Verrückter Stalker

160 12 10
                                    

Harry

Völlig kraftlos liege ich in meinem Bett. Der Tag hat mir viel abverlangt. Mein Schädel brummt. Ich will aber nicht wieder eine Tablette nehmen. Schlaf ist das einzige was mir jetzt helfen wird. Ob June gut zu Hause angekommen ist? Wieso habe ich nicht darauf bestanden, sie nach Hause zu bringen? Wie kann ich eine junge Frau alleine durch London fahren lassen? Und warum habe ich nicht nach ihrer Nummer gefragt? Idiot ruft mir meine innere Stimme zu. Ja das bin ich wirklich, aber ich war einfach überfordert. Überfordert mit ihr. Überfordert mit mir. Wie so oft. Was mich noch immer wundert, ist warum ich ihre Nähe zulassen kann. Warum machen mir ihre Berührungen nichts aus? Wie schafft sie es mich zu beruhigen? Wie hat sie es geschafft, mich aus meiner Panik zu holen? Werde ich sie wieder sehen? Will ich sie wieder sehen? Ja, Jaaaaa. Hallt es in meinem Kopf wieder. 

Licht fällt durch die Fenster in mein Schlafzimmer. Ich schaue auf dir Uhr in meinem Telefon. Es ist 10 Uhr am Morgen. Ich habe geschlafen. Ich habe durch geschlafen. Kein Traum der mich wach hält. Einfach 9 Stunden geschlafen. Mein Kopf schmerzt nicht mehr und ich fühle mich erholt. Ich wähle Lias Nummer. Nach dem 5. Klingeln geht sie ran. Ich wollte gerade auflegen. Geduld ist nicht meine Stärke. "Hi Harry. Schön von dir zu hören." Lia ist seit ein paar Jahren meine Therapeutin. Sie hat mir schon durch viele schlechte Momente geholfen und ich hoffe, sie wird es auch jetzt wieder schaffen. "Hey ich bin in London. Hast du vielleicht Zeit für mich?" Ich kreuze meine Finger und hoffe das sie ja sagt. "Warte, lass ich mich in meinen Kalender gucken. Mhh... Heute ist es schlecht. Morgen? 13.00 Uhr?" Noch bis morgen warten. Okay ich werde es schaffen. "Ja ist okay. 13.00 Uhr bei dir." "Alles klar. Notiere ich mir. Wir sehen uns. Pass auf dich auf." "Mach ich. Bis dann." Punkt eins auf meiner Liste erledigt. Ich setze einen imaginären Haken.

***

Mit einer großen Stofftasche bewaffnet, mache ich mich auf den Weg zum Bioladen. Ich bin voller Energie und gut gelaunt. Mein Kühlschrank ist so leer, dass nicht mal mehr Milch für ein Müsli da war. Als ob da noch Müsli gewesen wäre. Ich hatte also nur einen Tee zum Frühstück. Meine Füße tragen mich durch die breite Straße. Durch meine Kopfhörer dringt die Stimme von Mick Jagger. Die Stones begleiten mich schon mein halbes Leben. Ich bin durch die Songs so abgelenkt, dass ich nicht viel von meiner Umgebung wahrnehme. Erst als ich vorm Redemption stehe, ist mir bewusst wo meine Füße mich hin gebracht haben. Ich stehe direkt vor der Tür. Mein Herz fängt an zu klopfen. Meine Hände schwitzen. Jetzt umdrehen wäre peinlich. Junes Kollegin hat mich schon gesehen. Was solls. Ein Kaffee und ein Frühstück vorm Einkaufen ist nicht die schlechteste Idee. Ich schwinge die Tür auf und gehe direkt auf den Tresen mit den duftenden Auslagen zu. Mein Blick schweift suchend durchs Cafe. Unerwartet macht sich Enttäuschung breit, als ich June nicht sehen kann. "Hi, weißt du schon was du möchtest?" Ja June. Hoppla, wo kommt denn dieser Gedanke her? "Einen Kaffee und Rührei mit Toast bitte." "Gerne, noch was süßes dazu?" Ja, June. Styles, reiß dich zusammen. "Nein danke. Ich geh dort rüber in die Ecke." "Ist gut. Ich bring dir gleich alles zum Tisch." "Danke." Ich bezahle und gehe in die Ecke wo ich gestern gesessen habe. Sollte ich nach June fragen oder wirkt es, als wäre ich ein verrückter Stalker? Habe ich das Recht nach ihr zu fragen? 

Unsicher rutsche ich auf die Bank und lass meinen Blick durch den Innenhof wandern. Heute ist es grau draußen. Fehlt nur noch der Regen und es wäre ein typischer Tag für London. Der kleine Teich fängt meinen Blick. Vielleicht sollte ich mir auch einen auf meinem Grundstück anlegen. Etwas Platz hätte ich noch. Die Idee ist gar nicht so schlecht. Klapperndes Geschirr reißt mich aus meinen Gedanken. Junes Kollegin sieht aus wie ein moderner Hippie, wilde Dreadlocks die auf ihrem Kopf zu einem Knoten gewickelt sind. Ein langes buntes Kleid und dazu schwarze Boots. Ich mag ihre Erscheinung. Sie stellt die Tasse und den Teller auf den Tisch. "Ich bin übrigens Maze. Du warst gestern schon hier oder?" "Ich bin Harry. Freut mich dich kennen zu lernen. Ja genau ich war gestern schon hier. Kann ich dich was fragen?" "Dann willkommen zurück." Sie spricht mit einem Akzent. Ähnlich wie Niall. "Klar kannst du fragen." antwortet sie mit einem Grinsen. "Hat June heute frei?" Jetzt ist es raus. Gott was mach ich hier? "June ist heute in der Uni. Hattet ihr euch verabredet? Ich kann ihr schnell schreiben, wenn du möchtest." "Nein ist schon okay. Wir waren nicht verabredet. Ich hatte gehofft, sie hier zu treffen." "Es tut mir Leid, dass ich dich enttäuschen muss, aber sie hat den Rest der Woche frei und ist erst nächste Woche hier." Schade. "Vielen Dank für die Information. Dann versuche ich es nächste Woche einfach noch einmal." "Ich kann ihr gerne schreiben, dass du hier bist. Das ist kein Problem." Sie zwinkert mir zu. Irgendwie fühle ich mich ertappt und unwohl in dieser Situation. "Ich komm einfach wieder. Es eilt nicht. Danke." Und jetzt geh bitte. Als hätte sie meine Gedanken gehört, dreht sie sich um und geht. 

Ich beiße genüsslich in mein Toast und trinke einen Schluck Kaffee. Es schmeckt beides sehr gut und ich merke wie hungrig ich schon wieder bin. Ich esse die komplette Portion auf und scrolle durch meine Nachrichten. Ich schreibe Jeff kurz, dass es mir besser geht und ich morgen einen Termin bei Lia habe. Den Rest lass ich unbeantwortet. Ich öffne Twitter und bringe mich kurz auf den neuesten Stand. Nachdem ich den letzten Schluck Kaffee getrunken habe, schnappe ich meine Sachen und mach mich endlich auf den Weg zum Einkaufen. Ich bin etwas stolz auf mich, da ich heute schon so viel geschafft habe. Immer in kleinen Schritten. Ich verabschiede mich noch kurz von Maze , die mich mit einem prüfenden Blick anschaut. Irgendwie ist sie komisch. Ich kann sie nicht einordnen. Meine Kopfhörer finden wieder ihren Platz in meinen Ohren und ich drücke auf Play. Diesmal schaffe ich es ohne Umweg in den Laden. Ich erledige meinen Einkauf schnell und bin schon wieder auf dem Weg nach Hause. Zu hause angekommen verstaue ich den Einkauf. Wieder ein Haken auf meiner Liste. Ich habe mir vorgenommen heute Abend ein Gemüsecurry zu kochen. Für die Mahlzeit zwischendurch muss ein Sandwich reichen. Meine Koffer stehen noch auf dem Plan. Ich wollte sie ausräumen. Ordnung schaffen. Ordnung tut mir gut. Ich habe es gerne ordentlich und sauber. Ich schreibe der Reinigungsfirma, dass sie ab morgen wieder Personal schicken können und schicke kurz die Uhrzeit mit, damit ich hier morgen keinen bei seiner Arbeit störe. Oder besser gesagt, dass ich unnötigen Kontakt vermeide. Win win für beide Seiten. 

Meine Koffer sind schnell leer und die erste Waschmaschine läuft. Meine Mom hat mir früh beigebracht, alleine klar zu kommen und ich bin ihr dafür sehr dankbar. Ich beschließe ein Bad zu nehmen. Auf dem Weg nach oben sammel ich noch mein Buch und mein Telefon ein. Ich kippe die halbe Flasche Badeschaum in die Wanne und drehe den Wasserhahn auf. Vorsichtig lass ich mich in das warme Wasser gleiten. Es ist etwas zu heiß und ich bekomme eine Gänsehaut. Das Buch Burning Water, Drowning in Flame von Bukowski liegt neben mir und ich muss über den Titel lachen. Irgendwie passend. Ich habe das Buch schon ein paar mal gelesen, aber ich blättere gerne durch seine Gedichte. Bevor ich es mir mit dem Buch gemütlich mache, schaue ich noch einmal auf mein Telefon. Eine Nachricht auf Instagram weckt meine Aufmerksamkeit. Ich bekomme viele private Nachrichten und meistens bin ich davon genervt aber der Name, der mir gerade angezeigt wird... Ich traue mich nicht sie zu öffnen. Ich schaue erst auf das Profil, um ganz sicher zu sein.. Keine Bilder. Nur der Name und ein Profilbild. Blaue Augen, eine kleine Nase mit ein paar Sommersprossen. HalbFrühlinghalbSommer. Soll ich sie öffnen? Ich tippe auf die Nachricht. 


Touchless \\Harry StylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt