6. Keep searching in shadows

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Katrina schlich vorsichtig durch den finsteren Gang, bedacht darauf keinerlei Geräusche zu machen. Die Luft hier unten war feucht und klamm und sie war froh, dass Nyx ihr einen warmen Umhang herbeigezaubert hatte, denn das Kleid, das sie trug bot ihr nicht besonders viel Schutz gegen die Kälte.

Sie fluchte unterdrückt, als sie mit den nackten Zehen gegen einen kantigen Stein stieß. Es war nicht das erste Mal, dass ihr etwas Derartiges auf ihrem Weg nach oben passierte, und sie nahm sich vor sich von irgendwoher ein Paar Schuhe zu besorgen ehe ihre Zehen völlig lädiert waren. Die Göttin der Nacht hatte leider versäumt sie mit vernünftigem Schuhwerk auszustatten.

Sie bog um die nächste Ecke und blieb fast schon ehrfürchtig stehen, als sie in einiger Entfernung ein mannshohes Fenster ausmachen konnte, hinter dem schwacher Lichtschein zu sehen war.

Das musste er sein. Der berühmte Spiegel in Christines Garderobe, der es Erik erlaubte sie still und heimlich zu beobachten ohne selbst gesehen zu werden.

Fasziniert näherte sie sich ihm. Ihre Finger zitterten leicht, als sie zögernd das Glas berührte, wie um sich zu vergewissern, dass er tatsächlich echt war. Vorsichtig strichen ihre Fingerspitzen am Rahmen entlang. Es fiel ihr schwer zu glauben, dass man von der anderen Seite aus nicht in den dunklen Gang blicken konnte. Das wollte sie sich mit eigenen Augen ansehen.

Suchend tastete sie die Steine neben dem Spiegel ab, um den verborgenen Mechanismus zu finden, mit dem man ihn wie eine Tür öffnen konnte. Es war nur eine kleine Unebenheit in den ansonsten glatten Steinen und als sie darauf drückte, glitt der Spiegel mit einem leisen Geräusch auf.

Neugierig schritt sie hindurch und betrat die verlassene Garderobe, die schwach von ein paar Kerzen auf dem Frisiertisch erhellt wurde. Verblüfft stellte sie fest, dass es hier beinahe genauso aussah wie im Film. Einzig die pompösen Gemälde an der Wand fehlten, was den Raum in ihren Augen weitaus freundlicher erschienen ließ. Sie hatte diesen geschmacklosen Bildern noch nie viel abgewinnen können.

Gegenüber des Frisiertisches stand ein wuchtiger Schrank, neben dem sich ein herrlich verzierter Paravent befand, der die perfekte Nische schuf um sich ungestört umkleiden zu können. Dahinter, in einer Zimmerecke, konnte sie vage die Umrisse eines Bettes ausmachen. Auf der anderen Seite standen noch eine mit rotem Samt bezogene Chaiselongue und ein kleiner Beistelltisch mit einem üppigen Strauß Blumen darauf.

Schließlich wandte Katrina sich erneut dem Spiegel zu. Sie bewegte ihn vorsichtig wieder zurück in seine Ausgangsposition und vernahm ein gedämpftes Klicken, als der Mechanismus einrastete. Überrascht starrte sie ihr eigenes Spiegelbild an, dass ihren Blick mit großen Augen erwiderte. Es war erstaunlich. Man konnte vom Raum aus tatsächlich nicht hinter den Spiegel blicken, sondern sah lediglich die Reflexion des Zimmers und sich selbst.

Katrinas Kopf fuhr alarmiert herum, als plötzlich die Klinke der Tür herunter gedrückt wurde. So ein Mist! Da kam jemand!

Mit einem gewagten Satz hechtete sie hinter den Paravent und verbarg sich dahinter. Gerade noch rechtzeitig, denn gleich darauf erklangen Schritte, als jemand den Raum betrat.

Verdammte Ironie des Schicksals! Jetzt saß sie schon zum zweiten Mal an diesem Abend buchstäblich in der Falle und musste hoffen nicht entdeckt zu werden. Was für ein Pech!

Mit klopfendem Herzen spähte Katrina durch die Ritzen des Paravents. Sie erhaschte einen flüchtigen Blick auf die schlanke Silhouette einer jungen Frau. Bei ihr musste es sich um Christine handeln. Wenn sie doch nur genau sehen könnte wie die Frau aussah, die in Erik den Wunsch nach Liebe geweckt hatte!

Ärgerlich kniff sie die Lippen zusammen und presste sich noch fester an den hölzernen Paravent um eine bessere Sicht zu haben. Christine hatte sich an den Frisiertisch gesetzt und damit begonnen ihre langen dunklen Locken zu bürsten, die engelsgleich auf ihre Schultern fielen. Sie saß mit dem Rücken zu Katrina, doch in den Spiegeln konnte diese das liebliche Gesicht der jungen Frau genauestens erkennen. Sie war wirklich von erlesener Schönheit, ebenmäßige Züge verliehen ihrem Antlitz etwas Weiches, Sanftes. Ihre großen blauen Augen kündeten von Unschuld und Verletzlichkeit, ihr voller Mund konnte die Gedanken eines Mannes zweifellos in gefährliche Bahnen lenken.

No backward glancesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt