6 LUKE ‖ Die beiden Rock-Röhren

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Mit großen, schnellen Schritten laufe ich zum Musiksaal. Ich bin echt spät dran. Verdammt, wieso schafft es Veronica immer wieder, mich irgendwo abzupassen?

Diesmal hat es außerdem viel zu lange gedauert, sie loszuwerden. Wenn ich nur an den mitleidigen Blick von Chris denke, bevor er mich mit der Tussi einfach im Stich gelassen hat. Ich muss noch ein ernstes Wörtchen mit ihm reden. Von einem Kumpel erwarte ich da eine ganz andere Rückendeckung.

Zur Hölle, ich muss Veronica endlich mal unmissverständlich klarmachen, dass sie absolut keine Ansprüche hat, bloß weil sie ein paar Mal mit mir durch mein Bett geturnt ist. 

Das hat sie allerdings ganz gut drauf, das muss ich zugeben.

Aber das hört jetzt auf. Es gibt genug andere Mädels, die auf ein Fingerschnippen von mir bereitstehen und nicht so ein Anspruchsdenken haben. Und obwohl Veronica die Sängerin unserer Band ist, ist sie absolut nichts Besonderes. Das muss sie endlich begreifen. Den Job hat sie nur, weil sie verdammt heiß aussieht, denn singen kann sie höchstens mittelmäßig.

Ganz im Gegensatz zu dem Mädchen, das ich gerade singen höre. Wow, ihre Stimme ist der Wahnsinn. Stark, melodisch und irgendwie ... sexy. Obwohl es sich um einen rockigen Song handelt. Es ist einer der Bruce-Springsteen-Songs, die unsere Band gerade probt.

Und ich muss leider zugeben: Der Song klingt bei uns nicht annähernd so gut.

Das unbekannte Mädchen singt zusammen mit einem Kerl, der auch eine ziemlich geile Stimme hat. Wer sind die? Und wer spielt die Instrumente? Ich bin verwirrt, denn hier sind echte Profis am Start und ich bin mir sicher, dass ich keinen von beiden bisher gehört habe. Wo kommen die denn plötzlich her? 

Mann, so wie die beiden singen, engagiere ich sie vom Fleck weg für unsere Band. Und wenn sie nur annähernd so heiß aussehen, wie sie singen, dann werden wir uns in Zukunft vor Auftritten nicht mehr retten können.

Die Musik scheint aus dem Saal zu kommen, auf den ich gerade zusteuere. Davor hat sich bereits eine Traube von Schülern gebildet, die sich zum Eingang drängt und dabei größtenteils mitgroovt. Energisch schiebe ich mich durch die Menge.

Die Leute, die mich erkennen, treten sofort zur Seite und lassen mich durch. Es hat schon seine Vorteile, in der Schule einen gewissen Ruf zu haben und in der Rangordnung ganz oben zu stehen. Bisher hat es noch niemand gewagt, sich mit mir anzulegen oder mir einen Wunsch abzuschlagen.

Als ich endlich direkt vor der Tür zum Musiksaal stehe, versperrt mir ein Typ den Weg. Ein verdammt breiter Typ, der beinahe die ganze Türöffnung für sich einnimmt. Der hat mir gerade noch gefehlt. Ich tippe ihm auf die Schulter. Als er sich zu mir umdreht, bedeute ich ihm mit einer Kopfbewegung, zur Seite zu gehen.

Der Typ hat einen finsteren Blick aufgelegt, irgendetwas scheint ihm überhaupt nicht zu passen. Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen. Er schaut mich nur perplex an und seine Augenbrauen ziehen sich fragend nach oben.

„Geh zur Seite und lass mich durch, sonst kriegen wir zwei Ärger", fahre ich ihn an, während sich meine Augen zu schmalen Schlitzen verengen. Er scheint neu zu sein, deshalb lasse ich ihm seine Unverschämtheit ausnahmsweise durchgehen. Sein Blick verdunkelt sich und er sieht einen Moment lang ziemlich wütend aus. Dann besinnt er sich wohl eines Besseren und macht schulterzuckend einen Schritt zur Seite.

Cleveres Kerlchen.

Ich schiebe mich an ihm vorbei und richte meinen Blick auf die Bühne. Und kann nicht fassen, was ich da sehe!

Auf der Bühne steht das vorlaute Nerdy-Girl, mit dem ich heute Morgen in Chemie schon das zweifelhafte Vergnügen hatte. Das freche Mädchen, das meine Ansagen nicht befolgt und heftig aufgemuckt hat.

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