Ängste

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Bevor ich die Nachricht überhaupt öffnen konnte, hatte ich bereits Fragen im Kopf.
Barış nahm nie Nachrichten von Fans an, er ging höchstens nur auf den Chat, deswegen wunderte es mich umso mehr, wer sie war und wieso er ausgerechnet ihre Nachrichten angenommen hatte.
Er hatte die Nachricht auch noch nicht selber geöffnet.
Endlich sammelte ich den Mut zusammen und klickte auf den Chat.
Es waren einige Nachrichten von ihr aber keine von Barış an sie zurück, aber das, was in ihren Nachrichten stand, verwirrte mich.

Ahh, Barış die Bilder sehen echt toll aus!
Ich werde es auch niemandem zeigen, wie versprochen..

Und sorry, ich habe deine Nachrichten erst jetzt gesehen..

Danke für die Bilder und auch, dass du mich nicht zurückgewiesen hast, hat mir echt viel bedeutet und es war ein schöner Abend 🥰
Ich werde es nie vergessen..

Freue mich schon dich wiederzusehen und natürlich auch auf das Spiel 🙈❤️

Als ich die Nachrichten las, spürte ich, wie mir der Boden unter den Füßen wegbrach. Es war ein tiefer, lähmender Schmerz, der in mir aufstieg, so vertraut und doch unerträglich. Mein Herz zog sich zusammen und für einen Moment schien alles stillzustehen.
Meine Hände zitterten, immer und immer wieder las ich mir die Nachricht durch, versuchte einen Zusammenhang daraus zu lesen aber was könnte es sonst sein, als das er mit ihr mehr als nötig Zeit verbracht hatte?

Es war ein schöner Abend?
Was hatten sie gemacht?
Wollte ich das überhaupt wissen?
Hatte er den Chat gelöscht, damit ich es nicht herausfinde?

Sie schrieb so vertraut mit ihm, als ob es normal wäre.
Mit einem Klick war ich auf ihrem Profil, sah mir ihre Bilder an, sie war kein hässliches Mädchen aber sie war jung.

Mein Herz sprang in tausend Stücke. Es war, als ob die Luft plötzlich aus dem Raum gesogen wurde und ich kaum noch atmen konnte. Ein dumpfer Schmerz breitete sich in meiner Brust aus, so tief und vertraut, dass es mich zurückwarf in eine Zeit, die ich nicht noch einmal spüren wollte.

Mir schossen die Erinnerungen an Oğuz durch den Kopf. Die gleichen Gefühle überkam mich erneut, nur stärker, schlimmer und intensiver.
Ich fühlte mich verraten, gedemütigt, als wäre ich nicht genug, nicht wichtig genug, um seiner Loyalität würdig zu sein.
Und ich war so fest davon überzeugt, dass er es nicht machen würde.
Die Worte auf dem Bildschirm verschwammen vor meinen Augen, Tränen stiegen in mir auf, bannten sich ihren Weg über meinen Wangen.

Ich ließ das Handy sinken und fühlte eine Leere in mir, die ich nur zu gut kannte.
Damals hatte ich mir geschworen, nie wieder in diese Situation zu geraten. Nie wieder diesen Schmerz zu fühlen, diesen tiefen Stich des Verrats. Und doch stand ich wieder genau hier.
Der Unterschied war, dass ich den Schmerz fühlte, den ich bei Oğuz nie gefühlt hatte.
Dennoch war die leere, das Gefühl, nicht genug zu sein gleich.

Es tat so weh, weil ich ihm vertraut hatte, weil ich liebte.
Dennoch spürte ich keine Wut, nur diesen tiefen, durchdringenden Schmerz, der mich lähmte. Es war, als ob alles, woran ich geglaubt hatte, in diesem Moment zerbrach. All die Momente, die wir zusammen hatten, schienen plötzlich so weit weg, so leer.
Die Tränen brannten auf meiner Haut, als würden sie mir Salz auf die Wunde streuen.

Lag es daran, weil wir keine Kinder kriegen konnten?
Bereute er es jetzt, da ich schwanger war?
Hatte er die Nachrichten deshalb gelöscht?
Wie lange ging das schon so?

Ich fühlte mich klein, unbedeutend. Als ob ich nicht genug war, um ihm das zu geben, was er suchte. Ein Gefühl von Einsamkeit überkam mich, eine Einsamkeit, die ich lange nicht gespürt hatte.

Benim evim || Barış Alper YılmazWo Geschichten leben. Entdecke jetzt