Der Volksfeind

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Ich war mal wieder in Berlin in der Schaubühne, dieses Mal in „Der Volksfeind“. Das Stück (und die Schaubühne überhaupt) sind nur zu empfehlen. In dem Drama geht es um Folgendes:

Nach langer Abwesenheit kehrt Dr. Stockmann in seine Heimatstadt zurück, in der sein Bruder Bürgermeister ist und ihn zum Badearzt für das neue Kurbad der Stadt ernennt. Dieses soll die Stadt und seine Bürger zu Reichtum kommen lassen. Dr. Stockmann gerät in einen Gewissenskonflikt als er das Badewasser wissenschaftlich untersuchen lässt und daraufhin die Lebensgefahr erkennt, die das verseuchte Wasser für die Gesundheit der angereisten Patienten darstellt. Er will diesen Missstand öffentlich machen und überreicht dem Redakteur des "Volksboten" Hovstadt und dessen Mitarbeiter Billing ein Manuskript zur Veröffentlichung. Von der anfänglichen Begeisterung der beiden Zeitungsmitarbeiter ist nach dem unangemeldeten Besuch des Bürgermeisters nichts mehr vorhanden, da dieser die Redakteure vor immensem Schaden für die Stadt und im Besonderen für den Finanzhaushalt warnt. Die beiden sehen von einer Veröffentlichung ab. Das Gerücht der Wasserverseuchung dringt zu den Bürgern, doch diese werden durch den Bürgermeister mit Hinblick auf die finanziellen Risiken bei Bekanntwerden der Problematik beruhigt. Dr. Stockmann wird von allen Mitstreitern außerhalb seiner Familie verlassen und gemieden. Auf einer eigens einberufenen Volksversammlung spricht Dr. Stockmann das verseuchte Wasser an und die Verantwortung, die durch diese auf den Bürgern der Stadt lasten. Diese pfeifen ihn aus und beleidigen ihn. Abends werfen Unbekannte die Fenster des Mietshauses der Familie ein, Dr. Stockmann und seine Tochter verlieren ihre Arbeit. Noch während sie ihre Sachen packen um das Land zu verlassen, entscheidet Dr. Stockmann im letzten Augenblick samt Familie in der Stadt zu bleiben. 
Quelle: http://www.zusammenfassung.info/ein-volksfeind-zusammenfassung

Damit kann man sich zwar nicht den Geist des Stücks vorstellen, aber ich versuche trotzdem zu schreiben, was ich mir dazu gedacht habe.
Das Drama trägt ja den Titel „Der Volksfeind“. Jetzt kommt man zu der Frage: Wer ist denn der Volksfeind, sowohl hier in dem Stück als auch generell? Ist es Stockmann, der „seinem“ Volk, sprich der Stadt schadet, weil diese dann die Reparatur der Wasserleitungen aufkommen muss und vielleicht auch danach niemand mehr in ihr Kurbad will, sodass sie im schlimmsten Fall in Armut versinken? Oder sind es der Bürgermeister und seine Gefolgsleute, die keine Verantwortung übernehmen wollen und lieber die Patienten vergiften, nur damit der Ruf der Stadt erhalten bleibt?
Welche Entscheidung schadet der Gesellschaft am meisten?
Es kommt auch darauf an, welche Prioritäten man (sich) setzt. Wenn man bestrebt ist, immer die Wahrheit zu sagen, sollte man auf jeden Fall die Verseuchung des Wassers veröffentlichen. Auch wenn man – meiner Meinung nach – Verantwortung übernehmen will, sollte man sich auf Stockmanns Seite stellen.
Wenn man allerdings schaut, was der Gesellschaft am wenigsten schadet – und man von der Gefahr für die Patienten absieht – sollte man es nicht veröffentlichen. Denn ansonsten versinkt die Stadt, wie gesagt, in Armut, was natürlich auch Folgen für die nächsten Generationen hat.

Ich finde es schwierig zu beantworten. Meine erste Reaktion war, natürlich sollte man das veröffentlichen. Ich bin auch immer noch dafür, da eine meiner Prioritäten Wahrheit ist. Aber man darf die Menschen, die dadurch ziemlich viel verlieren, nicht vergessen. Denn die haben das Wasser schließlich nicht verunreinigt. Man sollte nach der Quelle für die Verunreinigung (bei der Schaubühne war das der reiche Schwiegervater Stockmanns) suchen und diese(n) Menschen zur Verantwortung ziehen. Natürlich darf man ihnen nicht die Schuld aufbürden, aber wenn sie einen Großteil der Reparaturen bezahlen würden, wäre dem vielleicht schon geholfen.

Um es mal auf das Allgemeine zu beziehen: Was meint ihr, wer ist der Volksfeind?
Ich glaube, Volksfeinde sind Egoisten, die ohne Rücksicht auf Verluste so entscheiden, dass es ihnen das meiste einbringt.

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