Rock me, Baby! ✓

16 LIZ ‖ Eingangskontrolle

Es ist Samstagnachmittag. Es ist unglaublich heiß, aber ich schwimme meine ungefähr zwanzigste Bahn im Swimmingpool und so lässt es sich eigentlich ganz gut aushalten. Gerade kommt Jo durch die große Terrassentür. Er ist komplett verschwitzt und stellt sich unter die Außendusche. Kann es sein, dass er trotz dieser Affenhitze trainiert hat?

Kurz darauf landet er mit einem Kopfsprung im Wasser und schwimmt neben mir her. „Kommst du etwa ernsthaft gerade aus dem Fitnessraum?" Ich fasse es nicht, dass er sich das bei diesem Wetter wirklich angetan hat.

„Ich hab' doch so ein Fitness-Pärchen engagiert und heute war der erste Termin, das konnte ich nicht mehr absagen. Waren schon zwei heftige Stunden, aber nicht wegen der Temperaturen. Ist ja alles klimatisiert da drin." Das stimmt. Mir wäre es trotzdem viel zu anstrengend gewesen, mich heute mehr als unbedingt nötig zu bewegen. 

„Dir wird es hier wohl allmählich zu langweilig, oder? Du hast anscheinend zu viel freie Zeit, wenn du schon solche Fitness-Gurus engagierst, um dich zu quälen. Wie war das Training denn?"

„Total gut. Und das ist keine Qual, es macht mir Spaß. Bisher hatte ich ja nie genügend Zeit für so was. Schade, dass du nicht mitgemacht hast, Sis. Du wirst so langsam ganz schön faul. Es dauert nicht mehr lange, und du kannst wirklich nur noch diese Flatterklamotten tragen." Mein Bruder grinst mich breit an und ich hebe eine Augenbraue.

Ich weiß genau, dass Jo mich nur ärgern will. Ich verbringe im Moment schließlich genauso wie er ziemlich viel Zeit in unserem hauseigenen Fitnessstudio – was soll ich sonst groß machen? – und meine Figur ist durchtrainiert wie nie zuvor.

„Das denkst auch nur du!", kreische ich und stürze mich auf ihn, um ihn unterzutauchen. „Ich war noch nie so gut in Shape, und meine geballte Kraft wirst du jetzt zu spüren bekommen!" Natürlich bin ich meinem Muskelprotz von Bruder trotz meiner Fitness nicht mal annähernd gewachsen und schließlich selbst diejenige, die mehrfach unter Wasser gedrückt wird.

Mann, wie ich das hasse!

Völlig außer Atem verlasse ich am Ende die Gefahrenzone Pool und werfe mich bäuchlings auf meinen Liegestuhl. Jo schwingt sich ebenfalls aus dem Wasser.

„Na komm, Sis. Wir müssen uns für die Party fertigmachen." Er streckt mir die Hand hin, um mich hochzuziehen.

„Pffft", schnaube ich. „Ich hab' echt keinen Bock, mich stundenlang herzurichten, nur um danach unglaublich hässlich auszusehen. Auf diese ganze Party hab' ich so was von überhaupt keine Lust. Keiner wird mich anbaggern." Mit einem abfälligen Schnauben ziehe ich einen Schmollmund.

Mein Bruder lacht nur. „Heul doch! Na komm, dann wirst du das Fest heute einfach mal ohne einen Kerl genießen. Stell dir vor, du hast den ganzen Abend Zeit, um die Kuh fliegen zu lassen. Du musst schließlich mit niemandem rummachen." Das bringt mich jetzt doch zum Kichern. Irgendwie hat er ja recht, vielleicht wird es gar nicht so übel. Ich greife nach seiner Hand und lasse mich hochziehen.

Zwei Stunden später treffen wir uns im Foyer wieder. Ich schüttle den Kopf und lache, als ich Jo sehe. Zur Feier des Tages hat er sich ein schwarzes Glitzerhemd über seine runde Statur gezogen. Dazu trägt er eine schwarze Jeans. „Wow, ein 'man in black'. Megasexy!", lasse ich verlauten.

„Du sagst es", schnurrt er mit einer Drehung um seine eigene Achse. Ich fächle mir Luft zu und täusche theatralisch einen Ohnmachtsanfall vor.

„Du siehst einfach umwerfend aus, liebster Bruder", rufe ich, während er mich lachend auffängt.

Ich selbst habe für diesen besonderen Anlass einen schwarzen, weiten, bodenlangen Rock angezogen und darüber eine beige Flatterbluse kombiniert. Die gestickten, bunten Blümchen auf dem Kragen geben den letzten Kick. Ich bin blass wie eine Leiche, was zunehmend schwerer zu schminken wird, weil ich durch die viele Zeit an der Sonne schon eine ziemliche Bräune entwickelt habe. Meine schicke Perücke und die modisch angesagte Brille komplettieren mein Outfit.