Wie ich meinen Tiefpunkt erreichte

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Kapitel 26- Wie ich meinen Tiefpunkt erreichte
„Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr wieder“, begrüßte mich Camryn, kaum hatte sie mich in der Tür gesehen.
Ihre Augen lagen wieder auf Lux, die in einem winzigen Onesie, der nicht angepinkelt war, auf dem frisch bezogenen und nicht stinkenden Bett lag.
Alles also wieder perfekt.
Denkste!
„Ich spring vom Balkon“, seufzte ich und Camryn sah mich sofort schockiert an.
„Was ist passiert?“
Ich zog die Tür hinter mir zu und ließ mich aufs Bett fallen, mit dem Gesicht voraus.
Camryn schien etwas überfordert zu sein, dennoch fing sie sich schnell wieder: „Was ist passiert?“
„Das schlimmste, was passieren konnte“, murmelte ich dramatisch.
Die schlechte Laune, die ich vor einiger Zeit gehabt hatte, kam wieder in mir hoch.
Der Tag war scheiße.
Sehr scheiße.
Mehr als scheiße.
„Und das wäre?“, fragte Camryn zögerlich.
Ich wusste nicht, ob ich ihr vertrauen konnte, ob sie es für sich behalten würde, ob jemand anderes davon erfahren würde, ob ich es sagen sollte.
Ich wusste genau genommen gar nichts.
Ich wusste nicht, was ich eigentlich wollte, was Niall wollte, was alle wollten, was meine Mom wollte, was mein Dad wollte, was Josh wollte, was Amy wollte, was Camryn wollte, was Harry wollte, was Paul wollte, was Preston wollte, was Lou wollte, was Ashton wollte, was Dave wollte.
Ich wusste nichts, gar nichts.
Überhaupt nichts.
Die Worte drangen nur geflüstert über meine Lippen, so als könnte jemand uns hören.
„Ich habe mich verliebt.“

***

Es waren fünf Minuten vergangen.
Inzwischen stand Lou frisch geduscht im Raum, dankte Camryn dafür, dass sie auf Lux aufgepasst hatte.
Sie dachte wohl, dass ich schlafen würde und deshalb wie eine Tote auf dem Bett lag.
„Du solltest sie zudecken, sonst friert sie“, sagte Lou gerade in ihrer typischen, mütterlichen Art.
„Sie schläft nicht“, verriet Camryn mich, „Sie stellt sich tot, weil sie Probleme hat.“
Ich grummelte.
Na danke auch.
Lou setzte sich neben mich auf das Bett.
„Was denn für Probleme?“, wollte sie wissen, doch sie ließ mir keine Zeit um zu antworten, „Wenn es deine Haare sind: Glaub mir, die Haare steht dir noch mehr als das Blond! Und wenn du schwanger bist, dann gibt es dafür auch eine Lösung, glaub mir. Liza, eine Schwangerschaft ist überhaupt nicht-“
„Ich bin nicht schwanger“, unterbrach ich sie und drehte mich um.
Das Licht der Deckenlampe blendete mich kurz, dann sah ich Lou in die Augen, die gerade meinen Bauch ansah um zu checken, ob ich wirklich nicht schwanger war.
„Was ist dann dein Problem?“, lächelte sie mich an.
Lux saß noch immer auf ihrem Arm.
„Ugh, Lou, du verstehst das nicht“, seufzte ich auf und setzte mich dann hin, weil ich mich sonst wie die Patientin eines Psychiaters fühlte.
„Dann erklär es mir“, forderte sie mich auf, setzte Lux auf dem Bett ab.
Und dann begann die Erzählstunde.
Das dumme daran war nur, dass ich selber keine Ahnung hatte.
Willkommen in meinem Leben!

***

„Damals, also nach Dave“, der Name verursachte in mir beinahe einen Kotzanfall, „Da hab ich mir geschworen, dass ich nie wieder mit einem Jungen zusammen sein will, dass ich mich nie wieder verliebe, dass ich das nicht mehr will. Ich war mir sicher, dass Jungs für mich gestorben sind. Alle, nicht nur Dave.“
Camryn saß nun auch auf dem Bett, sie hörte ebenfalls interessiert zu, so wie Lou es tat.
„Ich dachte auch, das würde so bleiben. Und bis vor ein paar Tagen war  das auch so. Ich will das nicht nochmal. Ich will nicht nochmal heulend zuhause sitzen, ich will das nicht. Versteht ihr?“
Meine Stimme war zittrig und meine Augen füllten sich mit Tränen bei dem Gedanken an die Vergangenheit.
*Rückblick*
„Liza? Kommst du, wir wollen das Fußballspiel ansehen gehen“, kam es vom Flur.
Meine Zimmertür war abgeschlossen, deshalb musste Josh davor stehen.
„Geht ohne mich“, rief ich durch die Tür.
Ich wollte nicht raus gehen.
Sie wussten es, sie wussten es alle.
Meine ganze Stufe wusste es, wahrscheinlich wusste sogar die ganze Schule davon.
Liza Devine war betrogen worden, weil sie zu hässlich war.
Ja, das war ein schönes Gerücht, daran würde jeder Spaß haben.
Seit einer Woche war ich nun krank gemeldet, auch wenn Mom sonst total dagegen war.
Vor allem weil es das letzte Jahr war.
Trotzdem hieß es nun, dass ich eine Grippe oder so hatte und an Kopfschmerzen litt anstelle von einem gebrochenen Herzen und viel zu viel Selbstzweifel.
„Liza“, sagte Josh.
Ich wusste, dass er mich nicht so sehen konnte, dass er es nicht mochte, wenn ich so war.
So verletzt, so verdammt verletzt.
Ich sagte nichts, sondern schluchzte in mein Kopfkissen.
Die Bilder, ich bekam sie nicht mehr aus dem Kopf.
Sie waren dort, saßen fest und schienen mich auszulachen.
Wie „Vanny“ nackt aus dem Bett kletterte, sich schnell anzog und dann an mir vorbei lief.
Wie Dave mich wütend ansah.
„Du hast mir den besten Sex meines Lebens versaut.“
Die Worte hallten in meinem Kopf.
Ich wurde sie nicht mehr los.
Nie mehr, nie mehr.
Nie mehr würde ich mich verlieben.
Es würde nur gleich enden, jemand würde mich als „iPhone 4“ sehen und dann würde das „iPhone 4S“ rauskommen.
So hatte Dave es gesagt.
Ich kam nicht darüber hinweg und auch wenn meine Eltern und Josh versuchten mich aufzumuntern, mich abzulenken, klappte es nicht.
Alle fünf Minuten bekam ich einen Heulanfall, ich hatte das Zimmer seit mehreren Tagen nicht mehr verlassen und öffnete die Tür nur noch, wenn mir jemand Essen oder Trinken davor gestellt hatte.
Ich würde mich nie mehr verlieben.
Nie wieder würde mir so etwas passieren.
Nie wieder.
*Rückblick Ende*
Und kaum hatte ich mich direkt an diese Zeit nach dem Betrug von Dave erinnert, konnte ich auch die Tränen nicht mehr aufhalten.
Lou schloss ihre Arme um mich, sie hatte ja keine Ahnung.
Camryn saß etwas unbeholfen da und Lux schien auch etwas hilflos zu sein, schließlich versuchte sie es ihrer Mutter gleich zu machen und schloss ihre Ärmchen von hinten um mich, was mich zum Lächeln brachte.
„Shh“, machte Lou und irgendwie war es wirklich beruhigend.
Oh man, ich führte mich hier auf wie ein Kleinkind.
„Ich…Ich geh mal kurz mir etwas die Beine vertreten“, sagte ich leise, wischte mir die Tränen weg und stand auf, kaum dass Lou und Lux mich losgelassen hatten.
„Du bleibst im Hotel? Oder soll ich Preston rufen?“
Lou sah mich etwas misstrauisch, aber auch mitleidig an.
Ich schüttelte den Kopf: „Ich bleib hier, aber ich brauch kurz etwas… Ruhe.“
Ha, Lüge!

@LizaDevineDrumsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt