Öffentlichkeit

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Harry

"Wann musst du eigentlich wieder arbeiten oder zur Uni?" frage ich sie, als wir uns gerade mit einer Schüssel Müsli an den Tisch setzen. Ihr lautes Magenknurren war der Anlass, dass wir doch noch das Bett verlassen haben. Mit den Augen rollend antwortet sie: "Morgen. Erst habe ich zwei Vorlesungen und danach habe ich die späte Schicht im Cafe." In Gedanken versunken stochert sie mit dem Löffel in ihrem Müsli rum. "Alles okay?" Ich greife nach ihrer Hand. Es war eine einfache Frage. Ich verstehe nicht, warum sie gerade so betrübt aussieht. Vorhin im Bett hatte ich schon das Gefühl als würde sie etwas beschäftigen. Von der Leichtigkeit, die ich gestern gespürt habe, war nicht mehr viel übrig. "June?" hake ich noch einmal nach und streiche mit meinem Daumen über ihren Handrücken. Sie schüttelt kurz den Kopf, als wolle sie einen Gedanken los werden, der ihr nicht gefällt. "Ja, alles gut." antwortet sie knapp. "Ich denke nicht. Irgendetwas beschäftigt dich." Keine Ausflüchte. Ich spreche direkt an, was ich fühle. "Ich bin unsicher Harry. Das ist alles. Wie stellst du dir das mit uns vor?" Sie wedelt mit der Hand zwischen uns hin und her. "Das ist eine gute Frage, auf die ich keine Antwort habe. Ich will ehrlich mit dir ein. Meine Fans können, sagen wir es nett, schwierig sein. Bisher haben sie nicht eine Frau an meiner Seite akzeptiert. Sie sagen zwar immer, dass sie wollen, dass ich glücklich bin." Es fällt mir schwer darüber zu sprechen, da es wirklich ein großes Thema ist. Ich verstehe nicht warum sie das tun. Eigentlich versuche ich so viel privates wie möglich aus der Öffentlichkeit heraus zu halten, aber sie sind einfach überall. Ein Wunder, dass es keine Fotos von letzter Nacht aus dem Club gibt, auf denen ich knutschend mit einer fremden Frau zu sehen bin. "Bisher habe ich mich selten mit Frauen in der Öffentlichkeit gezeigt und eigentlich wollte ich das auch beibehalten." Ich fahre mir mit meinen Händen durch die Haare und beobachte ihre Reaktion. Ich wusste, dass so ein Gespräch kommen wird. Ich hatte gehofft, dass wir dafür noch Zeit haben. 
"Ich bin mir nicht sicher, ob ich das will. Ich möchte kein Geheimnis sein. Ich möchte mit meinem Partner ins Kino gehen oder im Park auf einer Decke sitzen. Ich möchte mich nicht verstecken müssen." Nun ist es sie, die meine Hand hält und beruhigend über meinen Handrücken streicht.  "Was heißt das jetzt?" frage ich vorsichtig. "Kannst du denn gar nicht auf Dates gehen? Oder irgendwas außerhalb deiner Häuser?" Sie weicht meiner Frage geschickt aus. "Doch schon. Es gibt immer Wege. In Europa ist es etwas einfacher. Die Fotografen lauern nicht in Horden vor den Restaurants. In Amerika, sieht das anders aus. Da kann man den Haupteingang nicht benutzen. Wenn man da wieder raus kommt, ist es taghell und man verliert schnell den Überblick. Es ist nicht so, dass ich mich immer in meinen Häusern verschanzen muss. In London kann ich mich relativ frei bewegen. Mal mehr, mal weniger. Meistens verstehen meine Fans auch, wenn ich keine Lust auf Fotos oder ähnliches habe. Bei zufälligen Treffen, sind die meisten nett und freundlich. Das Schlimme ist das, was sich im Internet abspielt. Dort sind sie anonym und fühlen sich mutig. Ins Gesicht würden sie mir oder meiner Begleitung so etwas nie sagen. Bereust du es?" Wo ist mein Selbstbewusstsein wenn ich es brauche. "Spinn nicht. Ich bereue nichts. Warum sollte ich auch? Ich bin mir nur nicht sicher, wie du weiter machen willst. Wir leben in unterschiedlichen Welten. Ich bin Studentin und arbeite als Aushilfe in einem Cafe und du bist ein..." Sie überlegt kurz und scheint nicht die richtige Bezeichnung zu finden. "Ich bin Harry." beende ich ihren Satz. "Nein du bist nicht nur Harry. Es wäre schön wenn du nur Harry wärst. Hier bist du es vielleicht gerade, aber nicht wenn wir dieses Haus verlassen. Wenn wir dieses Haus verlassen bist du Harry Styles. Ex- Boybandmitglied und nun Solo Künstler. Harry Styles der bald sein neues Album raus bringt und dann auf große Tour geht. Was habe ich da schon zu bieten? Wie kann ich da mithalten?" Ihr Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern und doch habe ich das  Gefühl, dass sie die letzten Worte schreit. 

"Ist es denn so wichtig, was die Außenwelt denkt? Ist es nicht wichtiger, was hier ist und was ich hier bin?" Ich lege mir meine Hand auf die Brust. "Hier drin, bist du nicht nur eine Studentin. Hier drin bist du June. Halb Frühling, halb Sommer. Mir ist egal, was du für einen Beruf ausübst. Selbst wenn du Katzen züchten würdest, wäre ich fein damit." Das würde meiner Mum wahrscheinlich sehr gut gefallen. "Was meinst du, darf ich dir beweisen, dass ich fast ein normales Leben führen kann? Darf ich dich auf ein Date einladen?" Vielleicht kann ich ihr beweisen, dass es wirklich nicht wichtig ist, was sie macht. Für mich ist es einfach nur wichtig, wer sie ist. "Gib mir bitte noch etwas Zeit, um meine Gedanken zu sortieren. Ja?" Super Styles, wieder hast du es geschafft jemanden zu vergraulen. Ich nicke June zu und versuche nicht ganz so enttäuscht zu wirken. "Danke. Was hast du heute noch vor?" Ich bin überrascht wie schnell sie das Thema einfach wechseln kann und finde nicht sofort eine Antwort. "Keine Ahnung." stammle ich. "Vielleicht zum Sport? Hab noch nicht wirklich etwas geplant. Und du?" Sicher nicht noch mehr Zeit mit mir verbringen... Schreit meine innere Stimme mich an. "Erstmal nach Hause, noch etwas Zeit mit April verbringen und ich muss unbedingt noch etwas für die Uni tun." Da hast du es Styles. Keine Zeit mit dir verbringen. Durchatmen. Sie hat mich um Zeit gebeten. Was auch immer das bringen soll, aber ich werde sie ihr geben. 

Nachdem June wieder los ist, sitze ich auf meinem Sofa und weiß nicht, wohin mit meinen Gedanken. Man es nervt mich einfach. Wieso kann denn nicht einfach mal was funktionieren? Wieso muss immer alles so kompliziert sein? Ich scrolle durch meine Galerie und bleibe bei einem Bild von Gemma und mir hängen. Ich wähle ihre Nummer, nach dem zweiten Klingeln geht sie ran. "Hey, Sonnenschein. Alles okay? Ist etwas passiert?" Wieso fragen das immer alle? "Ja, alles gut. Naja oder eben auch nicht. Was machst du heute? Hast du Zeit für mich?" Zu lange ist es her, dass wir uns gesehen haben. "Natürlich. Für dich immer kleiner Bruder. Wollen wir uns irgendwo treffen oder soll ich zu dir kommen?" Ich kann ihr grinsendes Gesicht vor meinem inneren Auge sehen. Wahrscheinlich freut sie sich genauso wie ich auf unser Wiedersehen. "Ich komme zu dir. Gib mir 20 Minuten. Soll ich was mitbringen?" "Nein hab alles hier. Bis gleich. Fahr vorsichtig." Schon ist das Gespräch beendet und ich raffe mich vom Sofa auf, um mich fertig zu machen. 

Touchless \\Harry StylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt