18. Soul on fire

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Erik glaubte in den Tiefen ihrer Augen zu ertrinken. In ihnen stand eine solche Zärtlichkeit und Sehnsucht geschrieben, dass es ihm schier den Atem raubte. Ihre Wangen waren von einer zarten Röte überzogen und ihre Hände glitten verführerisch unter sein Jackett und fuhren langsam über den Stoff seines Hemdes. Mit leicht geöffneten Lippen erwiderte sie seinen Blick, nicht minder atemlos als er.

Sie sehnte sich ebenso sehr nach seiner Nähe wie er sich nach der ihren sehnte. So unbegreiflich es auch sein mochte. Und diese Erkenntnis ließ ihn seine letzten Zweifel vergessen. Mit einem gequälten Aufstöhnen überbrückte er das letzte bisschen Entfernung zwischen ihnen und nahm ihre Lippen mit einem leidenschaftlichen Kuss in Besitz.

Er ließ sich völlig von seinen Gefühlen leiten, küsste sie zunächst etwas linkisch und unsicher, gewann dann aber zunehmend an Sicherheit, als sie seinen Kuss hingebungsvoll erwiderte und sich eng an ihn schmiegte.

Ihre Lippen waren so unendlich weich und süß, es war berauschend von ihnen zu kosten. Nie im Leben hätte er sich vorgestellt, dass es solch eine verheerende Wirkung auf sein Seelenheil haben könnte eine Frau zu küssen.

Seine Finger strichen liebkosend ihre Schultern hinauf und berührten zärtlich die empfindliche Haut an ihrem Hals. Deutlich konnte er den rasenden Schlag ihres Pulses fühlen, ein wildes Echo seines eigenen.

Als sie ihren Mund leicht öffnete, um seiner Zunge Zugang zu gewähren, meinte er vor Sehnsucht vergehen zu müssen. Sein leises Stöhnen vermischte sich mit dem ihren, als er die Einladung annahm und den Kuss begierig vertiefte. Seine Hände vergruben sich verlangend in den schwarzen Locken ihres Haares, überwältigt von der Intensität seiner Gefühle.

Die Zeit schien still zu stehen, während sie sich küssten. Nichts war mehr von Bedeutung, es zählte einzig und allein dieser intime Moment, ihre bebenden Lippen, die sich endlich gefunden hatten und eins wurden.

Dieser Moment war pure Magie.

„Erik, wir müssen reden. Du... Oh..." Nadirs aufgeregte Stimme, die jäh verstummte, als er die Situation erfasste, riss Erik aus dem atemlosen Zustand der Leidenschaft, in dem er sich befand.

Augenblicklich löste er sich von Katrina und taumelte zurück, langsam wieder zu Sinnen kommend. Schwer atmend blickte er sie an. Sie war so unbeschreiblich schön, wie sie da stand und ihn mit großen verhangenen Augen und geröteten Lippen ansah. Viel zu schön für eine Kreatur der Dunkelheit wie ihn.

Seine Augen zogen sich zu zwei bedrohlichen Schlitzen zusammen. Wie konnte sie es wagen ihn mit ihrem betörenden Gesang und ihrem bezaubernden Aussehen derart zu becircen, dass er sich selbst vergaß? Gefangen in dem verführerischen Netz, dass sie um ihn gewoben hatte, hatte er seinem Begehren nachgegeben und sich hinreißen lassen sie zu küssen.

Diese kleine Hexe hatte sogar geschafft ihn Christine vergessen lassen. Und das obwohl Christine, die Frau nach der er sich eigentlich hätte verzehren sollen, nur wenige Meter entfernt in seinem Bett lag und selig schlummerte.

„Christine..." flüsterte er tonlos, fassungslos, dass er sie tatsächlich komplett vergessen hatte. Was hatte dieses Frauenzimmer nur mit ihm gemacht?

Seine Hände ballten sich zu Fäusten und er las die Bestürzung in Katrinas Blick, als sie sah, wie er vor unterdrückter Wut zu zittern begann. Seine Augen funkelten unheilvoll, als er ihren entsetzten Blick erwiderte.

„Geh mir sofort aus den Augen, ehe ich mich vergesse", sagte er mit gefährlich ruhiger Stimme, in der eine Eiseskälte und Härte mitschwang, die sie zusammen zucken ließ, als hätte er sie geschlagen. Ihre blau-grauen Augen waren aufgewühlt vor Schmerz und starrten ihn in stummen Unglauben an.

„Erik, nicht", flehte sie ihn an, ihre Stimme nicht mehr als ein Flüstern.

„Verschwinde!" brüllte er wutentbrannt und machte einen bedrohlichen Schritt auf sie zu, nicht gewillt erneut auf sie herein zu fallen. Was auch immer diese verführerische Hexe mit ihrem Tun bezweckte, er würde nicht zulassen, dass sie ihn noch einmal um den Finger wickelte.

Nadir, der die ganze Zeit regungslos da gestanden und verwirrt alles mit angesehen hatte, eilte nun zu Katrina und stellte sich schützend vor sie. „Zügele deinen Zorn, mein Freund. Sie hat nichts getan, um deine Wut zu verdienen."

Erik betrachtete ihn wütend. „Halt dich da raus, Perser!" zischte er. Was bildete sich dieser törichte Mann ein, sich in Dinge einzumischen, die ihn nicht das Geringste angingen?

Katrina nutzte die hitzige Auseinandersetzung zwischen ihm und Nadir, um sich wieder nach vorne zu drängen. Sie hatte ihr Kinn trotzig nach vorne geschoben, ihre Augen blitzten ihn unerschrocken an. „Also schön, ich werde gehen. Doch sei gewiss, dass ich wieder komme. Du wirst nicht auf ewig leugnen können, dass da eine starke Anziehung zwischen uns beiden ist!"

Und dann marschierte sie hoch erhobenen Hauptes davon, ohne sich noch einmal umzusehen.

Erik starrte ihr zornig hinterher. Unverschämtes Weibsbild! Was bildete sie sich ein? Da war nicht das Geringste zwischen ihnen.

Sie hatte lediglich seine Unerfahrenheit in solchen Dingen ausgenutzt und ihn mit seiner eigenen Musik in einen sinnlichen Rausch versetzt, dem er sich einfach nicht hatte entziehen können. Mehr war da nicht gewesen. Alles andere war reine Einbildung ihrerseits.

Auch Nadir hatte ihr nachgeblickt. „Wer in Allahs Namen ist diese Frau?"murmelte er verwundert.

Erik verschränkte die Arme und schnaubte. „Ich dachte, das könntest du mir sagen. Schließlich bist du es gewesen, der ihre Fesseln durchtrennt hat." Sein Blick bohrte sich in den des Persers.

Nadir blieb ruhig. „Kannst du mir vielleicht sagen, was ich sonst hätte tun sollen? Ich komme nichtsahnend hier her, um dir wie jede Woche deine bestellten Dinge zu bringen und was finde ich vor? Eine halbnackte Frau, gefesselt, auf deinem Bett. Was glaubst du was ich da gedacht habe?"

Bei dem anklagenden Blick seines alten Freundes, besaß Erik den Anstand zu erröten. „Du solltest eigentlich wissen, dass ich niemals so weit gehen würde", knurrte er.

„Und trotzdem hast du nun dieses junge Chormädchen hier hergebracht, diese Christine. Warum? Was willst du damit erreichen?"

Wieder entrang sich Eriks Kehle ein wütendes Knurren. „Vorsicht, mein Freund! Das hat dich nicht zu interessieren. Es ist ganz allein meine Sache und ich dulde keine Einmischung deinerseits! Es reicht schon, wenn diese kleine Hexe sich in meine Angelegenheiten mischt."

Der Perser betrachtete ihn mit einer Mischung aus Neugierde und Wissen, die ihm ganz und gar nicht behagte. „Wie du wünscht. Aber nach allem was ich gesehen habe, gewinne ich den Eindruck, dass es nicht dieses junge Mädchen ist, dass deine Gedanken beherrscht und in dir Gefühle weckt, die du für immer vergraben geglaubt hast. Vielleicht war sie es, die den Wunsch nach eben jenen Gefühlen geweckt hat, aber nähren tut sie jemand anderer. Du willst es nur noch nicht wahrhaben."

Eriks Miene verfinsterte sich und er wandte sich hastig ab. Nun fing auch noch Nadir an solch Nonsens von sich zu geben. Allmählich war er es leid. Für ihn gab es nur Christine, niemanden sonst. Dieser Moment der Schwäche von eben würde sich nicht wiederholen. Unter keinen Umständen.

„Kein Wort mehr darüber!" befahl er mit harscher Stimme.

Nadir schüttelte leicht den Kopf und seufzte. „Also schön. Ganz wie du willst. Dann teile mir nun mit, was du für das nächste Mal benötigst..."

Während er mit dem Perser seine Bestellung durch ging, schweiften Eriks Gedanken immer wieder ab. Er musste herausfinden wer diese mysteriöse Frau war und woher sie kam. Sie wusste so viele Dinge, von denen er sich nicht erklären konnte, wie sie an dieses Wissen gekommen war und dieser Gedanke behagte ihm nicht.

Dieses Geheimnis würde ihm so lange keine Ruhe lassen, bis er es gelüftet hatte.


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