Sind wir freie Menschen?

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Vielen Dank an Bratente35, die mir sehr gute Anregungen zu diesem Thema gab. 

Im alten Rom regierte der Staat nach dem Motto „panem et ciercenses“, also „Brot und Spiele“. Die Bürger wurden vom Staat mit ausreichend Nahrung und Unterhaltung versorgt, letztere beispielsweise in Form von Gladiatorenkämpfen. Dafür haben sie für Rom gekämpft und gearbeitet. Solange niemand dies infrage gestellt hat und sich einfach alle gefügt haben, funktionierte das auch.

Würdet ihr sagen, diese Menschen waren frei?

Und was viel wichtiger ist: Sind wir heute freie Menschen?
Damals gab es keine Demokratie wie heute, wir dürfen frei unsere Meinung äußern. Also sind wir frei, oder nicht?
Die Medien sind eigentlich dazu da, dass wir eine möglichst neutrale Partei haben, die das weltliche Geschehen im Namen der Bürger kommentiert und anprangert. Aber tun sie das wirklich? Natürlich gibt es überall, wo es Menschen gibt, Korruption und den Kampf um Macht. Das muss man einfach so hinnehmen, man kann es nicht ändern, wenn man den Menschen nicht ihr Menschsein nehmen will. Die Medien werden vom Staat kontrolliert, in dem einen Land mehr, in dem anderen Land weniger.
Um mal zurück auf den freien Willen zu kommen: Stichwort „Triebe“. Wir alle sind unseren Trieben unterworfen, allein weil wir essen und trinken müssen und uns vermehren wollen. Sigmund Freud hat sich umfassend mit Trieben beschäftigt und zwischen Primär – und Sekundärtrieben unterschieden. Die von Geburt an vorhandenen Triebe sichern das Überleben; z. B. Das Bedürfnis nach Nahrung, Wasser und Sauerstoff. Die sekundären Triebe (wie das Bedürfnis nach Sicherheit und Anerkennung) bilden sich erst im Laufe des frühen Kleinkindalters.
Machen uns diese Triebe zu unfreien Menschen?
Im Gegenteil: Diese Triebe machen einen grundlegenden Teil unseres Seins aus. Was wären wir, wenn wir nicht mehr essen und trinken müssten, sondern nur, wenn wir es wollten? Wenn wir nicht mehr atmen müssten oder den Drang nach Sexualität verspürten? Und natürlich das Wichtigste: Wenn wir unseren Selbsterhaltungstrieb verlören? Ohne den Selbsterhaltungstrieb hätten wir keine Ängste mehr und würden vermutlich schon sehr früh sterben, schließlich gäbe es keinen Antrieb mehr in uns, der uns sagt, dass wir weiterleben müssen.
Aus diesem Grund schränken diese Triebe unsere Freiheit nicht ein, sie sorgen eher dafür, dass wir sie überhaupt erst ausleben können. Denn es geht schließlich nicht nur um Freiheit, sondern um freie Menschen.
Ein anderer wichtiger Aspekt sind unser Umfeld und unsere Erziehung. Unsere Eltern bringen uns ihre Ansichten bei, ihr Weltbild, und wir schauen uns bei ihnen Verhaltensweisen ab und nehmen sie zuerst als Vorbild. Später beginnt man jedoch, diese zu hinterfragen, kritisch zu betrachten und schlussendlich anzunehmen oder eben nicht. Dies ist ein ganz normaler Prozess des Erwachsenwerdens. Als Kinder sind wir durch unsere Erziehung etwas eingeschränkt in unserer Freiheit, aber wir brauchen zuerst Beispiele an Verhaltensweisen, bevor wir entscheiden, welche wir für gut befinden und übernehmen und welche nicht.
Unser Umfeld dagegen ist schon gefährlicher für die individuelle Freiheit. Jeder Mensch braucht eine Gruppe, der er sich zugehörig fühlt und an die er sich anpasst. Das ist ein weiterer Teil des Menschseins und normal für Menschen, aber mit diesem Argument nicht außer Kraft gesetzt. Die Triebe behalten wir und können wir nicht ändern, ohne uns selbst zu zerstören, aber wir können und sollten uns individuell so entfalten können, wie wir wollen und vielleicht sogar müssen, um uns selbst zu finden, ohne dass wir dadurch aus einer Gruppe ausgeschlossen werden. Dies liegt in der Hand jedes Einzelnen. Ob wir uns dafür entscheiden, was wir wirklich wollen, oder dafür, was die Gruppe will, müssen wir selbst tun. Man kann niemanden verurteilen, wenn er sich für die Gruppe entscheidet, aber es ist achtenswert, wenn er sich seinen eigenen Weg sucht und keine vorgefertigten Wege geht. Diese Gruppe kann ein Freundeskreis sein, in der Schule oder auf der Arbeit, aber auch die eigene Religion, Kultur oder die Mitbürger.
In diesem Fall kann man sich seine eigene Freiheit grundsätzlich selbst suchen, man muss sie teilweise erkämpfen, aber sie ist nicht unerreichbar.
Jedoch gibt es einen sehr großen Bestandteil unseres Lebens, der unsere Freiheit einschränkt: Zwänge. Wir alle sind in unserem Alltag den Zwängen unterworfen. Sind wir frei in unserem Willen und unserem Handeln? Wenn ja, könnten wir wohl ohne Probleme nackt durch die Straßen rennen oder allen Menschen, die uns nicht passen, eine Kugel in den Kopf jagen, nur zur Arbeit oder in die Schule gehen, wenn wir gerade Lust haben, und ansonsten alles tun, was wir wollen.
Das ist eine eher abstrakte Sicht der Dinge. Gesetze, die Verbrechen wie Diebstahl und Mord verbieten, schränken uns ein, aber wo wären wir ohne sie? Es wären wohl nicht sehr viele Menschen dafür, dass Gesetz gegen Mord abzuschaffen. Und das ist auch gut so. Durch diese Gesetze werden wir zwar eingeschränkt in unserer Freiheit, umgekehrt gewinnen wir dadurch Sicherheit. Ist Sicherheit also ein Gegenteil von Freiheit?
Wenn alle Menschen nur dann arbeiten würden, wenn sie gerade Lust dazu verspüren, würde unser System zusammenbrechen. Wir alle müssen arbeiten, denn wir sind Teil des Systems. Das bringt – wie alles im Leben – sowohl Vor – als auch Nachteile. Wir sind diesen Zwängen unterworfen, aber ohne sie müssten wir uns selbst Nahrung beschaffen, eine Wohnstätte, und vielleicht sogar um unser Leben kämpfen. Diese Zwänge sind eine Art Preis für das Leben in Sicherheit und Luxus, wobei beides selbstverständlich relativ ist. Kein Staat kann hundertprozentige Sicherheit garantieren, obwohl er es tun muss, weil sonst Panik ausbrechen würde. Luxus ist für jeden etwas anderes, deshalb kann man ihn hier nicht verallgemeinern.
Zusätzlich zu diesen Zwängen gibt es noch viele Pflichten im Alltag: Nehmen wir mal die Anschnallpflicht. Sie erscheint zuerst als ziemlich banal, aber wenn man mal so darüber nachdenkt, schränkt sie auf jeden Fall die Freiheit ein. Sollte nicht jeder Mensch selbst entscheiden können, ob er das Risiko ohne Gurt zu fahren eingeht, oder er doch die Sicherheit vor die Freiheit stellt? Als die Anschnallpflicht Anfang 1976 eingeführt wurde, war es vielen Menschen zunächst unverständlich und sie verweigerten es, sich anzuschnallen. Heute tut es beinahe jeder, sobald er im Auto sitzt, ohne nachzudenken. Diese Pflicht sorgt für unsere Sicherheit, aber schränkt es nicht unsere Freiheit ein?
Wenn man sich darüber Gedanken macht, warum wir Menschen nicht frei sind, stößt man oft auf den Begriff „Sicherheit“. In der heutigen Welt wird Sicherheit großgeschrieben – so weit es möglich ist. Nicht nur die Anschnallpflicht, auch in Krankenhäusern gibt es viele Sicherheitsvorschriften, um die Hygiene nicht zu gefährden; es gibt eine Straßenverkehrsordnung, damit der Verkehr möglichst reibungslos verläuft und möglichst wenig Unfälle passieren.
Diese ganzen Pflichten – oder auch Regeln – werden von einem System benötigt. Der Straßenverkehr ist ein Beispiel für ein System, das man ruhig auf andere, größere Systeme, wie etwa einen Staat, übertragen kann. Ein Staat, in dem Menschen in einer Gemeinschaft zusammenleben, benötigt Regeln.
Durch diese Regeln werden wir äußerlich eingeschränkt, aber viele Menschen vergessen leider, dass sie innerlich trotzdem freier sein könnten, als sie denken.

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