Es gibt für alles einen Weg.

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Harry

"Es wird wirklich wirklich Zeit für Frühling. Harry es ist kalt. Es wäre schön, wenn du mich rein lässt oder wenigstens kurz irgendetwas sagst. Es ist kalt und entweder ich drehe jetzt um oder du lässt mich rein." Wie versteinert stehe ich in meinem Schlafzimmer. Ich finde meine Sprache nicht. Vorhin als June gegangen ist, habe ich mir nichts mehr gewünscht, als dass sie bei mir bleibt. Ich genieße ihre Nähe. Ich habe bei ihr das Gefühl, dass alles anders ist. Ich brauch mich und meine Gefühle nicht verstecken. Sie versteht mich. Komm schon, sag etwas. Irgendwas. Es sind nur Worte. "Geh nicht. Warte." War gar nicht schwer. Schnell mache ich mich auf den Weg nach unten. Ich kann mich gerade noch am Geländer festhalten, als ich ins Stolpern gerate. Idiot. Erst nicht sprechen können und jetzt beim Gehen noch den Hals brechen. Reiß dich zusammen. Schnell renne ich zum Gartentor. Versuche meine Atmung unter Kontrolle zu bringen. Die kalte Luft fühlt sich an, als würde sie meine Lunge zerreißen. Nachts ist es noch immer sehr kalt. Wenn am Tag die Sonne durch die Wolken bricht und auf der Nase kitzelt, kann man den kommenden Frühling schon erahnen. 

Mit zu viel Schwung reiße ich das Tor auf. Ich sehe wie June zusammen zuckt. Mit ihrer roten Nase und dem viel zu großen Schal, den sie mehrfach um ihren Hals gewickelt hat, sieht sie wirklich süß aus. "Na endlich. Ich dachte ich erfriere und ich denke, du tust es auch, wenn wir nicht schnell rein gehen." Sie grinst mich mit einem breiten Lächeln an und lässt den Blick an mir herabwandern. Erst jetzt merke ich, dass ich nur in Shorts vor ihr stehe. "Ich wollte gerade ins Bett gehen. Dein Anruf kam wirklich überraschend. Komm rein." "Wenn du dir keine Erkältung holen willst, solltest du deinen Besuch nicht so leicht bekleidet herein bitten." Sie zwinkert mir kurz zu und stiehlt sich an mir vorbei. Etwas betreten schließe ich das Tor und folge ihr. "Ich habe Eis mitgebracht, aber ich wusste nicht welche Sorte du magst. Die Auswahl war auch leider nicht so groß. Ich war schon zu Hause und April hat mir einen kleinen Schubs gegeben. Ich war mir unsicher, bei deiner Bitte, dass ich bleiben soll. Es tut mir leid, dass ich einfach gegangen bin und es tut mir Leid, dass ich dich jetzt so überfalle. Manchmal ist es schwer für mich, gleich das Richtige zu tun. Ich hoffe Erdbeereis ist okay? Ich glaube nicht, dass du der Vanilleeistyp bist." "June du brauchst dich für gar nichts entschuldigen. Ich hab dich mit meiner Frage überrumpelt und es wäre auch okay gewesen, wenn du nicht wieder gekommen wärst. Ich möchte nicht, dass du dich unwohl oder zu irgendetwas gezwungen fühlst. Ich will dir mit meinem Kram auch gar nicht auf die Nerven gehen und ich sehe es auch nicht als selbstverständlich, dass du Zeit mit mir verbringst und wenn es zu viel ist, tut es mir Leid. Ich muss mich bei dir..." "Stop. Hör auf. Ich bin alt genug meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Ich fühle mich nicht gezwungen hier zu sein und ich möchte auch nicht, dass du das denkst. Ich habe einfach nicht darüber nachgedacht, als ich gegangen bin. Wenn wir noch etwas von dem Eis haben wollen, sollten wir es jetzt essen oder wenigstens in den Gefrierschrank packen." 

Wieder bin ich überrascht über ihre klaren Worte. Ich bin es gewohnt Menschen kennen zu lernen, die nur Dinge tun, die ich will, nur um mir zu gefallen. Es klingt komisch, aber ich habe oft das Gefühl, dass sie nicht ehrlich zu mir sind und sich verstellen. In den letzten Jahren bin ich was neue Bekanntschaften angeht wirklich vorsichtig geworden. Mein Freundeskreis besteht seit Jahren aus den selben Leuten. Manchmal fühle ich mich einsam, aber dann denke ich mir, es ist besser so. "Harry wo sind deine Schalen?" June klappert mit den Schränken und ruft aus der Küche. Noch immer stehe ich im Flur. "Hab schon gefunden. Du hast nicht gesagt, ob du Erdbeere magst." Mit einer Hand im Nacken lehne ich am Türrahmen zu meiner Küche und beobachte June. "Kannst du aufhören so viel zu denken? Ich bin wirklich gerne hier und wenn du nicht anfängst zu reden, wird es komisch." Sie hat so Recht. Ich will nicht das es komisch ist. "Ich versuche es, also nicht mit dem reden. Ich denke, dass bekomme ich auch so hin, aber du hast Recht. Ich sollte versuchen nicht so viel zu denken. Es ist nur...es ist schwer für mich, mich auf neue Leute einzulassen. In meiner Branche ist es nicht einfach neue Leute zu treffen. Alle sind falsch und oberflächlich. Also ich meine nicht dich damit, aber es gibt genug Leute die sich so ins Licht rücken, um mir zu gefallen. Ich möchte einfach, dass du bei mir bist, wie du auch bei April oder bei deinen Freunden bist." "Glaub mir, du willst nicht, dass ich bei dir wie bei April bin." Sie lacht laut los und streut irgendwas aus kleinen Plastedosen auf das Eis. Ich frage mich, was sie damit meint. Beschließe aber nicht weiter zu fragen, sondern heraus zu finden was sie da aufs Eis streut. 

Vor mir stehen zwei große Schalen gefüllt mit Schoko und Erdbeereis. Darauf sind kleine rosa Kristalle. "Sind das Streusel? Wo hast du um die Uhrzeit Streusel herbekommen?" "Mr. Styles, es gibt für alles einen Weg. Wo wollen wir essen?" Sie hält mir eine Schüssel hin. Das ist wirklich eine große Portion Eis mit einer Menge Streuseln. "Mir egal, wenn du möchtest können wir auf der Couch essen und den Fernseher anmachen." "Also wenn du wirklich willst, dass ich mich wie bei meiner Schwester verhalte, müsstest du jetzt mit mir Twilight gucken und wir würden das Eis nicht aus einer Schüssel essen, sondern direkt aus der Packung. Da ich aber nicht will, dass du mich mit einer großen Portion Eis und verheulten Augen siehst, ziehe ich vor, dass wir das mit den Vampiren lieber lassen." "Ich bin übrigens Team Jacob und habe kein Problem mit Tränen. Vielleicht zur Abwechslung auch mal schön, wenn ich mich um dich kümmern kann." "Du kennst die Filme?" "Ja, nicht alle, aber ich kenne sie. Ich habe eine ältere Schwester und konnte mich nicht wehren. Da musste ich einfach durch." "Okay verstehe. Ich wäre trotzdem für ein anderes Programm." Wir sitzen auf meinem Sofa, jeder in einer anderen Ecke und löffeln unser Eis. Wir sind so vertieft in unser Gespräch, dass wir es gar nicht geschafft haben den Fernseher anzumachen. Zu erst unterhalten wir uns über Vampire und Werwölfe und machen uns darüber lustig wie schlecht Edward in dem ersten Film geschminkt ist und wie unnatürliche er im Gras liegt. Wir stellen fest, dass wir die Filmmusik beide gut finden. June erzählt mir von ihrer Familie und von ihrem Studium. Sie scheint genau wie ich ein Familienmensch zu sein. Wenn sie von ihren Eltern und April erzählt, hat sie ein Leuchten in den Augen, dass ich gut kenne. Bei mir ist es ähnlich. Ich liebe meine Mum und meine Schwester über alles. Ich erzähle ihr von den beiden und wie hart es für meine Mum war, dass ich so jung schon so viel unterwegs war. Sie hat es mir nie direkt gesagt oder vorgeworfen. Sie hat mich immer motiviert und sich für mich gefreut, aber ich habe auch gemerkt, dass sie traurig ist und sich große Sorgen macht, die am Ende ja auch nicht unberechtigt waren. 

Irgendwann, ich weiß nicht wie spät es war, schläft June einfach ein. Ich beobachte sie eine Weile. Sie sieht so friedlich aus. Ihre Lippen sind leicht geöffnet und ihre dunklen Haare liegen ausgebreitet wie ein Fächer über dem Kissen. Ich greife nach meiner Decke und lege sie vorsichtig über ihren Körper. Mit der zweiten Decke mache ich es mir auf der anderen Seite gemütlich. Unaufhaltsam holt mich die schwere, schwarze Tiefe und zieht mich mit sich. 

Touchless \\Harry StylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt