Vanilleeistyp

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June

Sein Kopf ist gesenkt und sein Blick ruht auf seinen Fußspitzen. "Bitte bleib." flüsterte er gerade als ich gehen wollte, aber ich kann nicht. "Harry?" Keine Antwort. "Schau mich an." Langsam hebt er seinen Kopf Der Schmerz in seinen Augen sorgt für ein schweres Gefühl in meiner Brust. Das Atmen fällt mir schwer und ich habe das Gefühl, dass ich ins Taumeln gerate. Ich halte seinem Blick stand und straffe meine Schultern. Ich will stark sein. Für uns beide. "Ich werde nicht bleiben. Harry ich weiß, dass du die Stärke in dir trägst, das zu überstehen. Lass nicht zu, dass vergangene Erfahrungen dein zukünftiges Glück ruinieren. Narben erinnern uns daran, wo wir waren nicht wohin wir gehen. Du schaffst es alleine." Seine Augen werden groß und in seinem Blick liegt etwas, dass ich nicht deuten kann. Es flackert nur ganz kurz auf und schon ist es wieder weg. Ich kann es nicht greifen. Vorsichtig schlinge ich die Arme um seinen Oberkörper und ich merke wie er sich unter meiner Berührung versteift. Ich halte ihn einfach fest und mir ist klar, wenn ich bleibe ist es nicht gut für uns beide. Ich kann zwar für ihn da sein, aber ihm nicht seine Last nehmen, so sehr ich es möchte. Er muss sich seinen Dämonen stellen. Er nickt, als hätte er meine Gedanken gehört. Ich löse meine Arme von ihm und lege meine Hände auf seine Wangen, um ihm noch einmal in die Augen blicken zu können. Mit fester Stimme sage ich: "Du schaffst es. Ich bin für dich da, aber ich kann nicht bleiben. Nicht jetzt. Nicht so." Er nickt nur und weicht meinem Blick aus. 

Die U-Bahn zurück in meine Wohnung ist voll. Für meinen Geschmack etwas zu voll. Ich bin froh, dass ich mir letztes Jahr große Kopfhörer mit Noise Cancelling gekauft habe. Stimmengewirr macht mich fertig. Es ist einfach so anstrengend und die Gespräche Fremder interessieren mich einfach nicht. Ich starte meine Playlist. Jared Letos Stimme erklingt:

What if I wanted to break?
Laugh it all off in your face
What would you do? (Oh)
What if I fell to the floor?
Couldn′t take this anymore
What would you do, do, do?


Come break me down
Bury me, bury me
I am finished with you


What if I wanted to fight?
Beg for the rest of my life
What would you do, do, do?
You say you wanted more
What are you waiting for?
I'm not running from you, from you

Come break me down

Bury me, bury me
I am finished with you
Look in my eyes
You′re killing me, killing me
All I wanted was you

I tried to be someone else
But nothing seemed to change
I know now, this is who I really am inside
Finally found myself
Fighting for a chance
I know now, this is who I really am
Oh-oh, oh-oh, oh-oh

Come break me down
Bury me, bury me
I am finished with you, you, you
Look in my eyes
You're killing me, killing me
All I wanted was you

Come break me down
Break me down
Break me down


(You say you wanted more)
What if I wanted to break?
(What are you waiting for? Bury me, bury me)
(I'm not running from you)
What if I, what if I, what if I, what if I
Bury me, bury me

Das Lied bringt mich zum Nachdenken. Habe ich mich gerade wirklich richtig verhalten? Ich habe ihn zurück gestoßen. Er wollte einfach, dass ich bei ihm bleibe, aber es fühlt sich so falsch an. Doch warum fühle ich mich mit dieser Entscheidung so schlecht? Wäre es wirklich so schlecht gewesen bei ihm zu bleiben? Ich weiß es nicht. Ich bin verwirrt. Auf der anderen Seite, wir kennen uns doch kaum. In meiner Schläfe fängt es an zu pochen. Kopfschmerzen kündigen sich an. Ich schließe kurz die Augen und atme tief durch. 

"Hi Sugar, ich bin wieder zu Hause." Ein Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. Sie hasst diesen Namen. Als Kind war sie vernarrt in Mary Poppins. Sofort habe ich wieder diesen einen Song im Kopf -Wenn ein Löffelchen voll Zucker bittre Medizin versüßt. Rutscht sie gleich noch mal so gut-. Wie wahr. "Du sollt aufhören mich so zu nennen June." Ruft sie mir aus der Küche zu. "Damit werde ich nie aufhören können." "Wo warst du eigentlich die ganze Zeit? Wollten wir nicht heute kochen?" "Ich war bei einem Freund." Ich erzählte ihr die ganze Geschichte von Harry, ließ aber aus um welchen Harry es sich handelt. Ich wollte ihre unvoreingenommene Meinung dazu. Wer könnte sich besser in ihn hinein versetzen als April. Sein Status ist nicht wichtig. "Puh, dass ist heftig." Gibt sie von sich und pustet einmal über den Dampf der aus ihrer Tasse steigt. "Meinst du ich habe mich richtig verhalten? Hätte ich bleiben sollen? Er sah so fertig aus, aber ich konnte einfach nicht." Ich nahm eine Tasse aus dem Schrank und füllte mir etwas Tee aus der Kanne ein. "Was hättest du getan, wenn ich dich gefragt hätte?" "Ich hätte uns die größte Portion Eis geholt und wir hätten uns zusammen mit Edward und Jacob auf die Couch gekuschelt." April liebt Twilight und wir diskutieren jedes mal welches Team besser ist. Team Jacob. In Gedanken wedelt Jacob gerade eine kleine Fahne mit seinem Gesicht drauf. April guckt mich mit einem ernsten Blick an. Ich nehme einen Schluck von dem Tee und nicke ihr zu. "Ich muss nochmal los. Sugar danke. Wir sehen uns morgen." Ihr breites grinsen zeigt mir, dass meine Entscheidung richtig ist. Aus meinem Zimmer hole ich noch meinen Schlafanzug und aus dem Bad Zahnbürste und anderen Kram. 

Vor der Bahn lege ich noch einen Stopp im Spätkauf ein. Ich beuge mich über die große Gefriertruhe. Welche Geschmacksrichtung Harry wohl am liebsten mag? Vanille? Er duftet zwar nach Vanille, aber ich denke nicht, dass er der Vanilleeistyp ist. Ich stehe auf Schoko. Viel Auswahl haben sie hier leider nicht. Für ein Saufgelage hätte ich hier alles bekommen. Bier in verschiedenen Varianten und im Regal reiht sich eine Schnapsflasche an die nächste. Ich greife zu Schoko und Erdbeere. Wird schon passen. Im kleinen Regal über der Eistruhe stehen noch verschiedene bunte Streusel. Versteh einer diesen Ladenbesitzer. Drei Sorten Eis aber mehrere verschiedene Varianten Streusel. Ich entscheide mich für die in Rosa. Sie sind durchsichtig und sehen aus wie viele kleine rosane Kristalle. Schnell bezahle ich alles an der Kasse und verstaue das Eis in meinem Rucksack. 

Die Bahn ist nicht mehr so voll wie vorhin. Die meisten Leute schlafen oder sind in irgendwelchen Clubs. Erst in ein paar Stunden werden sie betrunken und in bester Laune wieder aus den Clubs torkeln und sich in die Bahnen stürzen um nach Hause zu fahren. Die Anbindung zu Harry ist super. Die Haltestelle ist etwa 10 Minuten Fußweg von seinem Haus entfernt. Es ist wirklich schön hier. Ruhig und grün. Die Luft ist irgendwie frischer hier. Nach dem ich die Treppen von der U-Bahn nach oben gestiegen bin, saugt sich meine Lunge gierig mit der frischen Luft voll. Schnell mach ich mich auf den Weg zu seinem Haus. Unsere Verabschiedung ist schon fast zwei Stunden her. Ich hoffe er ist noch wach. Das Eis in meinem Rucksack findet langsam den Weg zu meinem Rücken. Es ist wirklich kalt und eine Gänsehaut breitet sich aus. Noch einmal um die Ecke und ich bin da. In der ersten Etage brennt noch Licht. Mein Herz fängt an schneller zu schlagen. Ich glaube ich bin nervös. Ich nehme mein Telefon aus der Tasche und schreibe April kurz, dass ich da bin. Sollte ich ihn anrufen und ihm sagen das ich da bin? Nee, ich klingel einfach. Ich drücke auf den Knopf und warte. Nichts passiert. Keine Regung. Ich klingel noch einmal, aber nichts passiert. Ich ziehe noch einmal mein Telefon aus der Tasche und rufe ihn an. Nach dem 5. Klingeln hebt er endlich ab. 

"June? Alles okay? Bist du gut zu Hause angekommen?" "Nein, ähm ja, doch. Mir ist kalt und ich habe Eis im Rucksack. Kannst du mir die Tür aufmachen?" Stille, ich höre nichts. Ich nehme mein Telefon vom Ohr, um zu gucken ob die Verbindung noch steht. "Harry? Ich stehe vor deinem Tor. Kannst du mich bitte rein lassen?" Ich höre wie er ausatmet. Hat er die ganze Zeit die Luft angehalten? "Ich kann auch wieder gehen." Ungeduldig trete ich von einem auf den anderen Fuß. 


Touchless \\Harry StylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt