Der Drache und der Wolf

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Harry

Noch immer in den Klamotten von gestern Abend sitze ich in dem kleinen Flieger. Ich kann meine Beine nicht ausstrecken. Es ist eng und die Luft ist schlecht. Nur eine Stunde fliegen, ruft meine innerer Stimme mir zu. Ich versuche mich zu entspannen, setze meine Kopfhörer auf und starte meine Playlist. Das Fliegen an sich ist nicht schlimm, wenn man sich nicht mit fremden Menschen eine Reihe Sitze teilen müsste. Ich habe Glück und meine Reihe bleibt leer. Das Flugzeug hebt endlich ab und ich rutsche etwas tiefer in meinen Sitz. Die Kapuze und Sonnenbrille verdecken mein halbes Gesicht. Das Bordpersonal dreht seine Runde und fragt die Passagiere nach ihrem Wohlbefinden und bietet Getränke an. Ich entscheide mich für einen Wodka. Mein Blick wandert auf die Uhr in meinem Telefon. 15: 30 Uhr. Die Tragik ist mir bewusst, aber es ist mir egal. Den Wodka kippe ich einfach runter. Eine brennende warme Spur verteilt sich durch meine Speiseröhre bis in den Magen. Ich bin müde und schließe meine Augen, doch an Schlaf ist nicht zu denken. Sobald ich meine Augen schließe, flackern Bilder durch meinen Kopf. Hände, wieder überall Hände die mich berühren möchten. Schnell öffne ich meine Augen und setzte mich aufrecht hin. Es sind nur Bilder, versuche ich mich zu beruhigen. Den letzten Teil des Fluges sitze ich kerzengerade und angespannt in meinem Sitz. Ich habe noch zwei Gläser Wodka getrunken und langsam setzt dieses benebelte Gefühl ein. 

***

Erleichtert stoße ich die große dunkle Eingangstür auf und schmeiße meine Tasche und den Koffer in die Ecke. Ich seufze laut. Endlich zu Hause. Es ist bereits dunkel draußen. Dunkel, kalt und nass. London Ende Februar ist nicht schön, aber ich schätze die Ruhe. Hier in Hampstead direkt am Park ist im Winter nicht viel los. Im Frühling und im Sommer, wenn alles grün ist, sind die Wiesen voll mit Picknickdecken und Familien die das Wetter genießen. Ich beschließe sofort nach oben zu gehen und es mir im Bett gemütlich zu machen. Auf dem Weg nach oben hole ich mir noch eine Flasche Wodka aus dem Kühlschrank und ein Glas aus dem Schrank. Essen werde ich mir später bestellen und liefern lassen. Erstmal brauche ich etwas Schlaf. Ich hoffe darauf, dass mir der Wodka helfen wird. Im Schlafzimmer angekommen, schalte ich mein Telefon aus, lege es auf die kleine Kommode neben meinem Bett und ziehe die Vorhänge zu. Die kleine Lampe auf der Kommode taucht das Zimmer in ein warmes Licht. Ich öffne die Flasche und gieße das Glas halb voll, um es gleich danach wieder leer zu trinken. Der Alkohol brennt im Hals und ich muss mich kurz schütteln. Den Vorgang wiederhole ich noch einmal... und noch einmal. Der Nebel in meinem Kopf wird immer mehr. Meine Beine werden schwer und ich schaffe es kaum aus meiner Hose und den Strümpfen. Ich stolpere ins Bett und lande auf dem Bauch. Ich habe keine Kraft mehr mich zu bewegen und bleibe einfach so liegen. Mit großer Anstrengung ziehe ich ein Kissen unter meinen Kopf und bleibe dann quer und über die komplette Länge ausgestreckt liegen. 

Meine Augen fallen immer wieder zu und ich kämpfe nicht dagegen an. Endlich schlafen. Endlich in meinem Bett schlafen. Es riecht nach zu Hause. Mein Kissen ist weich und der Bezug kuschelig. Nicht diese Steife Wäsche aus den Hotels. Meine Gedanken werden immer leiser und ich drifte weg, nur um nach einem kurzen unruhigen Schlaf wieder hochzuschrecken. Mir ist kalt, meine Haare und mein Körper sind nass. Wieder ein schlechter Traum. Ich versuche aufzustehen, doch mir ist schwindelig. Ich bleibe erstmal auf der Bettkante sitzen. Mein Magen meldet sich. Wieder habe ich nichts gegessen. Mir wird schlecht. Ich renne rüber in das angrenzende Badezimmer und ich schaffe es gerade so zur Toilette. Es kommt nicht mehr als Flüssigkeit. Mein Magen verkrampft sich schmerzhaft. Vorsichtig und mit langsamen Bewegungen setze ich mich auf den Boden und lehne mich mit dem Rücken gegen die Wand. Meine Beine ziehe ich an meinen Bauch, umschließe sie mit meinen Armen und lege die Stirn auf meinen Knien ab. Der Wodka auf leeren Magen war vielleicht keine gute Idee. Mein Magen ist jetzt noch leerer und mein Kopf ist es auch. Meine Hände fangen an zu zittern.

Tränen laufen mir über die Wangen, anscheinend möchte auch die letzte Flüssigkeit aus meinem Körper. Ich weiß nicht wie lange ich in dieser armseligen Position verharre, aber langsam tut mir mein Hinterteil weh. Ich schleppe mich zurück in mein Bett und diesmal schaffe ich es auch ganz rein. Ein paar Kissen unter meinem Oberkörper sorgen für eine entspanntere Lage. Ich schalte mein Telefon und den Fernseher ein. Die Nachrichten auf meinem Telefon ignoriere ich. Es ist bereits kurz vor elf und ich sollte meinen Körper endlich mit Nahrung versorgen. Ich scrolle durch die Lieferdienste und entscheide mich für Pizza. Ich bestelle gleich zwei, dann brauch ich mich morgen nicht gleich um etwas kümmern. Morgen werde ich dann meine Vorräte und den Kühlschrank auffüllen. Lebensmittel einkaufen stresst mich. Jedesmal steht alles an einem anderen Platz, immer muss man suchen und das meistens unter Beobachtung. 

Ich bleibe bei Game of Thrones hängen, hab bisher nur gutes gehört, aber noch nicht geschafft rein zu gucken. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt. Zum runter fahren, zum ablenken. Staffel 1, Folge 1 startet. Ich bin nicht ganz bei der Sache, da ich nebenbei noch meine Nachrichten beantworte. Jeff fragt ob ich gut zu Hause angekommen bin. Meine Mum fragt wie es mir geht und wo ich mich rumtreibe. Sarah schickt ein paar Gifs mit grumpy Katzen. Gemma erzählt von ihren aktuellen Projekten. Alle bekommen eine kurze, knappe Antwort. Danach schalte ich mein Telefon wieder aus und verfolge das Geschehen. In der Mitte der zweiten Folge klingelt es endlich. Die Pizza ist da. Ich schwinge mich aus dem Bett, halte mir kurz den Kopf, der wirklich schmerzt und stürme zur Tür. Ich bedanke mich mit einem Trinkgeld und nehme die Pizza entgegen. Mit beiden Kartons, einer großen Flasche Wasser und zwei Schmerztabletten gehe ich zurück in mein Schlafzimmer. Einen Karton lege ich auf die freie Bettseite und einen ziehe ich mir auf den Schoss. Die Serie fesselt mich wirklich. Ich verdrücke die ganze Pizza und lege den leeren Karton auf den Boden. 

Die Tabletten wirken und das Pochen in meiner Stirn lässt endlich nach. Ich beschließe noch eine Folge zu gucken und dann auszumachen. 


***

Staffel 7 Folge 7

Ich habe einfach alle veröffentlichten Folgen geguckt. Ernährt habe ich mich von Lieferdiensten. Zwischendurch habe ich mich umgedreht und geschlafen, unruhig und wenig. Ich weiß nicht wie viele Tage ich hier schon liege und ich weiß auch nicht, welcher Tag heute ist. Ich war nicht an der Luft und noch viel schlimmer, ich war nicht duschen. Meine Augen brennen und mein Nacken schmerzt. Meine Beine sind steif. Ich stinke und mein grauer Hoodie ist dekoriert mit verschiedenen Gerichten, die ich in den letzten Tagen oder Wochen gegessen habe. 

Ich habe die Kontrolle verloren. 

Touchless \\Harry StylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt