Ich will!

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Harry

Überraschen lassen? Ich liebe Überraschungen... Nicht. "Ist es für dich nicht komisch, mit einem fremden, im dunklen durch einen Park zu laufen?" Vielleicht merkt sie selbst wie komisch diese Situation ist und läuft weg. Dann kann ich nach Hause gehen. Vielleicht bekomme ich irgendwo die letzte Staffel Game of Thrones. Dann vergessen wir das hier einfach. "Nein wieso? So fertig wie du aussiehst, brauche ich dich wahrscheinlich nur antippen und du liegst im nächsten Busch." Sehr wahrscheinlich hat sie recht. Ich könnte noch immer weg laufen und sie hinter mir lassen. Ich möchte es wirklich. Ich möchte wirklich weg. Aber es ist wie bei Magneten. Sie zieht mich irgendwie an. "Bist du eigentlich immer so ernst?" Ja, nein, ja doch eigentlich schon. "Nein, es ist gerade nicht leicht für mich. Ich habe Probleme. Ich will aber unbedingt daran arbeiten. Ich will aus diesem Loch wieder raus. Ich will nicht mehr Tage in meinem Bett verbringen. Ich will wieder lachen und das genießen was ich mache. Ich will wieder auf die Bühne. Ich will wieder glücklich sein. Ich will mich wieder finden" Ich will meinen Mund halten. Was tue ich hier? Warum erzähle ich ihr das?

June bleibt stehen, dreht sich zu mir und legt eine Hand auf meinen Oberarm. Ich bin froh das ich so viel anhabe. Ich starre auf ihre Hand. Unbewusst mache ich einen Schritt nach hinten. June folgt mir. Sie lässt nicht von mir ab. Normalerweise würde jetzt Panik in mir aufsteigen. "Harry das klingt nicht nach einem Herrscher. Ich habe gesehen, dass es dir nicht gut geht, aber dass es so schlimm ist, habe ich nicht erwartet. Vielleicht war es eine blöde Idee dich zu bitten mitzukommen. Vielleicht war es aber auch genau die richtige Idee. Du darfst dich nicht einschließen. Ich sehe den Sturm der in deinen Augen wütet. Ich weiß nicht warum, aber ich möchte dir helfen. Ich möchte für dich da sein." Ich kann ihrem prüfenden Blick kaum stand halten. Diese blauen Augen können direkt in meine Seele blicken und ich fühle mich nackt. Irgendwie gruselig. So gruselig das sich die Haare in meinem Nacken wieder aufstellen. "Ich weiß nicht, warum ich dir das erzählt habe. Es tut mir leid, ich wollte dich nicht mit meinen Problemen belasten." "Hast du mir überhaupt zugehört?" Ihr prüfender Blick ruht auf mir und ich gehe in Gedanken die letzten Minuten durch. Ihre offene Art ist anders und ich bin es nicht gewohnt, dass Menschen offen und ehrlich zu mir sind. June ist anders. Sie ist leicht, unvoreingenommen und offen. Sie guckt mich nicht mit diesem Blick an. 

Noch immer ruhen ihre Hände auf meinem Oberarm und eigentlich sollte mich das stören, aber ganz im Gegenteil, ich genieße es. "Vielleicht sollte ich nach Hause gehen und wir vergessen das alles." Ich versuche meinen Körper zu bewegen. Doch sie hält mich fest. "Nirgendwo wirst du hin gehen. Du hörst mir jetzt zu. Ich lass dich in deinem Zustand nicht gehen. Ich sehe die Angst und Panik in deinen Augen. Ich kann dich nicht einfach gehen lassen!" Ihr Gesicht ist ernst. Sie meint es ernst und ich verwerfe die Gedanken an Flucht. "Warum?" Eine einfache Frage. Warum ist es ihr so wichtig? Wir kennen uns doch gar nicht. Ich bin ein Fremder der zufällig in ihr Cafe gestolpert ist. Ihre Gesichtszüge werden wieder weicher und ein Grinsen macht sich breit. "Ich habe keine Ahnung. Wirklich nicht. Wir haben alle unser Päckchen zu tragen, es ist leichter wenn jemand beim tragen hilft." "Mein Päckchen ist groß und schwer. Ich bin es gewohnt alleine zu tragen." Gebe ich nüchtern von mir. "Auf meinen Schultern ist noch Platz. Hör auf so viel zu denken. Können wir jetzt weiter? Wir kommen sonst zu spät." Sie lässt mich los und wo eben noch ihre Hände langen, spüre ich eine ungewohnte Kälte. Sie dreht sich um und geht einfach los. Ich bleibe wie angewurzelt stehen. Zu sehr bin ich noch mit den Ereignissen beschäftigt. 

"Kommst du oder willst du mich wirklich alleine durch den Park laufen lassen?" Sie ist schon ein ganzes Stück entfernt und ich muss die Augen etwas zusammen kneifen, um sie noch zu erkennen. Ich sollte sie wirklich nicht alleine durch den Park laufen lassen. Ich setzte einen Fuß vor den anderen und hole sie mit großen schnellen Schritten wieder ein. Schweigend gehe ich neben hier. Sag etwas, irgendetwas. Die Stille ist irgendwie bedrückend. Normalerweise mag ich Stille und Ruhe. Heimlich und aus dem Augenwinkel heraus beobachte ich ihr Gesicht. Sie ist wirklich schön. Ich frage mich, wie sich ihre Haut anfühlt. Sicher weich und warm. Moment, wo kommen diese Gedanken her? "Gehst du oft alleine durch den dunklen Park?" Idiot. Die Frage hätte ich anders stellen sollen. Hört sich irgendwie komisch an. Sie lacht laut auf. "Wieso, willst du mir beim nächsten mal in einem Busch versteckt auflauern? Dann setz aber nicht wieder deine pinke Mütze auf, sonst seh ich dich gleich." Ihr Lachen ist so laut, dass es durch den ganzen Park schallt und einige Vögel aufschreckt. Sie hält sich die Hand vor den Mund, um ihr Lachen zu ersticken. Ich kratze verlegen an meinem Nacken. "So war es nicht gemeint. Ich meine..." "Schon gut." unterbricht sie mich. "Ich weiß schon, wie du das meinst, aber die Vorstellung wie du in einem Busch hockst mit deiner auffälligen Mütze, war einfach zu witzig." Sie hat einen schrägen Humor. Das mag ich. "Ja sehr witzig." Gebe ich gespielt verletzt von mir. "Ja oder? Zwei mal die Woche gehe ich hier lang. Manchmal ist es wirklich gruselig, gerade in den dunklen Monaten. Ich könnte auch einen anderen Weg nehmen, aber der durch den Park geht es schneller." "Zwei mal die Woche? Das heißt, wo wir hin gehen, ist etwas, was du regelmäßig machst? Du brauchst dazu bequeme Sachen. Sport?" "Gut kombiniert, Sherlock. Ja es ist Sport, aber nicht so wie du denkst. Es ist mehr als nur Sport. Es ist den Körper und den Geist in Harmonie bringen." Wir biegen noch einmal links ab und ich kann eine Straße sehen. "Also Yoga?" "Nicht ganz. Es geht um Konzentration, Zentrierung, Kontrolle, um die Atmung, Präzision und fließende Bewegungen. Hast du schon einmal Pilates gemacht?" "Sport in einer Gruppe? Nein." Meine Alarmglocken schrillen sofort auf. Mein Herz schlägt unregelmäßig und ich habe das Gefühl, es springt mir gleich aus der Brust. Mein Atem stockt und weicht nur stoßweise aus meiner Lunge. June greift nach meiner Hand und drückt sie fest. "Atme ruhig, Harry. Ein und aus. Ein und aus. Ein und aus." Ich konzentriere mich auf ihre Worte. Ich höre auf ihren Atem. "Siehst du, gar nicht so schwer. Du brauchst keine Angst haben. Ich habe dir doch vorhin gesagt, dass du keine Autogramme geben musst." Wenn es nur die Autogramme wären... "Ich nehme immer Einzelstunden. Nur meine Trainerin und ich werden da sein. Also atme und versuch dich zu entspannen und los zu lassen." Wir gehen über die Straße und stehen vor einem großen roten Backsteingebäude. Ein kleines Schild mit einem Strauß und dem Namen Peacock ziert die Wand. 

"Bereit?" fragt June mich mit einem breiten Lächeln. Nein bin ich nicht, wirklich überhaupt nicht. Meine Hände sind nass. 

"Ja." 

Touchless \\Harry StylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt