Warum gibt es schlechte Menschen?

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Den folgenden Aufsatz habe ich im Rahmen einer Philosophie Arbeit geschrieben. Deswegen ist der Text dieses mal auch ausführlicher als sonst, aber ich habe mir vorgenommen, generell immer etwas mehr zu schreiben, damit die Themen nicht nur anklingen, sondern gebührend in ihrer Tiefe erfasst werden. 

Bevor man sich mit dieser Frage befasst, muss man erst einmal klären, was überhaupt ein schlechter Mensch ist. Alle Menschen haben sowohl eine gute als auch eine schlechte Seite. Bei einem schlechten Menschen überwiegt die schlechte Seite, was sich an seinem Handeln erkennen lässt, das aus seinem Denken und vor allem aus seinen Entscheidungen resultiert. Um Sirius Black aus

„Harry Potter und der Orden des Phönix“ zu zitieren: „Außerdem teilt sich die Welt nicht in gute Menschen und Todesser, wir haben alle sowohl eine helle als auch eine dunkle Seite in uns. Es kommt darauf an, welche Seite wir für unser Handeln aussuchen. Das macht uns wirklich aus.“
Aus diesem Grund sollte sich kein Mensch anmaßen, einen anderen als schlecht zu bezeichnen, da auch er selbst böse werden kann.


Aber warum sind Menschen böse, warum gibt es schlechte Menschen?
Eine mögliche Theorie wäre, dass Menschen von Natur aus einen Hang zum Bösen haben. Unterstützt wird diese durch das Resultat des Stanford – Prison – Experiments aus dem Jahr 1971. Damals hat der Sozialpsychologe P. Zimbardo Studenten zufällig in die Rollen von Gefangenen und Wärtern aufgeteilt, um sie dann in den Universitätskeller zu sperren, der ein Gefängnis darstellen sollte. Das Ergebnis war, dass die Wärter ihre Machtposition hemmungslos ausnutzten; anstatt nur für Ruhe und Ordnung zu sorgen, terrorisierten sie die Gefangenen. Dies beweist, dass der Drang nach Macht in uns steckt. Und der Hang zum Bösen ebnet den Weg zur Macht, denn durch skrupelloses und egozentrisches Handeln gelangt man am schnellsten dorthin.


Macht ist ein wichtiger Bestandteil, wenn man ergründen will, weshalb Menschen schlecht sind.
Dieses Thema zieht sich durch die ganze Menschheitsgeschichte, angefangen bei Jesus und auch noch heute, wie z.B. in Romanreihen wie „Der Herr der Ringe“ und den Harry-Potter-Bänden.
In der Bibel im Buch Matthäus 4, 1-11 wird beschrieben, wie Jesus durch den Teufel verführt wird. Der Teufel bietet ihm alle Reiche auf der Welt, wenn Jesus ihn anbetet. Jesus widersteht diesem Angebot, aber viele Menschen würden dies wahrscheinlich nicht tun. Menschen wie Hitler haben schreckliche Taten begangen, um Macht zu bekommen. Und sie würden alles für Macht tun.
Bei „Der Herr der Ringe“ ist Macht ein zentrales Thema. Der Ring verleiht dem, der ihn trägt, unermessliche Macht, und am Ende scheitern alle daran der Versuchung zu widerstehen: Krieger (wie Boromir), Weise (wie Gandalf), Unschuldige (wie Frodo). Durch den Ring, der die Macht symbolisiert, werden sie alle böse bzw. ihre böse Seite tritt in Erscheinung.
Auch bei Harry Potter geht es um Macht. Hier wird sie in vielfältiger Weise dargestellt, z. B. vom Elderstab, der mächtiger ist als alle anderen Zauberstäbe, aber auch vom Stein der Weisen, der das Elixier der Unsterblichkeit herstellen kann.
Macht liegt in der Natur des Menschen, und durch Macht werden die meisten, wenn nicht sogar alle Menschen, böse.
Ein weiteres, sehr passendes Beispiel aus der Bibel ist in Johannes 8, 1-11 zu finden. Als die Ehebrecherin gesteinigt werden soll, sagte Jesus: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie.“ Niemand wirft dort einen Stein.
Auch das zeigt, dass wir Menschen alle schon sündigten, also alle eine schlechte Seite in uns haben.
Wir können nichts daran ändern, weil es in unserer Natur liegt.

Die Gegenthese wäre, dass die Menschen nicht von Natur aus schlecht sind, sondern erst durch Einflüsse schlecht werden.
Es gibt Situationen, in denen Menschen selbstlos handeln, beispielsweise im Fall von Karisa Bugal. Während ihrer Schwangerschaft wurde klar, dass entweder nur sie oder nur ihr Kind überleben kann, und sie hat sich für das Leben ihres Kindes und ihren Tod entschieden. Man könnte natürlich dagegen argumentieren, dass dies vom Mutterinstinkt herrührt und davon, dass wir Menschen den inneren Trieb haben uns vermehren zu wollen; aber es geht hier um die Tat und nicht die Motive, obwohl diese bei der „Bewertung“ von gut und schlecht eine wichtige Rolle spielen.
Das eigene Leben für das des Kindes zu geben ist eine selbstlose Tat, und das bleibt sie, ob es vom Vermehrungstrieb oder von bedingungsloser Liebe herrührt.
Außerdem sind wir Menschen nicht von Geburt an böse. Oder gibt es jemanden, der ein Baby oder Kleinkind für schlecht halten würde? Durch die Erziehung und andere Einflüsse wie Freunde oder prägende Erlebnisse, wie der Tod einer nahestehenden Person, ein Umzug in ein anderes Land oder auch traumatische Ereignisse, wie z.B. Missbrauch, werden wir zu der Person, die wir sind. Und nach unseren Erfahrungen handeln wir. Wir sind also nicht von Geburt an schlecht. Erst durch unsere Erfahrungen, Erlebnisse und Erziehung treffen wir Entscheidungen, die andere dann als gut oder schlecht beurteilen, genau wie unsere Taten.
Wichtig ist noch, dass das Handeln oft nicht ohne Grund geschieht. Wenn ein Kind immer von seinem Vater geschlagen wurde, ist es gut möglich, dass das Kind später andere Menschen, vielleicht sogar sein eigenes Kind schlägt; es kompensiert so seine Ohnmachts – und Demütigungsgefühle, die es vom Vater erfahren hat. Das Böse in uns hat also oft eine Ursache; wir werden nicht damit geboren, sondern sammeln Erfahrungen, die uns manchmal keine oder nur schwer eine Wahl lassen, wie wir handeln.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Menschen haben von Natur aus immer die Möglichkeit, böse zu werden. Dies muss aber nicht zwangsläufig passieren, sondern wird durch die Lebensumstände, Erfahrungen, Erziehung, das soziale Umfeld und andere Einflüsse bestimmt. Menschen haben immer die Option frei zu entscheiden, wie sie handeln. Einige Faktoren wie die Macht spielen eine große Rolle. Menschen können durch Macht zum Bösen verführt werden, da der Drang nach ihr in jedem Menschen liegt. Aber auch die Motive des Handeln sind wichtig; wenn man etwas, das nach außen hin Böse wirkt, aus guten Motiven tut, muss der handelnde Mensch nicht böse sein; umgekehrt ist es genauso: Eine gute Tat aus den falschen Motiven wie Egoismus kann auch schlecht sein.

Ein letzter, weiterführender Gedanke: Es muss schlechte Menschen geben, damit es auch gute geben kann. Das Gute kann nicht ohne das Böse existieren, denn wir leben in einer Welt von Gegensätzen.

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