Kapitel 71

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>>> David Kushner - Daylight <<<

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Nach dem Anruf lag ich die ganze Zeit auf dem Sofa und starrte an die Decke.

Ich wusste nicht, was ich tun sollte.

Mehrmals dachte ich daran, Harry anzurufen, doch er wollte sicher ausschlafen. Ich wollte ihn wirklich nicht wecken, um ihm - ja, was eigentlich zu sagen?

Ich wusste nichts. Vermutlich war sogar alles in Ordnung und ich machte mir umsonst Gedanken. Seufzend schüttelte ich über mich selbst den Kopf. Es hatte keinen Sinn, dass ich mich jetzt unnötig verrückt machte. Ich ging hinunter in Harrys Studio und schaltete so laut Musik an, dass kein Platz mehr für irgendwelche Gedanken war.

Die Zeit verging langsam und gleichzeitig viel zu schnell. Ich zog mich an und mit einem mulmigen Gefühl im Magen ging ich zur Bushaltestelle. Kurzzeitig hatte ich überlegt, mit Harrys Wagen zu fahren, doch ich konnte mich gerade unmöglich auf die Straße konzentrieren.

Als ich in den Bus einstieg, um zu Dr. Parella zu fahren, vibrierte mein Handy.

**Guten Morgen! Oder viel mehr Abend... Wir gehen jetzt brunchen, ich melde mich später - bin in Gedanken aber die ganze Zeit bei dir. x H.**

Vielleicht war das das Schlimmste an einer Fernbeziehung. Er hatte keine Ahnung, wie es mir gerade ging, wie viele Gedanken mir durch den Kopf rasten und dass ich einfach nur bei ihm sein wollte. Wobei er letzteres vermutlich wusste.

**ich liebe dich**, schrieb ich ihm, weil ich das Bedürfnis hatte, ihm das mitzuteilen. Ich konnte es ihm nicht oft genug sagen und schreiben.

**Ich liebe dich auch**, antwortete er sofort, sodass ich tatsächlich kurz lächelte.

Als ich mein Handy zurück in meine Jackentasche steckte, sah ich, dass ich fast da war und stand auf.

Ich stieg aus dem Bus aus und zitterte, obwohl es nicht kalt war.

Ich hatte Angst.

Und allein zu sein, wenn man Angst hatte, fühlte sich furchtbar an.

Wie in Trance ging ich zur Praxis, fuhr in den 3. Stock und betrat zögernd die Praxis.

"Hallo Miss Smith! Schön, dass Sie es einrichten konnten", begrüßte man mich direkt am Empfang. "Alles in Ordnung?"

Ich zuckte mit den Schultern.

"Das werden wir gleich sehen", antwortete ich und zwang mich zu einem Lächeln.

"Nehmen Sie noch einen Moment Platz, Dr. Parella ist gleich für Sie da"

Ich nickte und setzte mich in das Wartezimmer, in dem niemand mehr saß. Ich sah auf das Spielzeug-Chaos, das die Kleinkinder, die vorher hier waren, hinterlassen haben. Die zerfledderten Zeitschriften auf dem Beistelltisch in der Mitte des Raumes. Der Fernseher, welcher auf Vorsorgeuntersuchungen aufmerksam machte, dudelte leise vor sich hin.

Es dauerte tatsächlich nur 5 Minuten, bis ich Dr. Parellas lockiges kurzes Haar im Türrahmen sah. Sie trug wie immer ein wärmendes Lächeln auf den Lippen, als sie mich sah.

"Hallo Ava. Schön, dass du da bist"

Ich stand auf und sah sie unsicher an. Doch mit ihrem Lächeln im Gesicht glaubte ich daran, dass ich aus keinem schlimmen Grund hier war. Vielleicht wollte sie mir gute Nachrichten mitteilen. Doch was waren gute Nachrichten bei einer Frauenärztin? Der einzige Gedanke, der mir kam, war eine Schwangerschaft.

Das war für mich definitiv keine positive Nachricht. Ich schüttelte über mich selbst den Kopf. Das hätte sie mir auch gestern direkt sagen können.

"Komm gerne mit", sagte sie und ich folgte ihr in das Behandlungszimmer. Sie deutete mir an, Platz zu nehmen und ich ließ mich auf einen der schwarzen Stühle nieder.

Als Dr. Parella sich ebenfalls gesetzt hatte, sah sie mich an. Ihr Lächeln war verschwunden und ihr Blick war ernst.

"Ava...", begann sie und seufzte.

Ich konnte meinen Herzschlag an meinem Hals spüren und meine Hände waren schwitzig.

Sie atmete noch einmal durch.

"Ich kenne dich so lange, das fällt gerade auch mir schwer", sagte sie mir und lächelte, doch man sah, dass ihr nicht nach Lächeln zumute war.

"Ich war mir gestern nicht sicher, deshalb habe ich mit einer Kollegin Rücksprache gehalten, da ich es für jemanden in deinem Alter für sehr unwahrscheinlich gehalten habe, aber... Bei der Ultraschalluntersuchung ist mir aufgefallen, dass deine Gebärmutterschleimhaut sehr dick ist"

Fragend sah ich sie an.

"Was bedeutet das?"

"Es liegt der Verdacht nahe, dass es ein Endometriumkarzinom ist. Dadurch, dass deine Mutter die gleiche Erkrankung hatte, ist die Wahrscheinlichkeit leider sehr hoch"

Ich schluckte.

"Ich... ich habe Gebärmutterkrebs?", fragte ich sie ungläubig.

Dr. Parella sah kurz auf ihren Schreibtisch, als wollte sie nicht antworten.

"Wir müssen weitere Untersuchungen machen, aber... ja, ich kann es gerade nicht ausschließen"

Ich sagte nichts, sondern sah sie einfach nur an.

"Heißt das... ich muss sterben?"

Sofort schüttelte sie den Kopf.

"Nein! Nein, du warst ja regelmäßig zur Vorsorge und somit sind wir in einer frühen Phase der Erkrankung. Mit einer Operation können wir die weitere Ausbreitung der Zellen verhindern, aber..."

"Aber was?", fragte ich ungeduldig. Meine Hände zitterten und mein Mund war trocken.

"Ich weiß, du bist noch so jung, aber die Operation würde die Entfernung deiner Gebärmutter bedeuten"

Einige Momente dachte ich darüber nach, was sie gesagt hatte.

"Das bedeutet, dass ich keine Kinder bekommen kann", schloss ich daraus.

Dr. Parella nickte.

"Die einzige Möglichkeit, die es gibt, ist, dass du jetzt Kinder bekommst. Ich denke nicht, dass du das möchtest. Aber die Gebärmutter muss früher oder später entfernt werden. Und je eher, desto besser, damit wir eine hundertprozentige Heilungschance erreichen können"

Ich lauschte ihren Worten, aber gleichzeitig hatte ich so viele andere Gedanken im Kopf.

Ich wollte immer irgendwann Kinder haben. Mit Harry hätte ich es mir sehr gut vorstellen können. Und Harry... ich würde ihn nie zum Vater machen können.

"Wie geht es nun weiter?", fragte ich, um mich von meinen Gedanken abzubringen.

"Wir müssen eine Gewebeprobe entnehmen. Die Dicke der Schleimhaut allein ist nicht unbedingt ein Faktor, deshalb müssen wir sichergehen. Die Entnahme erfolgt mit einer örtlichen Betäubung. Dabei wird die Schleimhaut vom Gebärmutterhals und vom Gebärmutterkörper getrennt ausgeschabt"

Ich verzog das Gesicht. Das klang nicht sehr angenehm.

"Keine Sorge, du wirst davon kaum etwas mitbekommen", versicherte mir Dr. Parella und ich hoffte, dass sie damit Recht behalten würde.

Sie erklärte mir noch einige Sachen, dann sah sie mich wieder mit ihrem liebevollen Blick an.

"Hast du noch Fragen?"

"Ich glaube nicht"

"Sehr gut. Den Termin kannst du vorne machen, wenn noch etwas sein sollte, melde dich gerne jederzeit"

Sie lächelte mich an.

"Es wird alles gut, okay?"

Ich zuckte mit den Schultern.

"Hoffentlich"

We should open up [Harry Styles Fanfiction H.S. deutsch I German]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt