64 LUKE ‖ Verfluchte Gefühle

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Ich drehe mich um und vergrabe die Hände in meinen Hosentaschen, denn ich kann dem verdammt beschissenen Gefühl, innerlich zu zerreißen, kaum mehr standhalten. Wenigstens ihrem Anblick muss ich für einen Moment entkommen, bevor ich noch vor ihren Augen zusammenbreche. Vielleicht legt sie es ja genau darauf an? Das wäre dann wohl die Vollendung ihres Sieges, aber soweit werde ich es nicht kommen lassen.

„Was hat Jacob denn damit zu tun? Ehrlich gesagt war es sogar seine Idee, uns hier zusammen einzusperren. Damit wir uns aussprechen können." Ihre Stimme klingt nun deutlich ruhiger, der verhaltene Zorn darin ist verschwunden und ich meine, stattdessen eher Verwirrung herauszuhören.

Langsam bewege ich meinen Kopf hin und her. Ich verstehe dieses Mädchen nicht mal ansatzweise.

Ich kann ihre leisen, leichten Schritte hinter mir hören, die noch näher kommen. Jeder einzelne Muskel in mir spannt sich an und ich balle die Hände in meinen Taschen zu Fäusten, als sie direkt hinter mir steht. Ihr heißer Atem, der über meinen Nacken streicht, verschafft mir eine Gänsehaut, die sich in Nullkommanichts über meinen ganzen Rücken verbreitet. Augenblicklich beschleunigt sich mein Herzschlag und ein erwartungsvolles Kribbeln breitet sich in mir aus. Mein verfluchter, unwissender Körper reagiert so intensiv auf ihre Nähe, wie er es immer tut.

Als ob sie dasselbe Mädchen wäre, in das ich mich bescheuerterweise verliebt habe.

Unwillkürlich bildet sich ein wehmütiges Lächeln auf meinen Lippen, während mir – ohne dass ich das möchte – all die kleinen Momente durch den Kopf schießen, in denen sie mich allein mit ihrer Anwesenheit komplett um den Verstand gebracht hat. Schnell verbanne ich diese Gedanken aus meinem Kopf und das Lächeln von meinem Gesicht. Ein Glück, dass sie es nicht sehen konnte.

Super hingekriegt, Luke. Da gibt es einmal ein Mädchen, das dich völlig verrücktmacht und in das du dich Hals über Kopf verknallst, und dann ist sie die größte Lügnerin und Blenderin von allen.

Meinen Körper kann sie vielleicht weiterhin täuschen, aber mein Verstand wird ganz sicher nicht mehr auf sie hereinfallen.

„Luke, wenn du mir sagst, dass du mit Linda glücklich bist, dann ..." Ihre Worte hören sich so traurig an, als würde ihr das alles wirklich nahegehen. Sie ist eine unglaubliche Sängerin, aber als Schauspielerin ist sie definitiv noch besser. Und dann auch noch ihre Blässe, ihre Augenringe. Sogar ihr Aussehen schreit einem entgegen, dass es ihr furchtbar schlecht geht. Ihr Anblick heute Morgen hätte mir trotz allem, was passiert ist, das Herz zerrissen, wenn es nicht schon ein einiziger Scherbenhaufen wäre. Kann man so was schminken? Ich hab' keine Ahnung davon, aber das geht ganz sicher. Schließlich kann man mit genügend Schminke die Leute sogar in Zombies oder Leichen verwandeln.

„Was ist dann?", frage ich mit einer krächzenden Stimme, die mir gar nicht zu gehören scheint. Innerlich bebe ich förmlich vor lauter Anspannung. Ich kann nur hoffen, dass sie das nicht bemerkt.

„Ich will, dass du glücklich bist, Luke. Und wenn du mit ihr glücklich bist, dann lasse ich dich in Ruhe. Ich habe ein Angebot, mit jemandem auf Tour zu gehen. Wenn du dich in Linda verliebt hast, dann werde ich aus deinem Leben verschwinden."

Verdammt, ihre Stimme ist immer noch dieselbe. Die schönste Stimme, die ich kenne. Und dieser Song vorher ... Unglaublich, wie viel Gefühl darin lag. Wie zerbrechlich sie geklungen hat. Als würde dieser Typ ihr die Welt bedeuten, über den sie da gesungen hat.

Und jetzt hören ihre Worte sich so an, als ob ich ihr wichtig wäre. Als ob sie auf einmal echte Gefühle für mich entwickelt hätte. Alles in mir sehnt sich danach, ihr zu glauben, drängt mich fast schon unwiderstehlich dazu, mich umzudrehen und sie in meine Arme zu reißen. Es ist so verdammt verlockend, alle Selbstbeherrschung über den Haufen zu werfen und einfach dem Verlangen nachzugeben, meine Lippen auf ihre zu pressen.

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