Harry
Mit viel Schwung drückt June die große Tür auf. Ich bin mir noch immer sehr unsicher und meine Beine fühlen sich wie Gummi an und könnten jeden Augenblick nachgeben. Warum lass ich mich darauf ein. Alles in meinem Körper schreit nein und doch gehe ich hinterher. Ich kann nicht sagen, dass ich nicht neugierig bin, aber mein Kopf steht mir im Weg. Es wird schon nicht so schlimm werden. Es ist nur Sport, ich mach gerne Sport. Nur halt nicht in Gruppen. Meinen Körper und Geist in Einklang bringen ist erstmal nicht die schlechteste Idee. June und ich stehen vor einem großen mit Holz verkleideten Tresen. Der geschwungene Tresen ist mit einem gelb orangen Licht indirekt beleuchtet. Es wirkt gemütlich und unaufgeregt. Die Wand hinter dem Tresen ist mit einer schwarzen Tapete mit dunkelgrauen Ornamenten verziert. Die Tapete wirkt sehr edel und fügt sich super in den modern eingerichteten Eingangsbereich. Junes Blick ruht auf mir. Nervös trete ich wieder von einem auf das andere Bein. Ihre Nähe macht mich nervös, aber nicht auf diese unangenehme Weise die mich sonst nervös macht.
Eine Frau, ich denke Ende 40 steht auf einmal hinter dem Tresen. Sie hat rotes wildes schulterlanges Haar, ein warmes Lächeln, trägt einen langen schlapprigen und ausgeblichen Pulli und dazu Sportleggins. Schuhe trägt sie keine. Sie strahlt eine unglaubliche Ruhe aus, die sich sofort auf mich überträgt. "Hi June, schön das du da bist." Sie blickt zu mir rüber und schenkt mir ein Lächeln. "Hey Sophie, das ist Harry. Ich dachte mir, es ist okay wenn ich ihn mitbringe. Harry das ist Sophie meine Trainerin." Erklärt June. "Schön das du hier bist Harry." Sie streckt mir ihre Hand entgegen und nach kurzem Zögern greife ich zu und schüttel ihre kurz. Es ist nur Händeschütteln, atme. "Müsst ihr euch noch umziehen oder können wir gleich starten?" Fragt Sophie. June mustert mich von oben nach unten. "Ich denke wir können gleich anfangen." Ich nicke kurz. "Na dann los. Kommt ihr beiden."
Wir betreten den großen Raum in dem schon einige Matten auf dem Boden ausgerollt sind. June steuert direkt auf zwei nebeneinander liegende zu, stellt ihre Tasche ab und setzt sich auf eine der beiden Matten. Ich tue es ihr gleich und nehme neben ihr Platz. Sie fängt an ihre Schuhe und die Socken auszuziehen. Gut das ich vorhin noch duschen war. Nicht das meine Füße stinken, aber sicher ist sicher. Ich beobachte wie sie die Socken zusammen rollt und in ihre Schuhe steckt. Sie streckt ihre Beine aus und wackelt mit den Zehen. Ich weiß genau wie sie sich fühlt. Wenn man die Füße aus den engen Strümpfen befreit und durch das Wackeln endlich wieder Luft an die Zehen bekommt. Ich bekomme jedes mal eine Gänsehaut. Ich ziehe auch beides aus und freue mich über die Freiheit. Sophie nimmt gegenüber auf einer Matte platz. Wir fangen an uns zu dehnen und Sophie erzählt nebenbei etwas über Pilates. Bisher ist es gar nicht so schlimm, wie ich gedacht habe. Es ist sogar total entspannt und ich bin froh das ich mitgegangen bin. Weiter geht es mit leichten Atemübungen, die wir dann mit einigen Bewegungen verbinden. Wir stehen im Vierfüßler und sollen den linken Arm und das rechte Bein ausstrecken. Ziemlich wackelig die Nummer. "Versuch deine Mitte anzuspannen, konzentriere dich auf deine Atmung. Atme tief in deinen Bauch." Sophie steht auf und kommt in meine Richtung. Ich kann nicht atmen, meine Lippen sind nur eine schmale Linie. Sie kommt immer dichter. Mir wird schwindelig. Sie ist nur noch ein Stück von mir entfernt. Ich bekomme keine Luft. "Nicht anfassen." Presse ich hervor. Mir wird wird schwarz vor Augen und ich merke wie mein Atem immer schneller geht. Ich setze mich auf meine Füße und lege die Hände auf meine Oberschenkel.
Pflanze, Lampe, Fenster, Radio, Tür
Matte, Boden, Hose, June
June? Junes Hand liegt auf meiner. "Es ist okay Harry. Du kannst Atmen." flüstert sie. Ihre Stimme dringt gedämpft zu mir durch. Ich kann atmen. Ich kann.... atmen. Sie drückt einmal fest meine Hand und traue mich kaum sie anzusehen. Es ist nur eine kurze Bewegung und ich hätte sie mit meinem verschwommen Blick fast übersehen. Sie hat Sophie zugenickt, die darauf hin den Raum verlässt. Ich bin mit June alleine. Ihr Blick hält meinen Fest. Sie sagt nichts und gibt mir Zeit. Ihre Hand ruht noch immer auf meiner. Sie schaut mich prüfend mit ihren blauen Augen an. Nicht mit diesem mitleidigen Blick den ich sonst gewohnt bin. In ihrem Blick liegt Verständnis. Das beruhigt mich. "Ich werde nicht fragen, was dir passiert ist, ich bin aber da, wenn du mir Antworten geben möchtest. Ich weiß, was das gerade war, Harry." Die zweite Panikattacke in so kurzer Zeit. Ich hatte lange keine. Ich weiß nicht, warum es wieder häufiger wird. Vielleicht der Druck und der Stress den ich mir wegen dem Album mache. Dabei sollte ich es doch genießen, aber ich habe Angst, dass es nicht gut ist. Das meine Zeit auf der Bühne vorbei ist. Ich will nicht das es vorbei ist. "Es tut mir leid, dass du das sehen musstest. Ich sollte gehen und ich sollte mich bei Sophie entschuldigen." "Hör auf. Gar nichts solltest du. Nichts von alle dem ist deine Schuld." "Doch es ist meine Schuld. Ich sollte mich besser im Griff haben." Sie rutscht noch etwas dichter und greift nach meiner zweiten Hand. Ich weiß nicht warum ich ihre Nähe und auch ihre Berührungen ertrage. Bei ihr ist es einfacher.
"Gefühle hat man nie im Griff. Sie kommen und gehen. Man kann das nicht beeinflussen. Du hast gezählt oder? Das heißt du bist schon in Therapie?" "Woher weißt du..." "Ich habe gesehen wie du dich im Raum umgesehen hast. Ich kenne diese Technik von meiner kleinen Schwester. Es gab eine Zeit in der sie mehrere Panikattacken am Tag hatte. Ich habe sie oft zu ihren Therapien begleitet. Für mich ist das nichts neues. Ich kann damit umgehen." "Ich habe seit einiger Zeit Probleme mit Berührungen. Mit ungefragten Berührungen, es triggert mich. Ich weiß nicht warum, aber alleine die Vorstellung das fremde Menschen mich berühren, löst Angst in mir aus. Ich kann dir nicht sagen, warum das so ist. Es war nicht immer so und ich habe auch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Es ist einfach so, aber ich möchte das nicht. Es macht mich fertig. Ich habe Angst. Ich habe Angst, dass ich dadurch nicht mehr das machen kann, was ich Liebe. Ich will wieder auf die Bühne. Da werden Menschen sein. Viele Menschen und es wird auch das ein oder andere Gedränge geben. Was ist, wenn ich da eine Panikattacke bekomme? Was sollen meine Fans von mir denken? Sie schauen zu mir auf. Was ist wenn sie mich in so einem schwachen Moment sehen? Dann ist alles vorbei." Ich lass meinen Kopf senken, schaffe es nicht weiter ihrem Blick stand zu halten.
"Du bist ein Mensch. Ein normaler Mensch mit Schwächen und Fehlern. Du bist nicht perfekt und ich denke nicht, dass es irgendwer von dir verlangt. Das spielt sich alles in deinem Kopf ab. Du denkst, dass du perfekt sein musst und setzt dich damit selbst unter Druck. Wenn du es liebst was du tust, dann geh auf die Bühne und zeig es den Leuten. Wenn du es nicht magst, dann mach es nicht. Du musst auf deinen Körper hören. Es ist nicht wichtig was andere von dir denken. Es ist wichtig was da drin ist." Sie legt eine Hand auf meine linke Brust und ich habe das Gefühl, die Wärme brennt sich direkt in mein Herz. Es fängt an wild zu schlagen und Röte steigt mir in die Wange. June wird mein starkes Herzklopfen spüren und irgendwie ist es mir unangenehm. Ich nicke und schaffe es wieder sie anzusehen. Noch immer ist keine Spur von Mitleid in ihrem Blick zu sehen. "Danke. Danke das du mir zuhörst und mich nicht verurteilst. Danke das du mich mit her genommen hast. Ich bin wirklich froh, dass ich heute in dein Cafe gestolpert bin." "Das bin ich auch. Komm." Sie steht auf und zieht mich mit hoch. "Ich bring dich nach Hause." Mit offenem Mund stehe ich da und gucke sie an. " Was denn? Wir leben im Jahr 2019, darf da eine Frau nicht auch mal den Mann nach Hause bringen?" Ich muss schmunzeln. "Und wer bringt dich dann nach Hause?" "Na ich alleine? Ich komme ganz gut alleine klar." "Das glaube ich dir sofort."
Ich bin wirklich dankbar. Wir schnappen unsere Sachen und beim Rausgehen entschuldige ich mich bei Sophie für mein Verhalten. Sie winkt nur lächelnd ab und wünscht uns einen schönen Abend.
Ich bin fix und fertig.
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Touchless \\Harry Styles
Fanfiction*** Hände, überall sind Hände die nach mir greifen. Ich bekomme keine Luft, mein Herz rast, Schweiß steht mir auf der Stirn. Mir wird schwindelig und ich falle. Es stürzen dunkle Gestalten ohne Gesicht auf mich. Hände berühren mich und ich schreie...