbelt noch immer.

Was machst du nur mit mir?

Ich will das gar nicht!

Gibt es einen Menschen, der so wunderschön ist wie du?

Und doch antworte ich in meinem Kopf nein auf diese Frage, als ich dich von der Seite ansehe.

Jemand wie er, kann sich nicht in mich verlieben.

„Taehyung?", fragt er. „Du bist am Zug."

Warum muss er es sein, der mich darauf hinweist?

Ich kann einige Züge machen, was Levender und Seungmin zu einer komödiantischen Moderation anstiftet, auf die hinweg ich auflachen muss. Von der Seite beobachte ich, wie Jungkook wieder in sich hinein lächelt. Abwesend. Die Mundwinkel leicht nach oben gehoben. Das tut er so oft, als würde er irgendwelche Pläne dahinter verstecken. Aber welche? Denkst du an mich oder jemand anderen?

Wir spielen weiter und nach einer halben Stunde (ich weiß nicht wie ich es mache) gewinne ich! Ich bin wirklich froh. Nicht zuletzt weil Levender und Seungmin da eine total große Sache draus machen.

„Ich gehe auf mein Zimmer. Spielt ruhig noch eine Runde", sagt Jungkook auf einmal und steht auf. Ich folge seiner Bewegung nach oben. Die beiden verabschieden sich von ihm und winken ihm zum Abschied zu, Seungmin verhaltener als Levender. Meine Brust ist eng und schwer.

Jungkooks resignierendes Nicken, der gesenkte Blick, die verschlossenen Augen. All das, als ich ihm gesagt habe, wir wären Freunde.

Ich stehe auf und laufe ihm hinterher. „Ich gehe auch", rufe ich Levender und Seungmin noch zu, ehe ich die Kellertreppe hochgehe. Sollen sie doch denken, er wäre mein Freund und ich sein Loverboy.

Meine schnellen Schritte lassen mich nach kurzer Zeit schon keuchen. Erst im langen Flur erwische ich ihn, den Gang schlendert er langsam herunter, wie auf einem Spaziergang. Ich bin mir nichtmal sicher, ob er es ist, so dunkel ist es. „Jungkook!", sage ich so laut ich kann. Meine Atemnot zwingt mich zum Anhalten und ich stütze mir die Hände auf die Knie.

Er dreht sich um. Im nächsten Moment bewegt er sich eilig auf mich zu. „Du solltest nicht so schnell laufen", sagt er besorgt. Es ist Jungkook, ganz sicher. Wer sonst würde sowas zu mir sagen? Etwas, was ich viel besser selbst weiß.

Er stellt sich neben mich und legt mir seine Hand auf den Rücken. Sie könnte immer dort verharren, denn es ist schön. Ich mag wie mir warm wird und meine Haut unter seiner Berührung prickelt.

„Wolltest du auch gehen?", fragt er.
„Ich-... nein-... Ich-...", ich drehe meinen Kopf und sehe ihn an - „Ich bin wegen dir hier." Seinen Ausdruck erkenne ich nicht richtig, doch er sagt nichts. „Weil-... Weil ich-..."

„Bedränge ich dich?", unterbricht er mich. Seine Stimme ist streng, als würde ich mit einem alten Lehrer sprechen. Es brannte ihm wohl auf der Zunge. Das kann ich ihm nicht übelnehmen.

„Nein. Ich habe es nicht auf dich bezogen. Auf niemanden bezogen! Ich-...", ich richte mich auf. Seine Hand löst sich. Die Stelle wird gleich kühl, - „habe Mist geredet. Es tut mir Leid."

„Dann ist ja gut." Er schmunzelt und atmet dabei seufzend durch die Nase aus. „Dann können wir wohl Freunde bleiben, schätze ich", fügt er nach einer Weile der Stille hinzu. Dabei wirkt er zufrieden. Ungestört mit dieser Einordnung von uns.

„Ja."

Aus seinem Mund klingt es so... falsch. Platonische Freunde. Und irgendwie gefällt mir dieser Begriff, irgendwie aber auch nicht.

Ich fürchte mich zu sehr, du könntest anfangen mich zu sehen, sobald wir diese sichere Grenze überschreiten. Den wahren Taehyung. Das kaputte Waisenkind.

Ich will nicht gesehen werden.
Ich will ein Schatten bleiben.

Er wendet sich schon von mir ab und geht weiter, da halte ich ihn auf, indem ich seinen Namen sage: „Jungkook."

Er bleibt stehen und wendet sich zu mir. „Ist noch was?"

„Ich-... Du meintest-... Du meintest, ich könne nicht vertuschen, dass ich dich mag."

Sein Schweigen bringt mich noch zur Weißglut.

„Du magst mich?", fragt er aber dann.

Tust du es etwa, Jungkook?

Ich nehme all meinen Mut zusammen. Spüre wie er mich von innen heraus erfüllt. Und trotzdem ist dieses Licht schwindend klein.

„Du solltest nicht zu ernst nehmen, was Seungmin gesagt hat", sage ich nur.
„Das sagtest du bereits."
„Ich will es aber nochmal betonen."
Warum willst du das?"

Weil ich glaube, dass ich dich mag. Weil ich noch nie jemanden mochte. Weil mir gesagt wurde, ich sei nichts weiter als eine kaputte Hurre.

„Weil ich nicht will, dass du dich deswegen von mir distanzierst."

Und ich irgendwie glaube, dass du mich auch magst.

„Habe ich das etwa in der letzten Stunde getan?"

„Nein, a-aber vielleicht-..."
„Hör mal", aus der Ferne sehe ich grob, dass er sich das Gesicht reibt - „Sortier bitte deine Gedanken, bevor du zu mir ankommst und nur immer wieder das gleiche wiederholst."
„I-Ich-..."
„Ich habe dir gesagt, dass ich meine Zeit nicht verschwende. Du tust es gerade. Ich bin gerne für dich da, aber nicht so."

Hitze | VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt