50 LIZ ‖ Der blonde Sänger

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Ich liebe das Licht der Scheinwerfer. Lässt man sich davon blenden, dann sieht man eine Zeit lang nicht, was unter einem ist. Man spürt nur die Energie, die von den vielen Menschen im Dunkeln ausgeht, nach oben strömt und einen von Kopf bis Fuß durchflutet. Für mich fühlt es sich jedes Mal so an, als würde sie mich aufladen wie einen Akku.

Ich nehme tiefe Atemzüge, sauge die Atmosphäre mit geschlossenen Augen in mich ein und fühle mich lebendig. Inzwischen bin ich mir vollkommen sicher: Genau hierher gehöre ich und es ist mein Traum, Musik zu machen.

Da ich nur die Ersatzsängerin bin, habe ich die Bühne als Erste betreten. Trotz meines schrägen Outfits wurde ich von Jubel, Beifall und Gekreische empfangen, mit dessen Ausmaß ich niemals gerechnet hätte.

Immerhin ist das nur eine Schulband, auch wenn es eine wirklich gute ist. Trotzdem überrascht es mich, wie sehr sie von den Menschen hier anscheinend geliebt und vergöttert wird. Luke hat nicht zu viel versprochen, wenn er von der immensen Beliebtheit seiner Band geschwärmt hat. Ich habe das immer für maßlos übertrieben gehalten – bis zum heutigen Tag.

Die ganze Zeit über habe ich gedacht, dass es sich bei diesem Auftritt um einen Ball handelt, bei dem wir die Musik machen, zu der getanzt wird, doch im großen Saal der Schule herrscht absolute Konzertatmosphäre.

Nach und nach betreten auch die anderen Musiker die Bühne und der tosende Beifall erreicht seinen Höhepunkt, als am Schluss Dave und Luke zusammen erscheinen.

Unsere letzte Probe gerade verlief erstaunlich reibungslos und ohne große Fehler, aber leider geht beim Auftritt selten alles glatt, wenn es bei der Generalprobe perfekt war. Deshalb bin ich aufgeregter, als ich es vor einem Schulbandauftritt sein sollte. Ich spüre, wie das Adrenalin durch meine Blutbahn rauscht und meine Hände für einen Moment zum Zittern bringt. Kurz klammere mich an meiner Gitarre fest, die mir wie immer sofort den Halt gibt, den ich brauche.

Im Saal befinden sich etwa fünfhundert Menschen und ich habe schon vor einem weitaus größeren Publikum gespielt. Allerdings ist das mein erster Auftritt mit dieser Band. Bei Hurricane wusste immer jeder von uns, dass auf die anderen zu hundert Prozent Verlass ist. Jeder war dazu in der Lage, den Blackout eines Kollegen ohne weiteres zu überspielen.

Heute habe ich diese Gewissheit nicht und das wühlt mich auf. Das Drama um Linda hat auch nicht gerade dazu beigetragen, die allgemeine Nervosität der Bandmitglieder zu verringern. Ganz im Gegenteil.

Langsam zähle ich von zehn abwärts und konzentriere mich dabei auf meine ruhigen, tiefen Atemzüge. Als die Drumsticks den ersten Song einschlagen habe ich es mit dieser Methode geschafft, meine Anspannung in den letzten Winkel meines aufgeputschten Körpers zu verdrängen. Stattdessen verschafft mir das Adrenalin nun ein verdammt gutes Gefühl. Einen Rausch, ohne irgendwelche Drogen dafür zu benötigen.

Jeden unserer Songs könnte ich fehlerlos spielen und singen, wenn mich jemand nachts um drei Uhr aus dem Tiefschlaf wecken würde. Dieses Wissen gibt mir die Sicherheit, die ich brauche, um den Auftritt einfach nur genießen zu können.

Der Bass dröhnt rechts von mir und vibriert durch meinen ganzen Körper. Daves rauchige Stimme klingt heute besser denn je. Meine Finger rufen meine Solos ab, ohne dass ich einen Gedanken daran verschwenden müsste und dass ich heute auf der Bühne stehen und sogar singen darf, lässt mein Glücksgefühl in ungeahnte Höhen klettern.

Daran ändert auch das fassungslose Gesicht von Jo nichts, das beim ersten von mir gesungenen Song vor mir im Publikum auftaucht. Ich sehe bestimmt ähnlich verblüfft aus, denn an seinen blonden Schnauzbart habe ich mich noch nicht gewöhnt. Ich quittiere den Anblick mit einem lieblichen Lächeln, das auch sein mehrmaliges Kopfschütteln nicht aus meinem Gesicht wischen kann. Immerhin ist er im Gegensatz zu mir irgendwie sein Sportoutfit losgeworden und trägt jetzt eine dunkle Jeans und ein enges, schwarzes Shirt.

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