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📍Jungkook

Lautes Gerede, keine Stimme davon kenne ich. Als ich die Küche betrete wird das nur bestätigt. Drei Jungen stehen in einer Reihe an die Wand gelehnt und haben schon ordentlich was intus. „Ich sags euch, das wird noch", sagt einer von ihnen und zwinkert den anderen beiden anzüglich zu. Ich versuche sie zu ignorieren, als ich mir eigentlich ein Bier einschenken will. Aber seis drum. So wie ich die drei sehe, bleibe ich lieber bei Wasser. Es scheint mir verlockend durch den Alkohol ein wenig von meinem Kopf loszukommen, aber das wäre kein gesunder Weg.

Als ich wieder bei meinen drei bin, mustern sie meinen Becher. „Ist Sekt", sage ich scheinhalber.
„Du trinkst Sekt?", fragt Lukas. Den Unterschied scheinen sie bei dem dunklen Licht nicht zu bemerken. Sie fragen auch nicht weiter nach. Dass die mich noch zum Trinken bewegen wollen, hätte mir gerade noch gefehlt.

Erst als wir eine halbe Stunde später Bierpong spielen, komme ich dazu. Da ich besonders gut bin - „Jungkook, das ist mittlerweile unfair!" -, komme ich am Ende vielleicht auf drei halbgefüllte Becher. Trotzdem wird die dröhnende Musik immer unauffälliger und einnehmender und mir immer wärmer. Es ist gegen 23 Uhr, als ich Sally erneut auf der Tanzfläche finde und ich mich zu ihr durchschlängele. Sie stellt mich ihrer Freundin vor, Sally schlägt jedoch vor ein wenig Luft zu schnappen. Wir lösen uns von der Menge und finden einen ruhigen Platz auf der Treppe vor dem Eingang.

„Deine Freundin ist nett", sage ich. Meine Hände stütze ich hinter mir auf den Stein und strecke das Gesicht zum Mond. Vollmond, ein gefüllter Kreis, wunderschön und vollkommen am Nachthimmel.
„Du kennst sie kaum."
„Trotzdem."
„Ich kann dir ihre Nummer geben."
„Nein, das meinte ich nicht."

Sally folgt meinem Blick. Mit ihren Fingern kämmt sie ihre blonden Haare. Ich weiß noch wie sie am Bobschnitt gezweifelt hat, jetzt kann ihn ihr aber keiner nehmen. Manchmal beneide ich sie um ihren Mut. Das ist vielleicht ein blödes Beispiel, aber Sally schafft es, sich nicht den Kopf wegen allerlei Dingen zu zerbrechen. Stattdessen vertraut sie.

Honnête Wahrheit - wirkliche Wahrheit.

„Geht es dir gut, Jungkook?"
„Warum fragen mich das in letzter Zeit alle?" Ich nehme meinen Blick vom Mond und sehe stattdessen geradeaus auf die Straße und den Kieselsteinweg dahin. Ordentlicher Garten mit gepflegten Blumen. Ich wünschte, dass meine Gedanken genauso sortiert wären.

„Wer hat dich das denn noch gefragt?"
„René."
„René ist hier?"
„Ich bin froh, dass ich nicht der einzige bin, der das nicht wusste."

Sie sieht mich kurz an, dann schaut sie herab, als würde sie zögern. „Ist wieder was zwischen euch?", fragt sie nach einer Weile.

„Nein. Es war... Für einen Moment war es so... einfach. Wieder zu ihm zu gehen, weil es damals auch so einfach und ungezwungen war. Weil René einfach..."
„René ist?" Ein leichtes Lachen schwingt ihrer Stimme mit, doch ich finde mich viel zu sehr in ihrer Aussage wieder, als es zu erwidern.
„Ja, irgendwie schon. Er ist so, durchdacht und intelligent und er versteht gleich was los ist. Er verstand auch gleich, dass da nichts ernstes zwischen uns ist."
„Du nicht?"
„Ich glaube, ich habe damals schon länger dafür gebraucht."

Sie seufzt. Stille hüllt uns erneut ein, bis sie wieder den Mund aufmacht. „Ich frage nur, weil du irgendwie unglücklich wirkst. Vielleicht hat es René auch gesehen. Ich meine, wer kennt dich so gut wie wir?"
Niemand.

„Ihr habt ja Recht. Ich..." Irgendwann muss ich das alles doch loswerden, oder nicht? „Erinnerst du dich an den Jungen? Als wir Eislaufen waren?"

„Ja, er ist doch auch hier."

Warte. Überrascht wende ich mich zu ihr. „Taehyung ist hier?"
„Ich weiß nicht wie er heißt, aber es gibt nicht viele Typen mit diesem... Ding... diese Schläuche... Wie heißt das noch gleich?"
„Nasensonde?"
„Genau."

Rasch stehe ich auf. Taehyung ist hier. Er muss es sein. Aber warum hat er mir nicht geschrieben, dass er kommt?

Eilig gehe ich durch den Flur in den Hauptraum. Das nächste Lied ertönt, voller Melancholie die in meine Ohren dringt. Es ist unüblich für einen Partysong, daher muss ihn sich jemand gewünscht haben. Shadow, take me down, singt die Sängerin über langsamen Beat. Shadow - Tae, wo bist du nur? Ich sehe mich in alle Richtungen um. Menschen verschwimmen vor mir, werden zu einer dunklen Masse, die mich davon abhält dich zu sehen. „Taehyung?", rufe ich in die Menge, doch niemand reagiert.

Shadow, take me down with you.

Ich bahne mir meinen Weg nach draußen. For the last time. Es erklingt das erste Mal und wiederholt sich mehrere Male. Von Tae fehlt auch im Garten jede Spur. Das letzte Mal - Mit einem Mal überkommt mich ein schrecklich erdrückendes Gefühl.

Es gibt so vieles, was ich mit Tae klarstellen muss. Eine Beziehung, die ich erst für unmöglich hielt, die mir nun mehr Halt gibt als alles andere.

Die Küche, er muss dort sein. Es trifft mich wie eine Realisation, mit der bei jedem Schritt mein Atem hektischer und vor Erwartung schwerer wird. Ich trete wieder hinein und laufe fast schon durch die Tür in die Helligkeit des Getränkelagers, als aus den drei Typen an der Wand mit einem Mal vier geworden sind.

Hitze | VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt