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📍Taehyung

Natürlich nutzt Erik es aus, wenn unsere Eltern nicht da sind. Natürlich tut er das. Was habe ich auch anderes erwartet? Wie konnte ich so naiv sein und ihm die Badtür öffnen?

In meinem Kopf schwirrt noch immer alles. Gefühlt habe ich schon vergessen, was vor einer halben Stunde passiert ist, doch als ich meine Umwelt wieder deutlicher wahrnehme, sitze ich in einem Café mit Jungkook vor meiner Nase.

An einem kleinen Laptop tippt er irgendwas. Er wollte Hausaufgaben machen und lernen, fällt es mir ein. Genau, deswegen sind wir hier. Jungkook hat sich geweigert mich allein losziehen zu lassen und ist mir schlichtweg gefolgt, um mich hierhin zu lotsen. So verschwende ich meine Zeit immerhin nicht, hat er nur gesagt.

Zeit verschwenden - das hat er schon öfters erwähnt. Warum ist das für ihn so ein Ding?

Ich allein wäre wohl eine Verschwendung. Aber ich kann mich nicht beschweren, denn ich war derjenige von uns beiden, der den anderen anschreien musste ohne es im Nachgang zu bereuen.

Das tue ich noch immer nicht.

Verschwendung. Jungkook trinkt schon seinen dritten Kaffee, während ich noch an meiner heißen Schokolade nippe. Irgendwie süß, dass er mir eine gekauft hat. Als halte er mich für ein kleines Kind.

„Was machst du da?", frage ich.
„Hausaufgaben, sagte ich doch", sagt er ohne vom Bildschirm aufzusehen.

„Und was genau?"
„Bio."
„Ich kann dir helfen, wenn du willst", biete ich an und nehme einen Schluck von dem Heißgetränk.
„Erstens, ist das eine sehr überhebliche Aussage und außerdem lerne ich nichts dabei, wenn ich es nicht selber mache." Für einen kurzen Moment schaut er auf und mustert mich, ehe er sich wider seinem Lernen widmet.

„Warum überheblich? Ich bin besser als du in Bio."
„Deswegen muss ich auch lernen." Er klappt seinen Laptop zu und schiebt ihn vor sich. „Ich bin jetzt aber fertig", fügt er hinzu.

„Du siehst echt schlimm aus", bemerkt er. Die Unterarme liegen ihm gerade auf dem Tisch. Würde ich meine ausstrecken, könnte ich ihn berühren. Und irgendwie sehnt es mich danach.
„Danke."
„Nein, tut mir Leid", sagt er und schüttelt den Kopf, wonach er sich das Gesicht reibt. „Ich will nur-...", er unterbricht sich. Auf einmal sieht er auf meine Hände, welche die Kakaotasse umgreifen. Hat er etwa...? Ich ziehe sie schnell vom Tisch und stülpe meine Ärmel bis zu den Fingerknöcheln.

Du bist so ein Idiot Taehyung! Deinen Oberkörper hat er doch auch gesehen. Die blauen Flecke, die nur über Ecken darauf hindeuten, was mit mir geschah. Ich selbst kann es mir nichtmal ansehen, meide Spiegel beim Umziehen und Duschen und das Heruntergucken auf mich selbst. Ich will nicht wissen, was passiert wenn ich es täte. Heulkrampf? Nein, im Hinterhof vom Restaurant vor paar Tagen war das erste Mal seit Monaten, dass ich Tränen vergoss.

„Es ist erst 9:57 Uhr. Willst du noch was machen?", fragt er überraschend ruhig. Es lässt auch mich ruhiger werden. Angenehm zwischen dem Chaos, das mein restliches Leben gerade darstellt.

„Ich denke schon, ja. Aber du kannst mich wirklich auch alleine lassen."

Er beachtet meine letze Aussage gar nicht, stattdessen sagt er: „Lass uns in den Stadtpark, bisschen frische Luft wäre jetzt nicht schlecht."

Hitze | VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt