Mittlerweile war ich wieder am Tisch und die Kellnerin, die uns auch in der Kindheit schon nichts abschlagen konnte, brachte zu den Stühlen auch Brot mit meinem Lieblingsdip als Nervennahrung.
„Wieso seid ihr beiden so verdammt angespannt?", äußerte Phils Vater als erster seine Skepsis.„Oh Liebes, wenn das das zweite Outing beim Familienessen werden soll, dann hol sie schnell ins warme. Du weißt doch, dass wir dich immer akzeptieren werden", sprudelte es dann plötzlich auch aus meiner Mutter heraus. Ich war zwar dankbar, dass sie das so sah, aber das war mir schon bewusst. Sollte ich je eine Frau Daten, hatte sie die Liebe meiner Familie.
„Nein keine Freundin, ein Mann", gab ich leiser als geplant von mir.
„Ach Kleines wovor du dich auch immer fürchtest ich wette in 10 Minuten lachen wir darüber und alles ist beim Alten. Hol ihn schon rein", sprach mir dann auch mein Vater gut zu.Mit einem Seufzen, erhob ich mich vom Stuhl und stopfte mir das Stück Brot in meinen Mund um nichts weiteres sagen zu müssen. Mit einem Blick signalisierte ich Phillip, dass ich jetzt bereit war. War ich das? Ich weiß es nicht...
Draußen angekommen, stieg Alexander direkt aus dem Wagen.
„Ich dachte schon du kommst gar nicht mehr." Sein sanftes Lächeln half mir dabei, mir einzureden, dass das alles halb so wild werden würden und für einen Moment glaubte ich das tatsächlich. Dieses Gefühl hielt genau so lange an, bis ich mit den beiden an meiner Seite das Restaurant betrat.Alexander schrien meine Nervosität zu spüren, denn er festigte seinen Griff um meine Hand und während meine Gesichtszüge immer mehr komplett verloren gingen, strahlten die beiden neben mir über das ganze Gesicht.
Irgendwie süß ich hatte weder bei Leon noch bei Alex je gesehen, dass sie sich über etwas wirklich freuen. Außer vielleicht wenn ich völlig erschöpft darum bettelte, nicht noch einmal kommen zu müssen. Sofort stieg mir die Röte ins Gesicht und auch das blieb nicht unbemerkt.
„Würde ich deiner Mutter gerade nicht direkt ins Gesicht gucken, würde ich ja sagen, dass wir noch kurz ins Badezimmer könnten, aber naja", flüsterte er mir zu ohne seinen Blick von dem Tisch abzuwenden.
Und genau in dem Moment ließ er meine Hand los und lief zu meinen Eltern.
„Guten Abend, es freut mich, dass ich Sie endlich persönlich kennenlernen kann."
Er schien tatsächlich nicht zu erwarten, direkt von den beiden. Umarmt zu werden, dein sein Blick dabei schrie förmlich nach totaler Überforderung.
„Bitte, bitte. Du kannst uns natürlich dutzen"
„In Ordnung. Na dann Reiner und Nicole", sprach er ihnen lächelnd entgegen.„Na komm schon her, Layla. Wovor hast du dich denn gefürchtet? Sind wir so angsteinflößend, dass du uns keinen netten jungen Mann vorstellen kannst?"
Leicht verzweifelt lächelte ich nur und kam den beiden entgegen. Als Leon sich dann in Bewegung setzte, um sich vorzustellen, war ich ihm mehr als nur dankbar. Ich setzte mich hin und sah dabei zu, wie auch er direkt umarmt wurde. Zumindest vom Vater. Phillips Mutter war eine sehr schüchterne Frau unselbstständig, als wir noch Kinder waren, fiel es ihr schwer, mit mir zu sprechen.Irgendwie tat sie mir Leid. Gerade diese Situation musste für sie der Horror sein. Nachdem sich alle sporadisch kennen gelernt hatten und zu meinem Glück niemand gefragt hatte, als was die beiden arbeiten würden, fingen wir an zu essen.
„Darf ich schon den mitgebrachten Wein bringen?", holte mich die Kellnerin aus meinen Tagträumereien. Ich schaute Phil an, da ich gar nicht bemerkt hatte, dass er den Wein abgegeben hatte.
„Den hatte ich total vergessen. Ja gerne, vielen Dank."
Gespannt warteten alle nach seinen Worten darauf, dass die Frau wiederkam und das tat sie. Wir hatten schon öfter Wein getrunken, aber diesen Ständer, den sie dabei hatte, hatte ich noch nie gesehen.Als dann auch noch plötzlich ein Mucks von Phils Mutter kam, war es vorbei mit meinen Nerven. Das war alles einfach zu viel des Guten.
„Woher habt ihr denn so einen wertvollen Wein?", kam es dann viel lauter von ihr, als sie gewöhnlich sprach und ich brauchte einen Moment um zu verstehen, wer da gerade tatsächlich gesprochen hatte.„Oh, Sie sind eine Weinkennerin?" Phil und ich schauten in dem Moment synchron, erst Alexander geschockt an und dann Phils Mutter. Noch nie hat sie damit umgehen können, wenn sie direkt von einer Person angesprochen wurde, die sie nicht kannte. Ich hätte ihn vorwarnen müssen. Die arme Frau starb wahrscheinlich gerade mehrere Tode.
„Ähm, nun ja, das ist vielleicht etwas zuviel der Ehre, aber ich kenne mich gut genug aus, um zu wissen, dass diese Flasche mehr als mein Monatslohn wert ist."
Passend zu meiner Gefühlslage verschluckte sich ihr Ehemann in dem Moment an seiner wirklich köstlich duftenden Pasta.
„Vielen Dank, aber so etwas können wir wirklich nicht als Geschenk annehmen und schon gar bei so einem Anlass trinken", sprach er dann, noch etwas außer Atem.„Das wäre sehr schade. Der Wein schmeckt wirklich gut", versuchte Alexander zu überzeugen wobei mir nicht entging, wie überheblich das klang. Mit einem kleinen tritt gegen sein Bein versuchte ich ihn dazu zu bringen die Situation zu retten, aber er schaute mich nur fragend an. Hatte er wirklich gar kein Gespür für sowas?
„Ihr könnt den Wein wirklich trinken. Ich versichere Ihnen, dass er nicht den selben Wert in seinem Haus hat. Außerdem bekommt er jeden Monat eine Flasche, da das Weingut Freunden der Familie gehört.
Völlig fertig von Leons Aussage schlug ich mir gegen die Stirn und als ich bemerkte, dass ich das gerade wirklich getan hatte, blickte ich entschuldigend in die Runde.
„Na dann sollten wir ihn wohl probieren", kam es dann wieder von der stillen Maus die heute ihrem Namen nicht gerecht werden wollte. Der Blick der anderen am Tisch war einfach zu gut.Emotionen und Gefühle wirbelten in meinem inneren umher und drohten jeden Moment herauszuplatzen und bei dem Versuch etwas dazu zu sagen, musste ich tatsächlich anfangen zu Lachen.
Alle starrten mich verwirrt an. Alle bis aus Phillip der zu verstehen schien, was gerade in mir vorging. Doch sein Versuch zu helfen verwirrte mich dann doch.„Die beiden werden in wenigen Tagen-", fing er plötzlich an, das Thema anzureißen vor welchem ich mich den ganzen Abend gedrückt hatte.
„Hältst du wohl die Klappe!", kam es dann aus mir herausgeplatzt und passend zu der Theatralik, die sich gerade abzuspielen schien, erhob ich mich dabei.Als dann alle Augen auf mir lagen und mit Sicherheit auch ein paar der anderen Gäste, wollte ich die Flucht ergreifen. Doch auch wenn ein gewisser jemand keine Ahnung zu haben schien, was angemessen ist, konnte er sehr gut spüren, was ich vorhatte und so hielt er mich am Unterarm fest.
„Setz dich wieder hin, Layla."
Seine Stimme war plötzlich wieder unfassbar dominant und ohne darüber nachzudenken, tat ich, wie mir gesagt.

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Chained to the past
DiversosWas passiert, wenn man beim swipen nicht mehr drauf achtet, wer auf den Profilen zu sehen ist? Layla hatte schon längst aufgegeben, das wieder zu finden, was sie vor 2 Jahren hatte. Eine Befriedigung all ihrer Bedürfnisse. Es war nicht so, dass ihr...