44. Defenseless and silent

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Katrina war so erschöpft, dass sie die Verwandlung zur Katze nur im Halbschlaf mitbekam. Dumpf fühlte sie den Schmerz und verzog mit geschlossenen Augen das Gesicht, so lange er anhielt. Doch kaum war sie im Körper Ayeshas, sank ihr Bewusstsein wieder in die Tiefen des Schlafes, merkwürdig geschwächt und nicht willens sich zu erheben.

So fand Nadir sie später, als er nach ihr sah. Stirn runzelnd blickte er eine Weile auf den zusammengerollten Körper der kleinen Siamkatze, so als wollte er sich vergewissern, dass alles in Ordnung war, ehe er sich wieder zurückzog und sie ihrem Schlaf überließ.

Katrina verschlief beinahe den ganzen Tag, befallen von einer sonderbaren bleiernen Müdigkeit, aus der sie sich kaum gegen Abend zu befreien vermochte. Es war kurz vor Sonnenuntergang, als sie schließlich mit einem herzhaften Gähnen ihre Glieder streckte und sich schwankend aufrichtete.

Sie fühlte sich etwas schummrig, als sie anschließend zum Fenster tapste und auf der Fensterbank Platz nahm. Es war nur ein kurzer Weg und doch hatte dieser sie eine Menge ihrer Kraft gekostet. Erschöpft ließ sie den Kopf auf die Vorderpfoten sinken und starrte nach draußen in die einbrechende Dunkelheit.

Was war nur los mit ihr? Sie würde doch wohl nicht krank werden?

Oh, bitte nicht! Das konnte sie nun wirklich nicht gebrauchen. Sie wollte zu Erik und sich mit ihm versöhnen. Alles in ihr drängte sie auf direktem Wege zu ihm zu eilen.

Ungeduldig beobachtete sie wie die Sonne Stück für Stück hinter den Dächern von Paris verschwand, bis das vertraute Kribbeln endlich einsetzte und davon kündete, dass die Verwandlung begann.

Eilig sprang Katrina von der Fensterbank zurück aufs Bett und ließ die Schmerzen über sich ergehen, bis der sanfte Lichtschein über sie hinweg rollte und ihr ihre wahre Gestalt wieder gab. Sie musste einen Moment liegen bleiben, weil sich alles in ihrem Kopf zu drehen schien, ehe sie sich mit einem leisen Stöhnen vorsichtig aufrichtete.

Verflucht, das war nicht gut! Sie fühlte sich schwach und irgendwie benommen, ganz so, als ob sie wirklich dabei war krank zu werden.

Entschlossen kämpfte sie das Gefühl der Schwäche nieder und stand leicht schwankend auf. Ein Blick in den Spiegel über der Frisierkommode verriet ihr, dass sie genauso müde aussah wie sie sich fühlte. Dunkle Augenringe hoben sich deutlich von ihrer blassen Haut ab und verliehen ihrem Aussehen etwas zerbrechliches. Mit zitternden Fingern zog sie ihr schlichtes, schwarzes Kleid an und warf sich den Umhang um. Dann verließ sie ihr Zimmer und begab sich nach unten, um Nadir zu suchen.

Sie fand den Perser im Wohnzimmer, wo er am prasselnden Kaminfeuer saß und in die Lektüre eines Buches vertieft war. Er blickte auf, als sie näher trat und in seine braunen Augen trat ein Ausdruck von Sorge, als er ihre mitgenommene Erscheinung näher in Augenschein nahm.
„Katrina! Verzeihen Sie mir meine wenig schmeichelhafte Bemerkung, aber Sie sehen fürchterlich aus. Fühlen Sie sich nicht wohl?“

Sie lächelte schwach, ehe sie sich kraftlos in einen Sessel sinken ließ. „Um ehrlich zu sein, geht es mir tatsächlich nicht so besonders“, meinte sie dann und schloss einen Moment die Augen, um gegen den Schwindel, der sie plötzlich erfasst hatte, anzukämpfen.

Nadir legte sein Buch beiseite und sagte ernst: „Sie sehen krank aus. So können Sie unter keinen Umständen zu Erik gehen.“

Erschrocken riss Katrina ihre Augen wieder auf, ihre Finger krallten sich in die Lehnen des Sessels. „Aber ich muss zu ihm! Ich muss ihm beweisen wie wichtig er mir ist. Wie sehr ich ihn liebe!“

„Das weiß ich. Aber was nützt es Ihnen oder ihm, wenn Sie in diesem Zustand zu ihm gehen? Sie sehen so aus, als könnten Sie jeden Moment zusammenbrechen und was dann?“

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