Sie wusste nicht wie lange sie bereits so vor dem Spiegel gesessen hatte, die Rose fest umklammernd. Raouls Rufe waren mittlerweile verstummt und eine bedrückende Stille hatte sich über den Raum gelegt.
Katrinas Gedanken kreisten wirr in ihrem Kopf herum, während sie überlegte was sie jetzt tun sollte.
Sollte sie den beiden nacheilen? Doch was dann? Wie würde Erik auf ihr unerwünschtes Erscheinen reagieren? Nicht sonderlich erfreut, so viel stand jedenfalls fest.
Oder war es vielleicht besser zu warten bis Christine in Ohnmacht gefallen war, um ihn allein zu sprechen? Aber was sollte sie ihm sagen, wo er doch schon mit seiner Musik der Nacht Einfluss auf ihren leicht zu beeinflussbaren Geist genommen hatte? Denn das Christine zunächst von dem mysteriösen Mann mit der Maske fasziniert war, stand ohne jeden Zweifel fest. Würde es ihr dann noch gelingen diese fatale Faszination zu durchbrechen?
Unschlüssig hockte sie da und starrte ihr Spiegelbild an, in der Hoffnung eine Antwort auf ihre Fragen zu finden.
Als sich plötzlich zwei ihr vertraute Gestalten im Glas des Spiegels manifestierten, keuchte sie erschrocken auf. Hastig erhob sie sich, drehte sich um und sah sich Nyx und Melpomene gegenüber.
Die Göttin der Nacht hatte ihren üblichen undurchschaubaren Gesichtsausdruck aufgesetzt, während die Miene der Muse sanft und voller Mitgefühl war.
Sie trat vor und ergriff Katrinas eiskalte Hände, welche sich um den dornigen Stiel der Rose verkrampft hatten. Sacht löste sie ihren Griff und ließ die schon recht mitgenommene Blume dann verschwinden, ehe sie ermutigend ihre Finger drückte. „Oh, Katrina", sagte sie und sah sie voller Wärme im Blick an. „Wieso bist du so besorgt? Dazu hast du keinen Grund, es läuft doch bisher recht gut."
„Wie bitte?" Fassungslos blickte Katrina Melpomene an. „Was soll das heißen es läuft gut? Es läuft ganz und gar nicht gut! Ich bin zu spät gekommen! Er hat Christine bereits mitgenommen und wird sie mit seiner Stimme betören!"
„Und warum unternimmst du dann nichts dagegen? Es ist nie zu spät, um etwas zu bewirken." Es war der reinste Vorwurf, der aus Nyx Stimme und ihren kalten unheimlichen Augen sprach und Katrina warf ihr einen wütenden Blick zu.
„Vielleicht weil ich momentan ziemlich ratlos bin und nicht weiß was ich tun soll?" hielt sie mürrisch dagegen und entzog ihre Hände aufgebracht Melpomenes Griff.
Was fiel der Göttin ein ihr Vorhaltungen zu machen? Als ob das hier alles so einfach wäre!
Die Muse tat so, als würde sie die Spannung, die zwischen den beiden ungleichen Frauen herrschte, nicht wahrnehmen. „Mach dir keine Sorgen, Katrina, jetzt sind wir ja da. Und wir haben auch schon eine Idee, wie du Erik für dich gewinnen kannst, nicht wahr, Nyx?" Lächelnd sah sie die Göttin der Nacht an.
Als Antwort darauf verdrehte diese nur genervt die Augen, was Melpomene jedoch nicht weiter beachtete. Unbekümmert sprach sie weiter: „Jetzt da du seine Aufmerksamkeit auf dich gezogen hast, musst du einfach nur daran anknüpfen."
„Und wie soll ich das deiner Meinung nach anstellen?" fragte Katrina und verschränkte die Arme vor der Brust.
Die Muse der Tragödie schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. „Ganz einfach: Verführe ihn! Erwecke sein Verlangen. Dann ergibt sich der Rest ganz von allein."
Katrina schnaubte abfällig. „Das einzige Verlangen, das ich in ihm geweckt habe, ist der Drang mich zu erwürgen." bemerkte sie trocken.
Melpomene riss erstaunt die Augen auf. „So ein Unsinn! Du hast dich bereits in seine Gedanken geschlichen und genau das ist es, das ihm so missfällt. Er hat bereits Interesse an dir entwickelt, auch wenn er sich das momentan noch nicht eingestehen will", beharrte sie.
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No backward glances
FanficEin Mann, gezeichnet von einem grausamen Schicksal, gefangen in unendlicher Einsamkeit. Eine Frau, die alles zu tun bereit ist, um ihn aus diesem Elend zu befreien und ihm den Weg ins Licht zu weisen. Göttliche Einmischung, die alles durcheinander w...
