Katrina spürte instinktiv, dass die beiden Männer so eben über etwas Unangenehmes gesprochen hatten. Die Art wie sie sich ansahen sprach Bände.
Nervös biss sie sich auf die Unterlippe. Hatte das etwas mit ihr zu tun? War sie der Grund für die plötzliche Feindseligkeit, die zwischen ihnen herrschte?
Vorhin hatte sie zu ihrer Verwunderung feststellen müssen, dass Erik eifersüchtig reagierte, als sie Nadir ein freundliches Lächeln geschenkt hatte. Ob dieser Vorfall mit ihrem jetzigen Verhalten zusammenhing?
Während Erik den Perser weiterhin mit einem finsteren Blick bedachte, wandte dieser sich an sie. „Ich hätte sehr gerne eine Tasse Tee“, antwortete er höflich. „Wie sieht es mit dir aus, Erik?“ Mit hoch gezogener Augenbraue betrachtete er seinen langjährigen Freund.
Das gefährliche Funkeln in Eriks Augen blieb, aber er ließ sich zu einem Nicken herab. „Ich nehme auch eine“, meinte er dann kühl.
Katrina unterdrückte ein Seufzen und ging voran in die kleine Küche, in der sie bereits alles vorbereitet hatte. Sie würde diese Machtspielchen wohl nie verstehen.
Die beiden Männer folgten ihr schweigend und ließen sich dann so am Tisch nieder, dass sie sich gegenüber saßen. Sie servierte ihnen den Tee und setzte sich dann ans Kopfende des Tisches, den Blick Stirn runzelnd zwischen ihnen hin und her wandernd.
„Ist irgendetwas vorgefallen, von dem ich wissen sollte?“ fragte sie dann unverblümt, pustete auf ihren Tee und trank einen kleinen Schluck. Die Flüssigkeit floss angenehm warm ihre Kehle hinab und wärmte sie von innen. Sie seufzte wohlig.
„Nein, alles in bester Ordnung“, behauptete Erik grimmig, ehe auch er einen Schluck von seinem Tee nahm.
Nadir warf ihm einen entrüsteten Blick zu, ehe er sich an Katrina wandte. „Glauben Sie ihm kein Wort, Mademoiselle Katrina! Nichts ist in Ordnung. Ganz im Gegenteil. Er weigert sich...“
„Daroga...“ Erik sprach dieses eine Wort so leise und derart bedrohlich aus, dass Katrina unweigerlich ein Schauern über den Rücken lief. Überrascht sah sie den Perser an, der sich nicht von dem drohenden Unterton in der Stimme des Maskierten aufhalten ließ. Unbeeindruckt sprach er weiter: „Er weigert sich mir zu erzählen, warum Sie nur des Nachts bei ihm sind.“
Katrina erstarrte. Klirrend setzte sie die Tasse auf die Untertasse und blickte mit großen Augen zu Nadir. Ihre Hände zitterten leicht und Kummer zeichnete sich in ihrer Miene ab. Mit seiner Äußerung hatte er genau ihren wunden Punkt getroffen und sie wünschte sie könnte ihm eine ehrliche Antwort auf die unausgesprochene Frage geben, die in seinen Worten mitschwang.
Doch das konnte sie nicht. Nicht so lange Erik nichts von alledem wusste. Er musste es zuerst erfahren.
Erik entfuhr ein wütendes Knurren, als er bemerkte wie aufgewühlt sie war. „Wie kannst du es wagen!“ herrschte er den kleineren Mann an und erhob sich. „Sieh, was du angerichtet hast!“ Er stemmte seine Hände auf die Oberfläche des Tisches und funkelte sein Gegenüber mit eiskalter Wut in den Augen an.
Zittrig holte Katrina Luft und legte beruhigend eine Hand auf Eriks Arm. Sie musste ihm versichern, dass alles in Ordnung war, ehe die Situation eskalierte.
„Nicht, ist schon gut“, meinte sie leise. „Er meint es nicht böse. Es ist die Sorge um dich, die ihn zu solchen Äußerungen greifen lässt. Bitte, versuche ihn zu verstehen.“ Beschwörend sah sie hoch in seine grünen Augen, deren Blick jäh weicher wurde, als er sie betrachtete.
Eine ganze Weile blickten sie sich so an, ehe er nickte und sich wieder auf seinen Stuhl sinken ließ, den Perser grimmig fixierend.
Nadir hatte wie erstarrt da gesessen und Eriks Ausbruch mitverfolgt, unfähig sich zu rühren, Furcht im Blick. Nun stand er auf und räusperte sich verlegen. „Verzeihung. Ich hatte keine Ahnung, dass ich mit dieser simplen Äußerung in das sprichwörtliche Wespennest steche.“ Er deutete eine Verbeugung in Richtung Katrina an. „Wie Sie schon ganz richtig sagten, Mademoiselle, mache ich mir lediglich Sorgen um Erik, aber ich habe nun begriffen, dass ich nicht das Recht besitze, mich in diese Angelegenheit einzumischen. Das müsst ihr beiden allein klären. Und deswegen werde ich nun gehen.“
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No backward glances
FanfictionEin Mann, gezeichnet von einem grausamen Schicksal, gefangen in unendlicher Einsamkeit. Eine Frau, die alles zu tun bereit ist, um ihn aus diesem Elend zu befreien und ihm den Weg ins Licht zu weisen. Göttliche Einmischung, die alles durcheinander w...
