53 LIZ ‖ Falsche Freunde

1.3K 130 115
                                    

„Denny?"

Ich kann nicht anders, als ihn mit offenem Mund anzustarren.

„Nein." Das Wort kommt nur als ein fassungsloses Wispern über meine Lippen. „Nein, nein, nein. Das kann einfach nicht sein."

Vollkommen überfordert versucht mein Gehirn zu verarbeiten, wen meine Augen da unbestreitbar vor sich sehen.

Meinen Bandkollegen, mit dem ich seit drei Jahren Musik mache. Meinen Kumpel, den ich bis vor wenigen Wochen täglich gesehen habe. Den besten Freund meines Bruders. Den Typen, mit dem ich Höhenflüge und Tiefen erlebt habe und der mit unserer gemeinsamen Band und mir durch dick und dünn gegangen ist. Den Kerl, mit dem ich beinahe einen One-Night-Stand hatte.

Und ganz offensichtlich den Stalker, der mir das Leben in der letzten Zeit zur Hölle gemacht hat.

Die Gewissheit schlägt mir gnadenlos ins Gesicht. Ich sehe ihn deutlich vor mir, und trotzdem will ich es nicht glauben. Denn das kann ich einfach nicht.

Ohne es wirklich wahrzunehmen, schüttle ich ununterbrochen den Kopf. Ich verstehe nicht, was da gerade vorgefallen ist, es will einfach nicht bis in mein Bewusstsein durchdringen.

Mit einem Mal fühle ich mich so unendlich schwach, dass ich mich neben Denny auf den Boden sinken lasse. Ich sitze neben meinem Freund und Stalker im Gras, starre ihn aus großen Augen an und versuche, die wild in meinem Kopf umherjagenden Gedanken zu sortieren.

Es gelingt mir natürlich nicht.

Denny hat aufgehört zu stöhnen und richtet sich auf, so dass er nun neben mir auf dem Boden sitzt. „Ich weiß, das ändert nichts, aber es tut mir wahnsinnig leid, das musst du mir glauben. Dass es so weit kommt wollte ich nie. Wirklich. Es ... weißt du, es führte irgendwie eines zum anderen und plötzlich gab es kein Zurück mehr."

Am Rande realisiere ich, dass ich nach wie vor fassungslos den Kopf schüttle und zwinge mich, es bleibenzulassen.

„Hast du auch die verdammten Briefe geschrieben?" Meine Frage ist nur ein zittriges Flüstern, aber Denny hat mich trotzdem gehört, denn jetzt ist er es, der den Kopf schüttelt.

„Das war ... Scheiße, es tut mir echt leid, aber das war Mel."

„Was?" Mit einer plötzlich und unerwartet wieder in mir vorhandenen Energie springe ich auf und sehe zornig auf ihn herunter. „Du Arsch, das ist niemals wahr! Du bist schon aufgeflogen, falls du es nicht gemerkt hast. Du brauchst nicht mehr zu lügen! Du solltest wenigstens zugeben, was für eine verdammte Scheiße du gebaut hast. Also lass bloß meine beste Freundin aus dem Spiel."

Denny drückt sich stöhnend ebenfalls vom Boden hoch und kommt neben mir wackelig zum Stehen. Luke beobachtet ihn aus wachsamen Adleraugen und baut sich im nächsten Moment neben mir auf. Dabei wird mir klar, dass wir die ganze Zeit Deutsch gesprochen haben und er vermutlich kein Wort verstanden hat.

„Kennst du diesen Irren etwa?", wendet Luke sich an mich. Mehr als ein kurzes Nicken bringe ich nicht zustande. „Soll ich ihn vollends ausknocken?", lautet seine nächste Frage.

„Nein. Ich muss erst ein paar Dinge wissen." Er nickt und bleibt direkt neben mir stehen. Obwohl die Enttäuschung über seine Untreue nach wie vor tief in meinen Knochen sitzt, bin ich unendlich froh und dankbar, dass er mir zur Hilfe gekommen und in diesem Moment an meiner Seite ist.

Denny zieht sich das Tuch herunter, das noch immer den unteren Teil seines Gesichtes bedeckt. Dabei keucht er auf, während seine Miene sich schmerzhaft verzerrt. Seine Nase ist leicht schief und fängt durch diese Aktion wieder an zu bluten. Vielleicht ist sie sogar gebrochen, aber dennoch kann ich nicht einen Hauch von Mitgefühl empfinden.

Rock me, Baby! ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt