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📍Jungkook

Blaue, violette Flecken, genauso wie an seinen Handgelenken. Ich inspiziere seinen Hals, als könnte ich dort irgendwo antworten finden, warum sie da sind.

Doch vielleicht sollte ich ihm glauben oder zumindest etwas vertrauen schenken, denn er hat es verdient. Und er hat mir doch auch gesagt, woher sie stammen, genau, kein Grund zur Sorge, Jungkook.

Erst nach einer Weile merke ich, wie nah ich ihm gekommen bin. Mit seinen Augen blickt er für einen winzigen Moment auf meine Lippen, dann schwenken sie hoch und richten sich direkt auf meine. Er hat doch etwa nicht...?

Hat er daran gedacht, mich zu küssen?

Seine Ohren werden dunkler, sodass ich sogar in dem schwachen Licht erkenne, dass sie sich rot färben.

Perplex lasse ich ihn los. „T-Tut mir Leid, ich bin dir zu nah gekommen", sage ich schnell.

Seinen Blick lässt er nicht von mir los. Mit seinem Hals sieht er aus wie eine aufgestandene Leiche und trotzdem denke ich, dass er wunderschön ist.

Hätte ich ihn nur geküsst. Aber dann hättest du es bereut, weil du ihn zu wenig kennst, weil er zwei Jahre jünger ist als du und weil du gar nicht weißt, ob er überhaupt auf Jungs steht oder bisexuell ist, eben genauso wie du.

Was spielt das für eine Rolle? Denn jetzt gerade, nur jetzt in dieser Sekunde, ist er der wunderschönste Mensch, den ich kenne.

Und auch vorhin im Schaufenster des Cafés, unter dem Mistelzweig auf dem Weihnachtsmarkt und später im Bus, mit seinem Kopf auf meiner Schulter.

„Nein, ist okay", murmelt er und hält sich den Hals mit den Händen. „Es sieht schlimm aus, ich weiß." Betrübt wendet er den Blick ab.

„Nein, nein das-... Du siehst auch damit-...", stammle ich und finde nicht die richtigen Worte.

So wie Tae seine Arme nun unbedeckt über der Decke hält, sehe ich sie zum ersten Mal nackt. Auch seinen Hals und seine Schultern, die zwar nicht frei sind, aber dessen Umrisse unter meinem T-Shirt erkennbar werden. Anders als die dicken Pullover mit endlosem Stoff, der seine Figur stets umhüllte. Es kommt mir wie etwas intimes vor, ihn jetzt so zu sehen. Ein rarer Einblick, etwas, wovon ich am liebsten Fotos machen würde, um ihn mir für immer aufzubewahren. Bei dem letzten Gedanken schüttle ich innerlich den Kopf.

Er ist schlank, wirklich schlank, nicht Haut und Knochen, aber zerbrechlich wie Porzellan. Ein Porzellan, das beschützt werden muss.

„Ja?", hackt er nach.

„Was?" Überrascht blinzle ich. Ich war so in meinem Verstand vertieft. Oder in ihn.

„Ich sehe auch damit aus, Punkt, Punkt, Punkt?"
„Tae, ich weiß es nicht mehr."

Tae", wiederholt er und schmunzelt.
„Was ist damit?"
„Ein Spitzname, ich hatte noch nie einen."
„Es kommt so natürlich über die Lippen", sage ich.
Lippen. Und ich denke nur an deine.

Unsere gedämpften Stimmen kommen zur Ruhe.

„Ich bin müde", sagt er leise.
„Natürlich, tut mir Leid."

Ich knipse das Licht aus und lege mich hin. Unter der Decke schlafe ich schnell ein, obwohl ich noch lange darüber nachdenke, was gewesen wäre, wenn ich meine Lippen auf seine gedrückt hätte.

...

Mein Wecker reißt mich um kurz nach halb sieben aus dem Schlaf. Rasch setze ich mich auf.

Taehyung sitzt schon fertig angezogen an meinem Schreibtisch und notiert sich irgendwas. Wieder bedeckt der stoffige Rollkragenpulli seinen Oberkörper. Eine Rüstung, denke ich. Er ist gewappnet für den Kampf.

Ich blinzle mir den Schlaf aus den Augen. „Was machst du?", frage ich und stehe auf.
Den Kopf wendet er ein Stück zu mir. „Ich lese. Für den Englischunterricht muss ich noch zwei Seiten schaffen."
„Wie lange bist du schon wach?", frage ich.
„Nur eine halbe Stunde."

Ich stelle mich an die Stuhllehne und lege meine Hände darauf, als er seinen Blick wieder auf die Seiten richtet. Über seinen Kopf schauend, sehe ich, dass er schon weit ist. Der Inhalt wird wahrscheinlich für die Dezemberklausuren relevant sein. „Konntest du gut schlafen?", frage ich mit sanftem Ton.

„Ja."

Ja.


So, damit ist die Lesenacht offiziell beendet! 🍿Vielen Dank an alle, die dabei waren. Mir hat es wirklich Spaß gemacht, so viel Content auf einmal hochzuladen 💗

Bis zum nächsten Kapitel.

Hitze | VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt