Saftkur

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June 

Mit dem Rücken an das große dunkle Tor gelehnt stehe ich da. Mir ist heiß, obwohl es draußen so kalt ist und ich meine Jacke nicht an habe. Ich möchte weinen, aber ich habe mir geschworen nicht mehr wegen einem Typen zu heulen. Vor allem für keinen den ich 5 Minuten kenne. Doch warum brennen meine Augen so und warum tut es so weh? Wieso stößt er mich so weg? Ich dachte wir wären einen kleinen Schritt vorwärts gegangen. Durch April weiß ich, einen Schritt nach vorne, zwei zurück. Sollte ich zurück gehen oder ihm Raum geben? Meine Gedanken rasen, genau wie mein Herz. "Fuck" Ich ziehe mir meine Jacke an, etwas zu energisch versuche ich meinen Arm durch den Ärmel zu stecken. Funktioniert natürlich nicht. Wut macht sich in mir breit. Warum muss es so kompliziert sein und warum bekomme ich meinen beschissenen Arm nicht in diese verfickte Jacke. Wie ein kleines wütendes Kind, dass keinen Lolli an der Kasse bekommt, stampfe ich mit dem Fuß auf. Durchatmen und neuer Versuch. Okay, die Jacke passt. Ich gehe. Ich werde nicht zurück gehen. Er kann mich mal. Harry fucking Styles kann mich mal am Arsch lecken. Ich gehe. 

Völlig gerädert sitze ich in einer Vorlesung über ich weiß es nicht. Ich hätte heute Morgen einfach in meinem Bett liegen bleiben sollen. Ich hätte weiter an die Decke starren sollen. Hätte mehr Sinn ergeben, als jetzt hier in der Uni zu sitzen. Harry hat sich nicht gemeldet. Natürlich hat er sich nicht gemeldet, hat mir ja deutlich gemacht, dass er mich nicht will. Aber ich kann ihm einfach nicht glauben. Da ist etwas zwischen uns. Ich kann nicht beschreiben, was es ist. Unsere Körper reagieren aufeinander. Bei seinem Aussehen ist es aber auch kein Wunder. Er ist wirklich heiß. Sein Verhalten überhaupt nicht. Natürlich wusste ich, auf was ich mich einlasse und das es nicht einfach wird. Ich bin einfach nur genervt, dass er es nicht mal versucht hat. Erst küssen und mich dann weg schicken. Mein Bleistift zerbricht und meine Kommilitonen drehen sich zu mir um. Die Wut ist zurück oder besser gesagt, war sie gar nicht weg. Je mehr ich über den Abend nachdenke, umso größer wird sie. Ich muss mich unbedingt ablenken.  Vielleicht könnte ich versuchen, mich auf den Dozenten zu konzentrieren. Vielleicht schreibe ich auch einfach Flo und frage, ob wir uns treffen können. Ich entscheide mich für letzteres. Natürlich hat Flo Zeit für mich. Wir verabreden uns auf unserer kleinen Bank in der Nähe der Mensa. Er will sich noch schnell was zu essen holen und ich weiß, wie wichtig das ist. Unterzuckert und hungrig wird er mir nicht helfen. Ich brauche ihn heute mit all seinem Hirn und nicht total angepisst. Da Flo meistens auf Diät ist, ist er oft angepisst. Die letzte Saftkur, ich hätte ihn auf den Mond schießen können, ist schon eine Weile her und ich hoffe er wiederholt das nicht so schnell. Flo ist einer meiner heißesten Freunde, mit dem aktivsten Sexleben. Manchmal frage ich mich, wie er das schafft. Wie er das durchhält. Liegt vielleicht an dem vielen Sport den er macht. Vielleicht sollte ich auch mehr Zeit auf einem Crosstrainer verbringen, als immer Pilates zu machen. Hach, wenn er nicht vom anderen Ufer wäre, hätte ich ihn schon geheiratet. Er ist zwar oft mürrisch, aber eigentlich ist er der liebste Mensch auf Erden. 

Am abgemachten Ort, sitze ich mit einem Becher Kaffee und halte Ausschau nach ihm. Ich mache ihn am Eingang der Mensa aus. Bewaffnet mit einer Tüte unterhält er sich mit einem Typen. Blonde Locken und etwas kleiner als Flo. Von hier kann ich sehen, dass er Flo's Charme total verfallen ist. Wer würde es nicht. Schwarze enge Hose, dunkler Pulli, Lederjacke und um alles perfekt zu machen eine dunkle Sonnenbrille. Die Sonne scheint nicht, aber es interessiert Flo nicht und das liebe ich an ihm. Ich sehe wie die beiden ihre Telefone raus holen, wahrscheinlich tauschen sie gerade Nummern aus. Das schafft auch nur er. Kommt aus der Mensa und macht sein nächstes Date klar. Er wirft dem Typen noch sein typisches Grinsen zu und schlendert dann gewohnt lässig in meine Richtung. Wieder einmal frage ich mich, was er hier auf dem Campus macht. Eigentlich gehört er auf einen Laufsteg und nicht an eine lahme Uni. Endlich hat er seinen Walk beendet und gesellt sich zu mir auf die Bank. "Na Stinktier, wo brennt es?" Ich verdrehe die Augen, dieser Spitzname passt so gar nicht und ich hasse ihn. Denn eigentlich ist er das Stinktier auf Saftkur. "Ach Flo. Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll." Ich schnaufe und knippel an meinem Pappbecher. "Am besten am Anfang." Wieder verdrehe ich die Augen. "Ich hab jemanden kennengelernt." fange ich an. "Ist er heiß?" Warum wollte ich Flo nochmal treffen? "Das ist nicht hilfreich. Aber ja. Sehr. Das ist aber nicht das Problem." "Er ist schlecht im Bett. Ist meistens mit heißen Typen so. Außer natürlich bei mir. Brauchst du Tipps?" unterbricht er mich." "Man Flo. Halt jetzt deine Klappe. Iss was und hör zu."

Er macht was ich ihm gesagt habe und hört sich alles an. "Der Typ ist echt durch. Hast du wirklich die Kraft, dir das anzutun? Ich meine du kannst ihn nicht mal anfassen, ohne das er in Panik ausbricht. Wie lange willst du mit dem Sex warten bis er endlich so weit ist? Wenn ihm ein Kuss schon solche Angst macht. Oder liegt es an dir? Wir können das gerne testen und ich kann dir sagen ob es an dir liegt." Er wackelt mit den Augenbrauen und ich möchte ihn schlagen. "Nein Spaß bei Seite, er scheint dir wichtig zu sein. Weißt du warum er solche Probleme hat? Er wird doch sicher in Therapie sein oder?" Jetzt ist sein Gesicht ganz ernst, immer wenn er ernst wird, legt sich seine Stirn in Falten und lässt ihn um einiges älter wirken. Da ich weiß, wie eitel er ist, sage ich ihm das natürlich nicht. "Ja er ist in Therapie, schon eine ganze Weile, aber er hat es in letzter Zeit schleifen lassen. Er ist beruflich sehr eingespannt und sein Beruf war auch der Auslöser für seine Ängste. Er ist..." Er unterbricht mich. "Jesus er ist ein Stricher. June auf was hast du dich denn da eingelassen und wo hast du ihn her?" "Nein er ist kein Stricher. Er ist Harry fucking Styles." Ruckartig dreht er sich um, greift an meine Schulter und schaut mich mit großen Augen an. "Stopp, du willst mir nicht gerade erzählen, dass du Harry -ich habe die schönsten Augen und die heißeste Stimme- Styles fickst?" Wenn das Thema nicht so ernst wäre, hätte ich jetzt vor Lachen unter der Bank gelegen. "Nein ich schlafe nicht mit ihm, obwohl ich schon gerne würde. Leider habe ich dir gerade erklärt, was nach unserem Kuss passiert ist und wir wirklich weit weg von allem anderen sind. Man Flo, was mach ich denn jetzt? Er hat mich einfach weg geschickt." Ich nehme den letzten Schluck kalten Kaffee aus meinem kaputten Becher und schmeiße ihn in Richtung Tonne. Natürlich daneben. Passt zu meinem Tag. "Himmel, ich kann auch gar nichts." Wütend stapfe ich zur Tonne und stopfe den Becher rein. 

"Du gibst dir aber nicht die Schuld an allem, oder? Ich meine Styles scheint ganz schön fertig zu sein. Da hast du Stinktier keine Aktien dran. Er hat einfach kalte Füße bekommen und wahrscheinlich ist sein Kopf einfach noch nicht so weit und viel lauter als sein Herz. Gib dir bitte nicht die Schuld dafür." Er zieht mich in seine Arme und ich liebe ihn noch mehr dafür. "Was mache ich denn jetzt? Eigentlich hatte ich gar kein Bock mehr, mich auf irgendwelche Typen einzulassen und dann stolpert er einfach in mein Leben. Ich will ihn nicht aufgeben, denn ich denke da ist etwas zwischen uns." Ich will nicht heulen. Ich will nicht heulen! "Ich weiß, aber manche Menschen kann man nicht retten und manche sind es auch nicht wert gerettet zu werden. Als erstes solltest du auf dich achtgeben. Du bist das Wichtigste. Es bringt nichts wenn du ihn rettest und dabei kaputt gehst." Er streicht mir über die Haare und ich kann meine Tränen nicht zurück halten. "Ich glaube das ist das Problem. Genauso denkt er auch. Er denkt, er ist es nicht wert gerettet zu werden und will mich schützen. Ich will aber gar nicht geschützt werden. Ich hab Bock auf Chaos. Ich will endlich wieder leben und etwas fühlen. Gerade ist es scheiße was ich fühle, aber es gab ja auch andere Momente." Ich atme tief durch und wische mir die Tränen aus dem Gesicht. "Das kannst nur du selbst entscheiden. Ich kann dich in deinen Entscheidungen nur unterstützen und für dich da sein, wenn es doch nicht so läuft, wie du es dir wünscht." Ich drücke ihn fest. Es tut gut mit ihm zu reden, auch wenn ich nicht weiß, wie es jetzt weiter geht. "Und Stinktier? Wenn du ihn nicht fickst, gib mir seine Nummer. Ich kläre ihn für mich." Wieder wackelt er mit seinen Augenbrauen und wieder möchte ich ihn einfach schlagen.

 "Nein."

Touchless \\Harry StylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt