Wie die Tour endete

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Kapitel 79- Wie die Tour endete

Asien war einfach unglaublich.
Zum Teil wunderschön, zum anderen Teil auch einfach nur richtig merkwürdig.
Zuerst fand ich die asiatischen Fans total süß, dann stellte ich fest, dass sie mich ziemlich zu hassen schienen.
Ich verstand zwar einige Worte nicht, da sie diese so merkwürdig aussprachen, aber die gängigen Beleidigungen hatten sie dann doch ganz gut drauf, die Japaner.
Und da sollte mal einer sagen, dass die japanischen Mädchen alle so wahnsinnig süß wie diese zwanzigköpfigen Girlbands waren.
Das waren sie nämlich mir gegenüber zumindest nicht.
Statt freundlich und süß zu lächeln, funkelten sie mich wütend an und riefen mir nicht so freundliche Dinge entgegen.
Das waren dann wieder so Momente, in denen ich mir das Ende der Tour sehnlichst wünschte.
„Ich werde eines Tages noch welche von denen töten", murmelte ich schlecht gelaunt, worüber Luke nur lachte.
„Ach, so schlimm sind die doch nicht", meinte er fest überzeugt, auch wenn ich das ganz anders sah.
Ich verstand nicht, wieso mich immer jemand beleidigen musste.
Ich war doch nur ein Mädchen, das ihren Job tat.
Okay, ich hatte mit Niall geschlafen und war auch irgendwie mit ihm zusammen gewesen, aber das wusste ja niemand.
Zusammen mit der australischen Band und meinen eigenen Bandkollegen machte ich mich auf den Weg durch Tokyo.
Wir kauften ein paar Dinge, lachten viel und hatten noch einmal einen letzten schönen freien Tag.
Als wir schließlich im Hotel ankamen, das ich allgemein nur sehr kurz gesehen hatte heute, taten meine Füße schon total weh.
Gegessen hatten wir schon in der Stadt, also setzten wir uns noch alle auf den Hotelflur und redeten miteinander, bis wir müde wurden und es irgendwann nicht mehr aushielten.
Ich fühlte mich wie ein Kind, das gerade auf Klassenfahrt war, welche sich dem Ende näherte.
Man wollte noch immer länger aufbleiben, weil man ja den Schlaf später nachholen konnte.
Die Nacht auf den 2. November konnte ich noch recht gut schlafen, ich beruhigte mich auch ziemlich den Tag über, weil ich nicht schon wieder das Konzert verhauen wollte.
Marco sprach mich kurz an und teilte mir mit, dass er mit seinem Sohn geredet hatte und Will ihm wohl alles erzählt hatte.
Die beiden verstanden sich nun wieder gut und Marco wollte sich bei mir bedanken.
William selbst rief sogar noch etwa eine Stunde später bei mir an und erzählte mir praktisch dasselbe, bedankte sich tausendmal bei mir.
Wenigstens etwas Gutes hatte ich auf die Reihe bekommen, wer hätte es gedacht.
Der Abend kam näher und so langsam wurden alle irgendwie nostalgisch, ob wir wollten oder nicht.
Es war etwa siebzehn Uhr, da war ich schon backstage in der Arena.
Ich wollte gerade noch einen Kaffee trinken, da ich hier keine Energydrinks hatte kaufen können, einfach weil ich keinen Laden gefunden hatte, da bekam ich praktisch einen Herzinfarkt.
„OH MEIN GOTT!"
Die Person, wegen der ich gerade anfing zu schreien und zu quietschen wie eine Mischung aus einem absterbendem Meerschweinchen und einem Feuermelder mit leeren Batterien, schrie ziemlich unmännlich auf, legte sich die Hand aufs Herz und schien ebenfalls einen Herzinfarkt zu erleiden.
„Jesus", entkam es ihm und er starrte mich kurz perplex an, dann begann er zu lachen.
„Du musst wohl Liza sein, die Drummerin, hm? Freut mich, dich kennen zu lernen. Ich bin-", sagte er, doch ich unterbrach ihn, unhöflich wie ich eben war: „Olly Murs."
Niemand hatte mir erzählt, dass er hier sein würde.
Es stellte sich heraus, dass er hier in Japan Voract war.
Er redete mit mir und mal abgesehen davon, dass ich schon früher meine Hochzeit mit ihm geplant gehabt hatte, fand ich ihn total sympathisch und witzig.
Ich klebte praktisch an seinen Lippen und irgendwie auch direkt an ihm.
Luke wackelte auffordernd mit den Augenbrauen und Michael schaffte es sogar Handbewegungen zu machen, für die ihm seine Mutter garantiert die Hand höchstpersönlich abgehackt hätte, wenn sie diese gesehen hätte.
Ich streckte ihnen nur die Zunge raus und konzentrierte mich dann wieder auf Olly.
Erst mein Job, also das Konzert selbst, trennte mich von dem Sänger, nachdem er von der Bühne zurück gekommen war.
Olly schien im selben Hotel zu wohnen wie wir und ich fuhr in einem Wagen mit ihm zurück.
„Möchtest du vielleicht noch etwas trinken?", fragte er, „Ich habe da eine Minibar in meinem Zimmer entdeckt..."
Mein Blick huschte erst zu Niall, der ziemlich desinteressiert zu sein schien.
„Sicher."

***

„Guten Morgen", wünschte mir Olly.
Ich riss meine Augen auf und blickte an mir herunter.
Die Kleidung war noch da, wo sie sein sollte.
Ein riesiger Stein fiel mir vom Herzen.
Das typische Olly-Murs-Lachen drang in mein Ohr.
„Du dachtest jetzt doch nicht wirklich, dass wir beide...?"
„Schlechte Erfahrung", gab ich grinsend zu, auch wenn ich deswegen eigentlich nicht grinsen sollte.
Die schlechte Erfahrung war ja wirklich mehr als nur schlecht gewesen, aber immerhin traute ich Olly nicht zu, dass er Bilder von mir machte und mich dann damit erpressen würde.
Nein, dafür war er einfach viel zu nett.
Fragend blickte ich ihn nun an: „Wie komme ich in dein Bett?"
„Nun, du warst ja noch hier zum Trinken, du erinnerst dich? Ja? Gut. Auf jeden Fall bist du dann eingeschlafen und dann hab ich dich hier schlafen gelassen. Ich hoffe, das war nicht schlimm?"
Er sah mich vorsichtig und entschuldigend an, einfach verdammt liebevoll.
Wieso hätte ich nicht bei seiner Tour als Drummerin arbeiten können?
Ich verwarf den Gedanken wieder, als ich beim Frühstück Niall sah.
Olly, der mir Waffeln vom Büffet holte und sich dann neben mich setzte, machte Witze darüber, wie ich angeblich geschnarcht hätte.
Da reagierte Niall dann.
Er warf mir einen missbilligenden Blick zu und meine Hoffnungen, dass ich doch in London bleiben würde, wurden immer kleiner.
Mir war klar, dass Niall jetzt davon ausging, dass ich mit dem Sänger geschlafen hätte, doch ich gab mir auch keine Mühe das irgendwie klarzustellen.
Es war der 3. November, der Tag der Tage.
Morgen würde ich zurück nach England fliegen, das wäre es dann gewesen.
Die letzten Stunden als Drummer.
„Übernimmst du jetzt den Job deines Bruders?", fragte Olly mich.
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, das war's dann."
„Was machst du denn dann nach der Tour, falls ich fragen darf?", hakte der Sänger nach.
Ich lächelte ihn an: „Darfst du. Ich werde meinen alten Job weitermachen."

***

Die Ironie der Lieder wurde mir erst jetzt bewusst, am allerletzten Konzert.
Es war irgendwie verrückt, irgendwie auch richtig dämlich.
Da stand Niall, sang den tausenden Mädchen irgendetwas von Liebe und Gefühlen und dem ganzen Drumherum, und nur wenige Meter weiter saß ich hinter dem Schlagzeug und trauerte ihm hinterher, weil er mein Herz gebrochen hatte.
Ich sollte wütend sein und manchmal war ich das auch, aber eigentlich war ich es auch nicht.
Ich konnte ihm gar nicht böse sein, auch wenn das vermutlich eine logische Handlung gewesen wäre.
Ich liebte ihn.
Liebe war nicht rational.
Liebe war nicht logisch.
Liebe war eigentlich überhaupt nichts.
Liebe war eine dämliche Sache.
Ich hasste sie.
Ein letztes Mal schreien die Fans sich ihre Seele aus dem Leib, ein letztes Mal weinten sie.
Ein letztes Mal sah ich die Plakate von hier oben, ein letztes Mal stand ich auf der Bühne.
Ein verdammtes letztes Mal.
„Vielen Dank, wir sind One Direction!", riefen die Jungs im Chor, sprangen dann nach unten und verschwanden von der Bühne.
Das war es dann.
Auch ich verschwand von der Bühne, zusammen mit Sandy, Dan und Jon.
„Was denkt ihr, wie lange wir Pause haben, bis wir wieder auf Tour sind?", stellte Dan eine für ihn wohl wichtige Frage.
Jon zuckte nur mit den Schultern.
„Müde?", fragte Sandy mich.
Ich tat es Jon gleich und zuckte mit den Schultern.
Ich könnte jetzt schlafen und ich könnte jetzt noch die Nacht durchmachen.
Es war mir egal.
Es war mir schlechtweg egal.
Wie so ziemlich vieles gerade.
„Party", grölten die drei Männer im Chor und ließen mich zusammenzucken, da ich nicht damit gerechnet hatte.
Tatsächlich gingen wir erst ins Hotel und zogen uns alle um, dann fuhren wir zu einem Nachtclub, in dem unsere Securities überall waren.
One Direction, 5SOS, die Band und Olly Murs waren hier.
Laute Musik, der leichte Geruch nach Schweiß.
Typisch Club eben.
Ich war nicht besonders gesegnet worden mit Tanztalent, aber dennoch hielt mich das heute nicht ab.
Zusammen mit Michael tanzte ich erst einmal total bescheuert und lachte mich tot, dann tanzte ich noch mit Harry.
Später blieb ich eher mit Dan und Olly in einer Ecke sitzen und trank.
Viel.
Viel zu viel.
Aber heute war das okay.

***

„Liza, hey", Lou weckte mich auf, „Tut mir echt leid, aber du musst jetzt aufstehen. Es ist schon zwölf Uhr, in drei Stunden geht der Flug. Du hast noch nicht gepackt und musst noch etwas essen."
Ich knurrte nur und zog mir die Decke über den Kopf.
Kopfschmerzen, ugh.
„Und ich habe hier Aspirin."
Ich öffnete meine Augen einen Spalt weit und blinzelte sie an, dann setzte ich mich auf und griff dankend nach dem Glas, in welchem sich die bereits aufgelöste Tablette befand.
Schnell kippte ich die Flüssigkeit herunter und schließlich ließ ich mich von Lou zur Dusche schieben.
Sie war so freundlich und hatte diese zuvor auf ziemlich kalt gestellt, was einen spitzen Schrei aus meiner Kehle dringen ließ, gefolgt von einer Menge Beleidigungen, die ich so eigentlich gar nicht meinte.
Ihr Lachen von nebenan verriet mir, dass es pure Absicht gewesen war.
Grr.
Zum Mittagessen kam ich in Jeans und Sweatshirt, das Kleid von gestern Nacht war im gepackten Koffer verschwunden, welcher bereits auf dem Weg zum Flughafen war.
Olly Murs, der noch einige Tage hier in Japan verbringen würde, verabschiedete sich von uns und gab mir seine Handynummer, was mich irgendwie freute, auch wenn ich mir sicher war, dass ich mich nicht bei ihm melden würde.
Das wäre merkwürdig.
„Jetzt aber schnell", rief Mark und wir liefen tatsächlich noch schnell, wer hätte es gedacht.
Wie zu erwarten, waren wir spät dran.
Sehr spät.
Das Flugzeug sollte eigentlich gleich abheben, wir waren noch nicht mal im Flieger.
Oops.
Zehn Minuten später setzte ich mich dann zwischen Dan und Sandy.
Während des Fluges hielten Marco und Paul noch eine ganz kurze Rede, bei der sie sich bei uns bedankten und uns lobten.
Sie gruben Dinge aus, die während der Tour passiert waren, außerdem zeigten sie lustige Bilder, die uns alle zum Lachen brachten.
Zudem hielt Paul meine Zeichnung in die Luft, die alle lobten, was mich erröten ließ.
„Ich lade außerdem noch alle im Namen von Modest! Management zu einem Essen ein. Die genauen Details werdet ihr noch via Mail oder Anruf bekommen. Wer also kommen will, ist herzlich eingeladen. Ich würde mich freuen."

***

Josh holte mich nicht vom Flughafen ab, aber das überraschte mich nicht.
Mom stand auch nicht dort und sonst hatte ich ja eigentlich niemanden.
Preston fuhr mich zu Stan, nachdem ich mich kurz von allen verabschiedet hatte.
Sie meinten, dass sie zu dem Essen kommen würden, also hatte ich mich ganz kurz gefasst, denn ich würde dort auch hingehen und mich dann dort von ihnen verabschieden.
Es fühlte sich komisch an, dass es nun vorbei war.
Mein altes Leben hatte ich verloren, ich würde es nie wiederbekommen.
Dachte ich.
Würde Niall nichts zu mir sagen, dann würde ich ein neues Leben beginnen.
Klar, das klang jetzt etwas dramatisch, aber es stimmte irgendwie.
Ich würde umziehen, woanders arbeiten, mein Umfeld verlieren.
Ich war bereit dafür, ich wünschte es mir nur nicht.
Warum konnte nicht Niall einfach sagen, dass er mich so liebte, wie auch ich ihn liebte?
Wieso konnte es nicht einfach sein?
Wieso musste immer irgendetwas passieren?
Ich verstand das einfach nicht.
Ich konnte es einfach nicht verstehen, so sehr ich es auch versuchte, so sehr ich mich auch bemühte.

***

Es war der 8. Oktober.
Nicht ganz eine Woche war vergangen, seit ich aus Asien zurück war.
Mittlerweile lebte ich noch immer bei Stan, hatte aber meine wichtigsten Sachen aus dem Haus meiner Eltern, in dem nun aber mein Bruder mit seiner Familie lebte, geholt.
Ich hatte auf eine Gelegenheit gewartet, bei der ich Josh nicht sehen musste, und ich hatte sie bekommen, als er ein Bild von sich mit Sandy, Dan und Jon tweetete.
Da war ich dann in sein Haus gegangen, in dem bisher auch ich gewohnt hatte.
Direkt rausgeschmissen hatte er mich ja nicht, aber mir war klar, dass er mich dort nicht wollte.
Vielleicht steigerte ich mich da ein wenig sehr rein, aber nach dem Streit mit meinem Bruder sah ich das alles ein wenig anders.
Zu dem liebte ich ihn ja irgendwie, er war immerhin mein Bruder, da konnte ich wütend sein so sehr ich wollte.
Und nun hatte Josh eine Freundin, er hatte ein Kind.
Er hatte seine eigene kleine Familie.
Da wollte ich nicht mit im Haus wohnen, das wäre auch total merkwürdig gewesen.
So als würde ich das Familienglück stören.
Stan hatte mir ein Flugticket für heute Abend geholt, meine Koffer standen bereits gepackt im Wohnzimmer seiner Wohnung.
Ich hatte mich schon von ihm verabschiedet, denn vermutlich würde ich nicht mehr besonders viel Zeit dafür haben.
Mein Chef wusste, wie viel er mir bedeutete.
Ich liebte ihn auf eine freundschaftliche Art und Weise.
Er war mehr als nur ein Chef, er war einer meiner besten Freunde.
Amy hatte ich nichts gesagt, ich hatte ihr lediglich einen Brief geschrieben, wie ich es auch für Josh gemacht hatte.
Ihr Brief war ein Stückchen freundlicher ausgefallen, wenn ich mal so darüber nachdachte.
Stan würde die Briefe einwerfen gehen, sobald ich sicher aus dem Land war.
Ich wollte nicht, dass mich irgendjemand aufhielt.
Die Entscheidung, dass ich wirklich auswandern wollte, fiel ich jeden Tag aufs Neue, wenn man mich auf der Straße erkannte und missbilligend anschaute, wenn Niall mal wieder mit den anderen vier von Liebe sang und wenn ich daran dachte, wie ich einfach praktisch niemanden hatte.
„Du siehst gut aus", stellte Stan fest und lächelte mich an.
Er hatte einen extrem wichtigen Termin heute Abend und würde mich nicht an den Flughafen fahren können, falls ich tatsächlich fliegen würde.
Er umarmte mich, drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
„Egal, wie du dich entscheidest: Vergiss mich nicht. Ich hab dich lieb, Kleines. Tu das, was dich glücklich macht", flüsterte er und zog mich noch näher an sich.
Ich weinte stumm, denn ich wusste innerlich, dass nun alles von Niall abhängig war.
Und ich war mir sicher, dass ich Stan verlassen würde, wenn Niall wirklich nichts sagte.

***

Das Restaurant war riesig und bestimmt auch teuer, aber Modest! Management zahlte das gesamte Essen, also war das kein Problem.
„Hey, da ist sie ja", rief Paul und einige Leute jubelten mir lachend zu, als ich den Raum betrat.
Ich grinste ein wenig verlegen, wich Nialls Blick aus.
Nachdem ich alle umarmte zur Begrüßung, setzte ich mich zu Lottie und Gemma, den Schwestern von Louis und Harry.
Sie waren zwar nicht durchgehend bei der Tour dabei gewesen, aber ich verstand mich ganz gut mit ihnen.
Wir machten noch einige Bilder, dann bestellten wir das Essen.
Marco stand auf, ließ sein Glas klirren, als er mit dem silbernen Messer gegen es klopfte.
„Guten Tag meine Damen und Herren", begann er seine Rede und lächelte in die Runde, „Ich möchte mich bei Ihnen allen für die Tour bedanken. Ich weiß, sie war nicht besonders einfach oder kurz, aber genau diese Schwierigkeit ist die Sache, an der wir alle wachsen, an der Ihr wachsen werdet, an der One Direction wachsen wird. Vor dieser Tour war diese Band schon bekannt, jetzt ist sie erst recht weltweit bekannt. Schon bald werdet ihr Stadien ausverkaufen, es wird keinen einzigen Menschen auf dieser Welt geben, der nicht weiß, wer oder was One Direction ist. Ihr, liebe Band, seid ‚nur' fünf Jungs. Ein Ire, vier Briten. Aber ihr habt verdammt viele Fans, mehr als nur verdammt viele. Es ist unglaublich, es ist wirklich unglaublich! Es ist wie ein Märchen, ein Traum. Und ihr lebt diesen Traum!"
Es folgte eine Prognose für eine sehr erfolgreiche Zukunft, dann bedankte er sich bei jedem einzelnen Mitglied der Crew.
Die Rede dauerte gefühlte Jahre.
„So, kommen wir zu unserem Neuzugang: Liza Devine, auch bekannt als die Schwester von Josh."
Ich verdrehte innerlich die Augen, hielt mich aber zurück und lächelte nur, während einige Augen auf mir landeten, ehe sie sich wieder Marco zuwandten.
„Mit achtzehn Jahren ist sie zu uns gestoßen, hat die ein oder anderen Schwierigkeiten gehabt", fuhr dieser fort.
Hatte ich ja eigentlich noch immer, ne?
„Anfangs war ich ja echt skeptisch, aber mittlerweile bin ich verdammt froh, dass sie bei der Tour dabei war. Du, liebe Liza, hast nicht nur jede Menge Charme und gute Laune hier rein gebracht, sondern auch Gefühl, Verständnis. Du hast es geschafft bei dem früher ein wenig frauenfeindlichen Preston einen Beschützerinstinkt dir gegenüber aufzubauen. Dank dir habe ich nun ein besseres Verhältnis zu meinem Sohn. Ich möchte dir nicht nur für die letzten Monate und deine Arbeit danken, sondern auch für die Dinge, für die du eigentlich gar nicht bezahlt worden bist. Zugleich muss ich aber auch nicht nur ‚Danke', sondern auch ‚Auf Wiedersehen' sagen, denn unsere Wege trennen sich hier und jetzt. Dein Bruder wird wieder als Drummer für One Direction arbeiten, die Frauenquote innerhalb der Band sinkt so gesehen zu Null. Ich hoffe natürlich, dass wir dich wiedersehen werden in nicht allzu ferner Zukunft. Fühle dich hier mit eingeladen, jederzeit Konzerte zu besuchen und mit uns allen hier zu touren!"
Ich lächelte, nickte dankend, auch wenn ich genau wusste, dass ich das nicht machen würde, falls Niall nicht in den nächsten Stunden etwas sagte.
Er saß am anderen Ende des Tisches und ich erwischte ihn dabei, wie er mich ab und zu ansah, was in mir Hoffnung aufbaute.
Vielleicht war es dämlich, dass ich meine Zukunft danach richtete, ob er mit mir sprach und mir sagte, dass er mich liebte.
Andererseits ging es hier um so viel mehr.
One Direction war mittlerweile weltweit bekannt und es schien kein einziges Land mehr zu geben, in dem man diese fünf liebenswürdigen Idioten und Kindsköpfe nicht kannte.
In England jedoch war es noch viel schlimmer.
Ich konnte kaum auf die Straße gehen, den Fernseher und das Radio anschalten, ohne dass ich von der Boyband umgeben war.
Natürlich hatte ich nicht erwartet, dass Niall wegen mir seine Karriere und auch sein Leben hinschmiss, aber ich hatte doch irgendwie erwartet, dass er mich liebte und dass er deswegen bereit war zu mir zu stehen.
Offensichtlich war er das nicht, woraus ich auch schloss, dass wir nicht etwas Besonderes waren, wie er einst behauptet hatte.
Es hatte mir das Herz gebrochen und der Schmerz saß noch immer tief in mir, es tat alleine schon weh, wenn jemand seinen Namen erwähnte oder wenn ich gar seine Stimme hörte, wie sie Liebeslieder im Radio sang.
Ich würde daran kaputt gehen, wenn ich länger so unglücklich hier bliebe und jede Sekunde meines Lebens von ihm verfolgt werden würde.
Ich konnte das einfach nicht.
Entweder ich wurde glücklich mit ihm oder ich musste weg von ihm.
Das waren die einzigen beiden Optionen.
Mehr gab es da nicht.

***

Das Essen war echt unterhaltsam, auch wenn ich ein wenig traurig war.
Niall machte absolut keine Anstalten irgendetwas zu sagen, auch dann nicht, als ich ihm auf dem Weg zur Toilette praktisch in die Arme lief.
Arsch.
Aber ein verdammt süßer.
Allein für diesen Gedanken hätte ich mich am liebsten selbst geschlagen.
Was hatte ich an mir, dass ich immer das Unglück in Beziehungen anzog?
Wieso passierte sowas immer mir?
Josh hatte irgendwie Recht gehabt.
Es gefiel mir nicht, dass ich das zugeben musste, aber er hatte Recht gehabt.
Ich hätte mich fern halten sollen.
Preston grinste mich an, als ich gerade wieder von der Toilette zurück kam und er nun mir entgegen lief.
„Na", meinte er, „Du wirst uns doch wohl wirklich besuchen kommen, hm?"
Ich zuckte mit den Schultern: „Mal schauen."
Er nickte zufrieden, hielt das wohl für ein „Ja".
War es nicht.
Es war ein „Nein, vermutlich nicht".
Mir fielen die Worte von Preston und Paul an, dass ich Niall nicht kaputt machen oder verletzen sollte oder sowas.
Als ob ich die Böse wäre.
Ganz im Gegenteil, er hatte mich seelisch zerstört.
Und er machte immer weiter, indem er mich ignorierte.
Pünktlich rief ich mir ein Taxi und verabschiedete mich von der Gruppe.
Vor dem Restaurant standen einige Fans, also gab ich dem Taxifahrer die Anweisung, dass er an den Hinterausgang, welche eher der Lieferanteneingang war, zu kommen.
Ein letztes Mal umarmte ich alle, ein paar letzte Bilder wurden gemacht.
„Wir sehen uns", wurde mir nicht nur einmal gesagt, auch wenn ich ahnte, dass das nichts werden würde.
Schließlich, als ich mich von allen verabschiedet hatte außer von Niall, ging ich mit meiner Handtasche zum Hinterausgang.
„Warte!", rief mir da jemand hinterher.
Niall.  


@LizaDevineDrumsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt