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POV Dean (einige Minuten zuvor)

Ich konnte nur mit Mühe meine Augen öffnen und mich langsam an das Licht gewöhnen. Mein Gesicht fühlte sich von den ganzen Verletzungen heiß und taub an und mein Kopf tat weh. Immer noch am Boden liegend, sondierte ich schweigend die Umgebung. Mein Blick blieb an Bobby hängen, der eine ziemlich große Platzwunde am Kopf hatte und sofort suchten meine Augen nach meinen Bruder.
Als ich ihn dann fand, nur einige Meter von mir entfernt, zerbrach etwas in mir.

Verdammt, Sammy...

Zu sagen, ihm wurde zugesetzt, war eine Untertreibung. Das Arschloch hatte meinen Bruder regelrecht aufgeschlitzt.
Dieses Dämonenschwein lachte meinem Bruder dreckig ins Gesicht und fügte ihm eine zweite, verdammt tiefe Wunde auf der Mitte seiner Brust zu.

Wut kochte in mir hoch und mein Adrenalin meldete sich mit einem breitem Lächeln zurück.
Für diesen Augenblick konnte ich meine Schmerzen mit Leichtigkeit vergessen und rappelte mich geräuschlos auf. Ohne zu überlegen, schlich ich mich an dieses Mistvieh heran und attackierte es von hinten. Nach einer kurzen Rangelei, schaffte ich es endlich, ihm das Messer abzunehmen, allerdings hatte er es erneut durch meinen Bruder gezogen, was mich wütend aufschreien ließ. Mit einer ungeheuren Kraft stieß ich von hinten mit dem Messer zu und drehte meinen Arm in seinem Oberkörper, der sofort anfing, feuerrot aufleuchten.
Angewidert zog ich meinen Arm zurück und ließ den Leichnam auf den Boden fallen.
Sammy sackte zusammen und ich kniete mich augenblicklich neben meinen bewusstlosen Bruder. Mit meiner blutverschmierten Hand versuchte ich seinen Puls zu fühlen, während ich mit der anderen das Handy rausholte.
Ich wählte mit zittrigen Fingern den Notruf und hielt mir das Telefon ans Ohr.
"Guten Morgen. Notruf, wie können wir Ihnen Helfen?
"Sie müssen sofort ein Krankenwagen schicken..."

::

Aufgelöst legte ich nach einigen Minuten wieder auf und wartete ungeduldig. Die Frau hatte mir am Telefon versichert, dass der Krankenwagen nicht länger als fünf Minuten brauchen würde, aber es kam mir jetzt schon wie eine Ewigkeit vor. Sie wollte, dass ich am Handy blieb, weil sie befürchtete, ich hätte einen Nervenzusammenbruch, aber ich hatte einfach aufgelegt. Niemand konnte mir meinen Bruder ersetzen.

Bobby war inzwischen ebenfalls wieder aufgewacht und hatte sich auf die Couch gesetzt.
Seine Platzwunde am Kopf blutete stark und ich machte mir ernsthaft Sorgen um ihn, auch wenn er meinte, das ihm nichts fehlte.

Sturkopf.

Sechs Minuten nach meinem Anruf, hörte ich dann auch die ersehnten Sirenen und wenig später stürmten drei Männer mit einer Trage durch die offene Tür.

Sie versorgen Sammy so gut wie es ihnen möglich war und nahmen anschließend Bobby und mich mit ins Auto.
Im Krankenwagen sprach mich einer der Sanitäter an.
"Sie sehen selbst aber auch ganz schön lädiert aus. Zeigen Sie mal her..." Er kam mir näher, aber ich wich zurück.
"Mir fehlt nichts. Die Typen haben meinen Bruder angegriffen und ich hab mich nur gewährt..."
"Und die Männer sind bei Ihnen eingebrochen?"
"Ja. Ich kannte diese Leute nicht. Auch unser Onkel war überrascht, als er sie sah und Sammy wollte anscheinend den Helden spielen... Sie wollten eine Waffe, von der sie glaubten, sie sei in unserem Besitz oder eher in dem von unserem Onkel. Aber das war nicht der Fall und diese Typen sind... ausgeflippt."
"Hm.", antwortete er nur und schrieb sich irgendetwas auf einen Zettel.
Dann hob er wieder den Kopf und nickte leicht, als wollte er mir so zu verstehen geben, dass er mir zugehört hatte.

Bevor er mir wieder irgendwelche Fragen stellen konnte, passierte wohl das Schlimmste, was was passieren konnte.

Sam's Herzmonitor, an dem er angeschlossen war, fing an, unregelmäßige Aufzeichnungen zu machen und gab schließlich nur noch einen einzelnen, langen und schrillen Ton wieder.

Dieses schrille Geräusch überdeckte alle Anderen und schien plötzlich das einzige zu sein, was ich überhaupt noch hören konnte. Es fühlte sich an, als würde meine Welt zersplittern und in sich zusammenfallen.
Unmittelbar stiegen mir die Tränen in die Augen. Meine Sicht verschwamm und leuchtende Punkte tanzten vor meinen Augen. In meinen Ohren rauschte es. Nur dieses unerträgliche, anhaltende Geräusch.

Ich sah, wie einer der Sanitäter zwei Elektrodinger auf die abgebundene Brust meines Bruders drückte.

"Einstellen."
"Einstellung auf 240. Bereit."
"Zurücktreten. 1, 2, 3." Der Oberkörper meines Bruders hob sich ruckartig nach oben, während ein geladenes Summen das Ganze begleitete. Sofort richteten sich die Gesichter auf den Monitor, auf dem sich immer noch nur ein einzelner Strich durch die Mitte zog.
"Wiederholung. 260."
"Wiederholung auf 260 bereit", kam es zurück.
"Zurücktreten."
Wieder setzte er den Defibrilator an und der Oberkörper schnellte nach oben. Wieder drehten sich die Köpfe zum Monitor und starten gespannt drauf.
"Einstellung 300"
"Einstellung auf 300 bereit"
"Komm schon Junge", flüsterte der Mann mit den Schockern und wollte sie gerade senken, als ein piepen ertönte.
"Warten Sie!", hielt ihn einer auf und sein Blick richtete sich auf den Monitor. Der Zeiger schlug minimal aus und ein schmalen Lächeln bildete sich auf das Gesicht des Sanitätern mit den Schockern.
"Wir haben ihn wieder"

Die Anzeige des Herzmonitor zeigte einen stetigen, aber Schwächen Herzschlag an und obwohl ich beunruhigt sein müsste, weil es beinahe danebengegangen war, war ich unglaublich erleichtert.

Ich ließ mich in meinem Sitz sinken und schloss die Augen.

Cas, wo zum Teufel bist du nur?

Als wir ankamen, wurde Sam sofort in den OP gebracht, während Bobby ebenfalls in einem Zimmer zur Behandlung gebracht wurde.
So stur wie Bobby war, bestand er darauf, dass seine Wunde ohne Narkose genäht wurde.

Er ist eben ein Sturkopf.

Der Arzt versicherte sich nochmals, ob es wirklich sein Wunsch war.
Nachdem Bobby es säuerlich und mit Nachdruck bestätigte, zuckte der Arzt mit den Schultern und man hörte ihn etwas murmeln, bevor er Nadel und Faden ansetzte.

Ich verließ den Raum schließlich und setzte mich nach draußen,um dort zu warten.

Die Zeit verging, und als zum dritten Mal ein Arzt auf mich zukam, um mich ebenfalls zur Behandlung mitzunehmen, weigerte ich mich diesmal lauter. Ich war wütend.

"Bevor ich nicht weiß, wie es meinem Bruder geht, können sie sich ihre Fürsorge sonst wo hinstecken.", zischte ich ihn schon beinahe an. Meine Augen funkelten ihn aus engen Schlitzen entgegen und der Arzt zog sich still wieder zurück, um im Schwesternzimmer zu verschwinden.

::

4 Stunden später

Ich wurde immer ungeduldiger. Sam war schon Uber fünf Stunden im OP.

Komm schon, du dämliche Tür! Geh endlich auf!!!

Und tatsächlich, die Tür öffnete sich.
"Sam!", rief ich viel zu laut und einer der Pfleger sah mich gereizt an. Ich hob entschuldigend die Hände und lief schnellen Schrittes auf meinen Bruder zu.
"Wie- wie geht es ihm?"
"Im Moment ist er Stabil. Das kann sich aber jederzeit wieder ändern. Im Augenblick müssen wir einfach gucken, wie sein Körper mit den Verletzungen klarkommt."
"Gab es... Komplikationen?" Der Arzt zögerte und sah mich dann entschuldigend an.
"Wissen Sie... Ihr Bruder hat sehr viel Blut verloren. Das er es bis jetzt überhaupt geschafft hat, grenzt an ein medizinisches Wunder."
"Was soll das heißen? "Machen Sie sich nicht zuviel Hoffnungen. Die Chancen stehen nicht gut, das es er es schaffen wird"? Hören Sie mir mal gut zu... Mein Bruder hat schon viel schlimmeres überstanden. Er ist hart im nehmen und wenn es jemand schafft, dann er. Haben Sie nicht eben noch behauptet, dass sein jetziger Zustand kaum zu erklären ist? Das liegt daran, das er kämpft. In diesem Augenblick. Er schafft das!", zum Schluss wurde ich wieder lauter und sprach durch zusammengebissene Zähne, während mir wieder diese verräterischen Tränen in die Augen stiegen.
"Ihr Bruder hatte noch ein weiteren Herzstillstand.", gab der Arzt monoton von sich.

In dem Moment, als mich seine Worte erreichten, fühlte es sich an, als würde ich sterben.

Nein. Er wird es schaffen, das weiß ich.

...Und wenn ich persönlich dafür sorgen musste...

Angel Don't CryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt