Blonde Strähnen

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Wie aus dem nichts stand Tim plötzlich vor ihnen, wahrscheinlich um nach dem Rechten zu sehen. Er war noch relativ befreit. Der wusste ja auch die Wahrheit nicht. Und den Typen liebte er noch. Tim brauchte jetzt ebenso wie Tobi ihre aller Unterstützung. Basti und er würden wohl die beiden trösten müssen. „ Stimmt du weißt es ja noch gar nicht. Stegi ist Tobis tot geglaubter Freund Lukas.", erwiderte Basti abfällig und suchte bei Tim nach Schmerz, Überraschung oder Wut. Er war fast schon verwundert, als Tim neutral blieb und sie nur alle ansah. „ Ich weiß.", antwortete er schlicht. Jetzt starrten ihn alle drei verblüfft an. „ Du wusstest das? Und dann sagst du nichts.", fing Tobi an sich in Rage zu reden, doch Tim unterbrach ihn ziemlich schnell. „ Reg dich ab, ich weiß es auch erst seit ein paar Tagen. Genau genommen seit dem morgen, wo Stegi den Vortag die erste Hälfte seines Geständnis angelegt hatte. Er war bei sich daheim und ich bin etwas ungünstig reingeplatzt. Sonst wüsste ich jetzt auch nichts."

Flashback

Betrübt sah Stegi in den Spiegel. Auch wenn er alles versucht hatte zu verdrängen, es war immer irgendwo in seinem Bewusstsein, hatte ihn geprägt. Seine Emotionen stumpf werden lassen und ihn sich immer mehr zurück ziehen lassen. Tim gegenüber hatte er das ein wenig ändern können. Doch Stegi hatte ihm seine Seele schon viel zu weit geöffnet und langsam wurde es gefährlich. Er spielte mit dem Feuer. Beim kleinsten Fehltritt stand alles um ihn herum in Flammen. Nur wurde es jetzt alles wieder presenter den je. Auch wenn er es Tim sagen dürfte, traute er sich nicht. Schon gar nicht Tobi. Zu groß war die Angst vor der Welle, die er damit lostreten würde. Vor der Zurückweisung, die er erfahren würde. Sie würden ihn hassen. Was der Rest der Gesellschaft mit ihm machte, wollte er sich gar nicht erst ausmalen. Wahrscheinlich hing er den darauffolgenden Tag am Galgen. Mit einem traurigen Lächeln fuhr er durch seine blonden Haare. Sie wurden von blauen und weißen Strähnen geziert. Seine natürliche Haarfarbe, die er seit Ewigkeiten nicht gesehen hatte. In seinen grüngelben Augen sammelten Tränen. Dieses Bild hatte er fast elf Jahre nicht mehr gesehen. Dabei fühlte es sich noch so natürlich an. In seiner Brust zog sich alles zusammen, als er an seine Eltern dachte. Wie sie ihn ein letztes Mal küssten und er von Nelaphine auf dem Arm mitgenommen wurde, nicht wissend, dass er sie nie wieder sehen würde. Er war jung und naiv gewesen, hatte zu dem Zeitpunkt nicht mal verstanden, was vor sich ging. Verzweifelt versuchte er nicht in Tränen auszubrechen. Seine Zurückhaltung brach dann ziemlich schnell und erste Tränen kullerten seine Wangen hinab. Mit dem Ärmel wischte Stegi sich über die Augen, um die Tränen wegzuwischen. Daran durfte er nicht mehr denken. Er musste jetzt das beste draus machen. Ändern konnte er es sowieso nicht mehr. Nichts mache seine Eltern wieder lebendig. Gerade als er seine Kontaktlinsen wieder rein machen wollte, ging plötzlich die Tür auf. Erschrocken zuckte Stegi zusammen, ließ die Kontaktlinsen fallen und kniff die Augen zusammen. Schnell fuhr er sich durch die Haare, damit sie wieder braun mit rot, gelb, orangenen Strähnen waren. So wie sie es sein sollten. Scheiße warum konnte wer auch immer den nicht anklopfen. Hoffentlich hatte er nichts gemerkt. Sonst war er am Arsch. „ Stegi?", fragte eine dunkle Stimme misstrauisch. Es war zum Glück nur Tim, was aber nicht hieß, dass es besser war. Wenn er was gesehen hatte, durfte er sich besser ne gute Erklärung einfallen lassen. Unbewusst war Stegis Hand zu seiner Brust gewandert und er hatte sich ans Herz gegriffen vor Schreck. Nun kroch Unwohlsein und Angst in ihm hoch. Wenn Tim doch was gesehen hatte würde sein Lügengerüst endgültig in sich zusammen brechen. Eine plausible Ausrede gab es nicht. „ Bei unseren Geistern, erschreck mich doch nicht so! Kannst du mir meine Kontaktlinsen geben? Ich hab sie versehentlich fallen lassen.", versuchte Stegi abzulenken, sollte Tim etwas gesehen haben. Ein mulmiges Gefühl machte sich dennoch in ihm bereit. Was sollte er sagen wenn? Er konnte Tim ja nicht mal ins Gesicht lügen. Die Wahrheit hing jedoch genauso wenig. Dazu war er nicht bereit. Noch nicht jedenfalls. „ Deine Haare hatten gerade blonde Strähnen.", stellte Tim trocken klar. Verdammt warum? Wie sollte er sich da denn wieder raus reden. Tim würde darauf beharren und logisch erklären konnte er das ganze einfach nicht. Er musste lügen. Um ihrer aller Willen. „ Tim das ist Quatsch und das weißt du. Woher soll die bitte kommen. Das hast du dir sicher eingebildet. Kannst mir jetzt bitte meine Kontaktlinsen geben?", bat Stegi mit Nachdruck, um aus dieser Situation rauszukommen. Er wollte das lieber in Ruhe angehen, vorher überlegen, was er sagte und es ihm schonend beibringen. Ganz sicher nicht so. Nicht so unvorbereitet zwischen Tür und Angel. „ Nein, dass hab ich mir nicht eingebildet. Deine Haare waren blond.", beharrte Tim weiter auf seiner Aussage. Und er würde auch nicht nachgeben, das wusste Stegi mittlerweile. Also wechselte er die Taktik. Tim war ein Logik Mensch. Also lieferte er ihm Logik. „ Du spinnst echt. Das war bestimmt nur eine gelbe Strähne.", versuchte Stegi verzweifelt das was Tim gesehen hatte logisch zu erklären. Denn seine Haare hatte nun mal auch gelbe Strähnen und das kam am nächsten an blond ran. So konnte er vielleicht alles erstmal hoch für sich behalten. „ Nein, die war blond. Eine sehr typische Farbe für Eiselfen nicht?", brachte Tim es auf den Punkt. Scheinbar konnte der Brünette sehr gut eins und eins zusammenzählen. Tim war wie gesagt ein logisch denkender Mensch und gerade verfluchte er ihn dafür. Er war am richtigen Punkt. Aber Stegi wollte es nicht zugeben. Wollte nicht alles zerstören, was er sich über die Jahre mühsam aufgebaut hatte. Fieberhaft suchte Stegi nach einer Ausrede, doch außer es weiter abzustreiten, viel ihm nichts ein. Tim hatte es eh schon raus. Jeglicher Versuch gegen ihn zu argumentieren war zwecklos. „ Hast du was genommen Tim? Ich hatte keine blonde Strähne und ich bin keine Eiselfe.", protestierte Stegi kleinlaut. Es brachte doch eh nichts mehr. Jetzt war es zu spät.

Von Geheimnissen, Komplexen und verbotener Liebe Stexpert/ Venation FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt