Eine Freundin

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Harry

"Du bist so ein dämlicher Esel Harry Styles. Du weißt, dass du Leute hast, die dich lieben so wie du bist. Warum sprichst du nicht? Wie kommst du auf die Idee immer alles mit dir selbst aus zumachen? Jetzt ist es, wie es ist und wir müssen gucken, wie wir dich wieder auf die Beine bekommen. Alles wird gut, dass weißt du oder?" Ich liebe sie. Ich liebe ihre offene und ehrlich Art aber, was ich schon immer am meisten an ihr mochte, ist ihre positive Art. Sie sieht in allem immer das Beste. Selten hat sie negative Gedanken. Sie nimmt das Leben so wie es ist, obwohl sie schon so viel durchgemacht hat. Es gab eine Zeit, da ging es ihr wirklich mies und viele hätten an ihrer Stelle aufgegeben. Nicht Katharina. Sie gibt nicht auf, egal wie schlecht es ihr geht. Ich bewundere ihre Stärke und wäre ich nur halb so stark wie dieser kleine Wirbelwind, würde mir das schon reichen. "Was schlägst du vor? Bei Lia war ich schon und habe nächste Woche noch einen Termin." sage ich vorsichtig. 

"Erstmal rufst du nachher dieses Mädchen an. Es kann nicht sein, dass sie für dich da war und du sie jetzt ignorierst." "Ich ignoriere sie nicht... Ich habe ihr geschrieben." falle ich ihr ins Wort. "Dein ernst Styles? Wärst du mein Freund..." Das Wort Freund setzt sie mit den Fingern in Gänsefüßchen. "...ich wäre sauer, wenn du mir so schreiben würdest. Ich weiß, du kannst das besser. Hör auf dir selbst im Weg zu stehen. Das machst du immer. June scheint es wert zu sein, sich etwas mehr Mühe zu geben. Sorry, ich war unterwegs. Sorry, ich habe gepennt. Was stimmt mit dir nicht? Warum nimmst du nicht dein Telefon und rufst sie an? Sie kennt deine Probleme und ist noch nicht weggelaufen. Sie scheint wirklich an dir interessiert zu sein. Mach es dir einfach nicht kaputt. So, aber bevor du sie anrufst, kümmern wir uns erstmal um dein hübsches Gesicht. Du siehst fürchterlich aus. Ich will gar nicht wissen, was du in den letzten Wochen gegessen und getrunken hast." Sie greift nach meinem Kinn und dreht meinen Kopf nach links und rechts um mein Gesicht genauer unter die Lupe zu nehmen. Grüne prüfende Augen scannen meine Haut. Katharina ist ein Profi auf ihrem Gebiet. Eigentlich ist sie Visagistin, hat sich in den letzten Jahren aber auf Problemhaut spezialisiert. "Glaube mir, dass willst du wirklich nicht wissen." gebe ich mit einem verlegenen  Grinsen zu. "Als Gemma mir am Telefon erzählt hat, dass du in London bist und du mich nicht angerufen hast, habe ich mir sowas schon gedacht. Gib mir deinen Schlüssel, ich hab mein Zeug im Auto. Mach es dir schon mal bequem. Deine Haut bekommen wir wieder hin. Morgen wirst du wieder strahlen Sonnenschein." Und schon ist sie aufgesprungen und schlüpft mit ihren riesen Socken einfach in meine Schuhe. "Der Schlüssel liegt auf der Kommode." rufe ich ihr hinterher. 

Sie hat recht. Ich sollte June wirklich anrufen und ich mag es nicht auf später verschieben. Jetzt oder nie. Sie nimmt nach dem dritten Klingeln ab und ich fange sofort an zu reden. "Sorry, ehrlich gesagt konnte ich deinen Anruf einfach nicht entgegen nehmen. Ich wollte nicht. Mir ging es nicht besonders gut nach dem Treffen mit meiner Therapeutin. Besser gesagt beschissen. Nimms bitte nicht persönlich. Ich konnte einfach niemanden ertragen, am wenigsten aber mich selbst." Etwas aus der Puste verfalle ich in schweigen. "Kein Problem Harry, ich verstehe dich. April ist nach ihren Sitzungen auch immer etwas durcheinander. Ich bin dankbar, dass du es mir jetzt gesagt hast. Was war der Auslöser, dass du mich jetzt angerufen hast?" Ihre Stimme ist sanft und legt sich wie Balsam um mein klopfendes Herz. Sie ist mir nicht böse und ich bin wirklich erleichtert. "Ich habe unerwarteten Besuch bekommen. Meine Freundin Katharina ist zu Besuch und hat mir den Kopf gewaschen und mich angeschupst. Weißt du, ich stehe mir oft selbst im Weg und bin froh, dass ich Menschen in meinem Leben habe, die mich immer wieder auf die richtige Bahn schupsen." Verlegen kratze ich mir am Nacken. Es ist wirklich verrückt, dass ich so offen mit June sprechen kann. "Wenn du Besuch hast, dann sollten wir lieber nicht telefonieren. Kümmer dich um deine Freundin und wir verschieben unser Gespräch einfach. Ich möchte euch nicht stören. Nächste Woche bin ich wieder im Cafe. Komm doch einfach vorbei und wir reden dann weiter." Warum klingt sie auf einmal so traurig und warum tut es gerade so weh? "June alles okay? Ich habe dich doch angerufen, also warum solltest du stören? Katharina holt gerade ihre Sachen aus dem Auto und sie kennst sich hier aus. Ich brauch mich also gerade nicht um sie kümmern. Ich möchte mit dir sprechen und mich für mein Verhalten entschuldigen." Ich stehe auf und gehe rüber zum großen Terrassenfenster. Es wird langsam dunkel. Ich höre wie Katharina wieder zurück ist und die Tür ins Schloss wirft. "Bin wieder da Sonnenschein." ruft sie mir zu und ich deute auf mein Telefon. Sie versteht, nickt mir zu und schleicht auf Zehenspitzen in die Küche. 

"Ich lege jetzt auf." Sie scheint mir mein Verhalten doch übel zu nehmen. "June? Habe ich was falsch gemacht? Bist du sauer?" Irgendetwas läuft hier falsch und ich komme nicht drauf. "Ich weiß nicht, ob deine Freundin es gut findet, wenn du mit einer anderen Frau telefonierst." Sie klingt wirklich ernst und so langsam fällt der Groschen und ich muss lachen. "Katharina ist nicht meine Freundin. Sie ist eine Freundin. Meine älteste und beste." Noch immer muss ich lachen. "Lachst du mich aus Styles? Ich finde das nicht witzig. Bei sowas hört wirklich der Spaß auf." Sie ist wirklich sauer. "June es tut mir leid. Ich wollte mich nicht über dich lustig machen. Katharina gehört schon so lange zu meinem Leben, dass es für Außenstehende manchmal wirklich etwas komisch wirkt. Vielleicht habe ich mich auch etwas unglücklich ausgedrückt." Warum June so angespannt reagiert, kann ich mir nicht erklären. Bisher weiß ich ja auch wirklich nicht viel aus ihrem Leben. Als könnte sie meine Gedanken lesen, antwortet sie. "Das ist nichts was ich mit dir am Telefon besprechen möchte. Ich freue mich, dass du dich gemeldet hast. Ich wünsche euch einen schönen Abend." Ihre Stimme klingt sanfter, aber da ist etwas was sie verletzt und ich möchte gerne wissen, was es ist. "Hast du morgen etwas vor? Ich möchte dich gerne sehen." frage ich sie direkt und es ist die Wahrheit. Ich genieße die Zeit mit ihr wirklich sehr und es wäre schön, wenn wir uns bald wieder sehen könnten. "Ich wollte morgen was mit meiner Schwester unternehmen. Ich würde mich bei dir melden. Ist das okay für dich?" Das am Telefon ist nicht die June die ich kennengelernt habe, aber ich werde ihr den Raum geben, den sie braucht. "Ja klar. Wenn es nicht passt, ist es auch okay. Sag einfach bescheid. Ich richte mich nach dir." Lügner, schreit mich mein Gewissen an. Ja es ist eine Lüge. Nein es ist nicht okay, wenn es nicht passt, aber was soll ich tun. "Mach ich. Gute Nacht Harry." Ihre Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern. "Gute Nacht Frühling." Ich höre nur noch ein Freizeichen. Ich drücke den roten Button und lass meinen Arm sinken. 

Ich starre aus dem Fenster. Was war das eben und warum tut es so weh? 


June falls ich irgendetwas falsch gemacht habe, tut es mir leid. 


Ich drücke auf senden und schaue wieder aus dem Fenster. 

Touchless \\Harry StylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt