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📍Jungkook

Der Traum bricht und zerbröckelt wie abgestandenes Pflaster. „Du bist nicht er", flüstere ich und wiederhole es noch tausend Mal in meinem Verstand, ehe ich mich von ihm bewege. Niemand wird das sein können. Und der Trost seines Kusses nie genug.

Quoi?" René scheint verwirrt, genauso bin ich es. Der Versuch mich mit einem bedeutlosen Kuss von Tae zu befreien, ist gescheitert. Aber, ich kann nicht mit ihm zusammensein. Ich will es, doch kann ich es nicht. „Tut mir Leid."

„Du siehst nicht gut aus. Ça va?"
„Ja, e-es geht mir gut."

Weil wir nicht ehrlich zueinander sind. Das ist gefährlich. Das führt zu nichts Gutem, verstehst du das?

Ça va vraiment?" - Wie geht es dir wirklich?
Ich reibe mir das Gesicht und richte mich von ihm ab. „Ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung, René."
„Keine Ahnung?"
„Von gar nichts mehr, nein."

René setzt sich auf und bewegt sich neben mich. Unsere Beine baumeln vom Bett. Er senkt seinen Kopf, um einen Blick von mir zu erhaschen. „Was ist los?"
„Zu vieles."
„Mach es klein."
„Ich habe Mist gebaut." Ich glaube, du verträgst dich nicht damit. Mit mir. Tae, was habe ich nur gesagt, um uns vermeintlich zu helfen? „Ich habe wirklich Mist gebaut."

„So schlimm kann es nicht sein." Er fasst mir an den Rücken. Seine Berührung fühlt sich wohler an als alles was ich verdient habe. Eine Träne rinnt über meine Wange. Dann noch eine und eine weitere, bis es viele weitere werden. „Ne pas pleurer." - Nicht weinen. Oh Gott ist das peinlich. Wann habe ich zuletzt geweint? Als mein Vater abgehauen ist vielleicht. Da war ich 13.

Ich erzähle René von Taehyung und allem was mit ihm passiert ist. Seinem Sturz im Schulflur, seiner Lungenkrankheit, den Malen an Körper und Hals, von denen er mir nicht sagen will, woher sie stammen. „Ich kann dich verstehen", sagt er. „Vertrauen ist die Basis-..."
„Auf die es ankommt, ja", beende ich seinen Satz. Es bringt ihn zum lächeln.
„Aber du bist auch du, Jungkook."
„Was meinst du damit?"
„Naja," er lässt seinen Blick schweifen. Über das geöffnete Fenster sieht er heraus auf Hausdächer und die hohen schneebedeckten Bäume, „Für dich ist nie etwas genug, zumindest, wenn es um dich geht. Und hierbei geht es um dich. Es ist nicht nur eine bedeutlose rendez-vous, wie wir." Er steht auf. Seine Augen lasten wieder auf mir. „L'amour n'est pas simple." - Liebe ist nicht einfach. „Du musst es akzeptieren und warten. Irgendwann wird er dir die honnête Wahrheit sagen." - Ehrliche Wahrheit, pur und rein.

Er wirft mir meinen Pulli zu. „Hast du durst?"

...

Die Silvesterparty steht an und ich habe noch immer keine Rückmeldung von Tae. Als ich an der zweistöckigen Haustür klingele, kommt mir eine Feier mit einem Mal schrecklich vor: So viele Leute, von denen ich die Hälfte bestimmt nichtmal kenne, weil sie entfernte Freunde von Freunden sind. Nein, ich wäre wahrscheinlich lieber allein in meinem Zimmer, würde in unserer Wohnung mit meiner Mutter vor dem Fernseher sitzen und bis null Uhr warten.

Die Person, die die Party gibt (heißt glaube Jaquette?), öffnet mir und empfängt mich herzlich. Nach einen schnellen Gang durch den dunklen Flur, gelange ich in das Wohnzimmer. Ich lasse meinen Blick durch den Raum schweifen. Die meisten Sachen sind von der Mitte des Raumes an die Seiten gerückt, sodass genug Platz für alle ist. Nur wenige Lichter scheinen dumpfes Licht, sodass man gerade noch erkennen kann, wer gerade vor einem steht. Aber die Küche ist hell: dort ist wahrscheinlich die ‚Bar'.

Erik, Christian und Lukas stehen an der offenen Glastür zum Garten und debattieren über etwas. Letzterer winkt mich gleich zu ihnen. „Worüber streitet ihr?", begrüße ich sie.
„Wir streiten nicht", erwidert Christian. „Wir überlegen nur, ob wir jetzt Bierpong spielen sollen, oder warten bis alle drauf Lust haben."
„Das ist wirklich eine schwierige Frage", sage ich bewusst ernst. Alle müssen lachen.
„Jungkook, du musst was trinken! Wenn du schon so spät kommst, darf da nichts an verloren gehen", sagt Lukas.
„Ja! Nichts anbrennen lassen, du weißt schon", fügt Christian hinzu. Erik schmunzelt einfach nur in sich hinein.

„Ist ja gut. Ich hole mir was. Bin gleich wieder da." Alle drei wirken zufrieden, Erik auf eine andere Weise als die beiden. Ich lasse es aber ziehen.

Auf meinem Weg zur Küche fängt mich meine beste Freundin Sally ab. Ich bin erleichtert sie zu sehen. „Ich wusste gar nicht, dass du kommst!", tadelt sie gleich.
„Entschuldige, die letzten Tage waren... stressig." Wenn man darunter versteht, wie mein Gedankenkarussel bezüglich Tae weiterlief. René, ich bezweifle, dass er hier ist. Aber seine Worte halfen mir. Obwohl ich mir noch nicht ganz sicher bin, inwiefern.
„Willst du mir was erzählen?"
„Später vielleicht. Aber wir sollten uns mal wieder treffen. In den Ferien noch, fährst du noch weg oder so?"
„Nein, ich hab Zeit." Wir Lächeln.

Ich erkläre ihr noch, dass ich heute Abend wohl an Erik und Co. gebunden bin und sie mir, dass sie mit ihrer Freundin hier ist, die kaum einen kennt. So sind unsere getrennten Wege in Stein gemeißelt. Ich will ihr trotzdem noch von ein paar Sachen erzählen, die gerade in der Schule los sind (Sally geht nämlich nicht auf unsere Schule, kennt aber so gut wie jeden), als mir etwas in der Küche auffällt.

Hitze | VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt