Bitte wach auf

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„ Heute Nachmittag. Veni probiert gerade mehr Zeit raus zu schlagen und sie von Tobis Unschuld zu überzeugen. Er wird wahrscheinlich keinen Erfolg haben. Wenn Stegi nicht aufwacht ist Tobi heute Abend sicher tot." Hatte Tim sich fast schon gedacht. Warum auch sollten sie ihn in Ruhe lassen, nur weil einer darum bat. „ Es tut mir so unendlich leid. Versuchst das beste raus zu schlagen. Heilen kann ich ihn immer. Ist es ok, wenn ich erstmal bei Stegi bleibe? Sollte es an den Prozess gehen, kannst du mich gerne dazu holen. Das bin ich Tobi schuldig." Wenn Veni bereits verhandelte konnte er da nichts mehr ausrichten. Tobi befreien würde ihn wohl den Kopf kosten. Blieb er hier und grübelte über eine Lösung, war er genauso hilfreich. Selbst wenn Stegi bis dahin wach war, durfte er keine Kraft mehr haben dieses Bett zu verlassen. Dann müsste er Stegi tragen. Sie mussten einfach aufs beste hoffen. „ Kann ich dich alleine lassen? Also bei Stegi. Ich werd versuchen mit Veni noch ne gute Kondition rauszuschlagen, die nicht im tot endet." Tim nickte unbeholfen. Erste Tränen lösten sich und tropften auf das Bett. „ Holst du bitte Amalia her?", brachte Tim zittrig hervor, kurz bevor Basti aus der Tür verschwinden war. Sie mussten Stegi wach bekommen und er wollte nicht umbedingt erfahren, was passieren konnte, wenn Stegi zu früh aufwachte. Eine Antwort bekam er nicht mehr, doch da Basti kurz gestockt hatte, wusste Tim, dass er es gehört hatte. Er verließ das Zimmer, ließ aber die Tür offen. Jetzt war es eh zu spät für Diskretion. Tim legte eine Hand an Stegis Wange und strich mit dem Daumen über die blasse Haut. „ Du musst wach werden Stegi, hörst du. Ohne dich werden sie Tobi umbringen. Bitte wach schnell auf. Tu es für uns alle.", flehte Tim mit tränenerstickter Stimme. Ihm war bewusst, dass Stegi weder wach war, noch seine Worte wahrnahm. Auf dem Flur waren hektische Schritte zu hören. Kurz darauf wurde die Tür aufgestoßen und Amalia kam wieder zu ihm ins Zimmer. „ Sag bitte nicht, dass das wahr ist. Wie konnte das raus kommen. Ich glaub nicht, das einer von euch was gesagt hat." Sie war es also auch nicht. Nelaphine hielt eh dicht, also konnte sie es auch nicht gewesen sein. Entweder jemand hatte sie belauscht, oder jemand hatte die Eissplitter in Stegis Herz gesehen. Oder aber die Aktion im Wald. Eigentlich hatte er aber geschaut, dass niemand Stegis Brust gesehen hatte. Immerhin war Stegi gegen ihn gedrückt gewesen und von seinem Mantel umhüllt. Wahrscheinlich hatte jemand wirklich das Gespräch zwischen ihnen und Nelaphine mitgehört. Besonders vorsichtig war er nicht gewesen. „ Jemand wird das Gespräch zwischen uns und Nelaphine mitgehört haben und die falschen Schlüsse gezogen haben. Wie lang wird es dauern, bis Stegi aufwacht?" Das war im Moment die wichtigste Information. An der hing alles. Wenn Stegi nicht rechtzeitig aufwachte, würde Tobi sterben und Stegi bekam es nicht mal mit. „ Das wird leider dauern. Vielleicht heute Abend, vielleicht auch erst morgen. Tut mir unendlich leid." Sie wusste, was an Stegi Aussage hing. „ Kann man ihn nicht irgendwie aufwecken?", flehte Tim verzweifelt. Tobis tot würde auch Stegi zerstören und das wollte er nicht. Nachdenklich wog sie den Kopf hin und her. „ Ich müsste Stegi Schmerz senkende Mittel geben und etwas, was begünstigt, dass er aufwacht. Das ist aber gerade nach einer Operation am offenen Herzen nicht zu empfehlen. Stegi könnte weitere Verletzungen davon tragen, die seinen Zustand verschlimmern, wenn nicht sogar letal wirken." Klang nicht unbedingt nach rosigen Aussichten. Doch irgendwas mussten sie tun. Und im Moment stand Tobis wohl über dem Stegis. Noch war Tobi am Leben und hatte keine Schmerzen. Stegi hingegen hatte schon probiert sich das Leben zu nehmen. Wenn er dadurch starb, musste Tim das akzeptieren. „ Die Entscheidung liegt bei dir Tim. Du entscheidest, ob ich ihm das geben soll oder nicht. Ich kann dir aber nicht versprechen, dass es wirkt." Damit wäre er alleine verantwortlich für Stegis Schicksal. Und er wusste, dass Stegi nicht wollen würde, dass einem Freund etwas passierte und es seine Schuld war. Tim fasste einen Entschluss. „ Verabreichen sie ihm was nötig ist." Tim schluckte schwer, nachdem er den Satz über seine Lippen hatte kommen lassen. Hoffentlich ging das gut. Sonst hatte er zwei Leute auf dem Gewissen. Ohne ein weiteres Wort oder ein in Frage stellen seiner Entscheidung verschwand Amalia. Tim drückte Stegis Hand fester. Was wenn er gerade ziemlich große scheiße baute? Konnte er sich das selbst verzeihen? Egal welches Szenario eintraf. Wahrscheinlich nicht, aber er musste rational handeln. Und so war das nun mal am besten. Auch wenn er damit Stegi Gefährdete. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Wenn er nichts tat, hatte er beide bereits verloren. Sanft drückte er Stegis Hand. Als wolle er ihm Mut machen. Dabei war er es, der den Mut brauchte. Nicht lange und Amalia kam wieder zu ihm sie hatte drei verschiedene kleine Flaschen mit Tropfverschluss in der Hand, sowie einen Becher. „ Hör zu. Egal was passiert, du bist nicht schuld daran. Du hast probiert alle zu retten. Vergiss das nicht. Richtest du ihn ein klein wenig auf." Schnell stellte sie alles auf dem Nachttisch ab. Jetzt wurde es ernst. Tim wischte sich die Tränen von der Wange, die vereinzelt noch nach kamen und schob dann eine flache Hand unter Stegis Rücken. Etwa auf Höhe seiner Schulterblätter, sodass er ihn problemlos aufrichten konnte. Höchst widerwillig löste er auch seine zweite Hand aus Stegi und schob den Daumen zwischen seine Lippen, um diese ein wenig zu öffnen. Fast sofort griff er aber wieder nach Stegis Hand. Stegis Körper hing schlaff und ohne Spannung in seinen Armen. So hatte er Stegi noch nie gesehen. Nach Möglichkeit wollte er das auch nie wieder sehen. Amalia tropfte Stegi die erste Flüssigkeit in den geöffneten Mund. Im Handumdrehen hatte sie die Fläschchen getauscht und tropfte Stegi etwas in großer Menge in den Mund. Zweifelnd sah Tim zu ihr. So viele Medikamente in einem so kleinen Körper. „ Keine Sorge, das ist rein pflanzlich. Da braucht es immer ein bisschen mehr, als bei diesem neuen chemischen Zeug. Ich weiß, was ich tue. Dahingehend kannst du mir vertrauen."

Von Geheimnissen, Komplexen und verbotener Liebe Stexpert/ Venation FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt