POV Dean
"Wo sind wir eigentlich?"
"Das du deine eigene Stadt nicht wiedererkennst, stimmt mich traurig", erwiderte Cas mit einem Zungenschnalzen und gab mir einen Stoß in die Seite.Seit wann kannte Cas das Wort Zynismus? Und was noch viel wichtiger war... Seit wann konnte er es anwenden?
"Wieso Kansas?", fragte ich und sah zwischen den beiden hin und her.
"Ist doch eine schöne Stadt", erwiderte Camile schulterzuckend.
"Wollt ihr mich eigentlich beide verarschen? Wieso sind wir hier?"
"In eurem alten Haus ist etwas, das ich brauche", sagte Camile ernst.
"Ich hab einen Engel getötet, wenn ich es nicht rechtzeitig bekomme, bin ich schutzlos gegen die anderen ausgeliefert-", fuhr sie fort, aber ich unterbrach sie.
"Das Haus gehört uns nicht mehr."
"Die Besitzer sind nicht da", meldete sich auch Cas wieder zu Wort.
"Einbruch also. Was ist denn da drin, was du so nötig brauchst?"
"... Hättest du mich vorhin Ausreden lassen, hätte ich es dir schon sagen können." Sie hielt inne und ich war mir sicher, es war nur, um mich noch mehr zu ärgern. Wie ich es mir gedacht habe, grinste sie und erzählte dann weiter.
"Es ist eine Art Würfel. Nicht größer als meine Handfläche. Aber er ist deshalb so wichtig, weil er Henochische Sigillen enthält, die ein Mensch tragen kann und der ihn vor anderen Engeln schützt."
"Aber du bist-"
"Beides, deswegen das Schlupfloch. Es wird nicht so stark bei mir wirken, wie bei einem Menschen, aber es sollte mich abschirmen können bis sie das Interesse verlieren." Sie zuckte mit den Schultern.
"Warum sollte sowas in-", ich unterbrach mich selbst.
"Dad..."
"Genau..."Wir liefen die Straße entlang und schwiegen. Mittlerweile war es fünf Uhr morgens und die Müdigkeit machte sich bei mir bemerkbar. In meiner Tasche vibrierte es. Ich zog mein Handy raus und seufzte. Mein Akku betrug gerade noch 10℅.
"Wir sind da", bemerkte Cas das Offensichtliche und Camile und ich nickten ihm daraufhin zu.
Wir schlichen um das Haus und vergewissert uns, das außer uns wirklich niemand da war. Dann gingen wir rein. Ich stand in dem Haus und konnte mich für eine Minute nicht bewegen. Bedauern überkam mich.Das hier war unser Haus. Es hätte irgendwann uns gehören sollen. Nicht jemand fremden. Wir hätten hier drin alt werden sollen.
Bitterkeit stieg in mir hoch und vermischte sich mit dem Schwerem Gefühl in mir. Das Leben war noch nie sonderlich freundlich zu uns gewesen. Ich schüttelte die Gedanken ab und konzentrierte mich auf meine Aufgabe. Suchen.
Nachdem wir drei Zimmer durchgesehen hatten und noch immer kein Stück weiter waren, seufzte ich auf.
"Leute, habt ihr schon was gefunden?", fragte ich an die beiden gewandt und sie schüttelten gleichzeitig die Köpfe. Seufzend suchte ich weiter. Es vergingen ungefähr zehn Minuten, als mir endlich ein Ort einfiel, der sinnvoll genug war. Ich hatte ihn in den hinteren Teil meines Kopfes geschoben, weil ich ihn genauso wenig leiden konnte wie das Fliegen. Den Keller.Ohne lange darüber nachzudenken, steuerte ich genau diesen an. Nichts sollte mich davon abhalten etwas zu tun, was ich tun musste, und meine Angst erst recht nicht. Trotzdem stieg ich mit einem mulmigen Gefühl die Treppen herunter und meine Finger zitterten, als ich den alten Lichtschalter an der Wand suchte. Eine schwach-leuchtende Glühbirne flackerte auf, als ich ihn gefunden und nach unten gedrückt hatte. Man sah, dass auch die jetzigen Besitzer nicht viel von dem Keller hielten. Eine feine Staubschicht zog sich über die Regale und es roch leicht modrig. Es wurde schon länger nicht mehr durchgelüftet. Ich sah die Regale durch und öffnete auch einige Kisten, die in den Ecken aufeinander gestapelt waren. Nach einer Weile hielt ich inne. Ich kannte die Kiste, die nun vor mir stand. Voll mit Erinnerungen öffnete ich auch diese und lächelte schwach. Ein Foto lächelte mir entgegen. Ich hob es mit zittrigen Fingern hoch. Mum, Dad und ich standen darauf. Sammy wurde von unserer Mum im Arm gehalten. Die perfekte Stadtfamilie.
Bevor meine Mutter ermordet wurde und uns Dad zu Jägern ausgebildet hatte...Ich legte es wieder zurück und steckte die anderen Bilder, die lose oben drauf gelegen hatten, ein. Es waren nicht viele, aber ich konnte sie hier nicht zurücklassen. Immerhin waren es Erinnerungen. Erinnerungen aus längst verloren geglaubter Zeit.
Ich konzentriere mich wieder auf meine Aufgabe und nach weiterem abtasten und suchen fand ich ein Symbol an der Wand. Das Symbol. Das Pentagramm umschlossen von einem Kreis aus Feuer. Ich glitt mit meinen Fingerspitzen darüber und drückte die Mitte ein. Eine Vertiefung entstand und die Wand drehte sich zur Seite. Dahinter war es noch düsterer als ohnehin schon der ganze Keller war. Eine unangenehme Gänsehaut ließ meine Nacken- und Armhaare zu Berge stehen und mich beschlich das Gefühl von Unbehagen. Hier war ich richtig. Ich spürte es.
"Cas? Camile? Ich hab was", rief ich laut genug, dass sie mich hören konnten und kurz darauf hörte ich das Poltern der Treppenstufen. Cas war als erstes bei mir, dicht gefolgt von Camile, die jetzt mit großen Augen hinter ihm stand und das Loch in der Wand anstarrte, das entstanden war.
"Das ist es. Hier muss es sein. Ich spüre es." Camile's Enthusiasmus war echt unwiderruflich.
"Ja. Nicht nur du", murmelte ich unterkühlt vor mich hin und trat einen Schritt in das Dunkle. Kälte kroch meine Beine hoch. Der Raum hatte keine Fenster und trotzdem spürte ich einen Windzug.
"Hast du einen Schlüssel gefunden?", fragte Camile hinter mir. Ich drehte mich in die Richtung, in der ich sie vermutete.
"Nein, warum fragst du?"
"Weil man ein Schlüssel für die Kiste braucht...", gab sie frustriert von sich und starrte die Kiste an, die im Raum stand.
"Es ist zu dunkel", knurrte ich leicht angesäuert und seufzte schließlich. Camile zog ihr Handy und schaltete die Taschenlampe ein.
"Besser?"
"Hm, danke." Ich sah mich um, konnte aber nichts entdecken, weshalb ich die Kiste etwas genauer unter die Lupe nahm, während Camile weitersuchte. Unter dem Schlüsselloch war eine Art Schale und hinter einer Drehscheibe stand etwas in Latein.
"Et quid tibi reddere custodit te vivere...", murmelte ich die Worte hinter der alten Scheibe. Angestrengt versuchte ich die Wörter zu übersetzten.
"Bezahlen... musst... du..."
"... mit dem, was dich am Leben hält", beendete Cas meinen Satz mühelos und sah mich an.
"Dein Blut", gab Camile trocken von sich und sah weiter nach dem Schlüssel.
"Hab ihn!", rief sie plötzlich in die Stille und hielt Stolz den alten Schlüssel hoch.
"Dann mal rein mit ihm", grinste ich und holte das kleine Jagdmesser meines Vaters raus. Ich Schnitt mir damit in die Handfläche und hielt die tropfende Hand über die Schale. Diese füllte sich langsam mit der roten Flüssigkeit und auch die Scheibe setzte sich ruckelnd in Bewegung. Gebannt sahen wir alle auf die Scheibe, die sich weiter und weiter um ihre eigene Achse drehte und klickte.
"Es ist gleich soweit." Camile sah genau wie wir mit großen Augen auf die Scheibe und erwartete schon das abschließende Geräusch, welches uns alle erlösen würde. *Knack*
Die Scheibe stoppte.
"Was ist los? Hat es nicht geklappt?", fragte ich verwirrt und auch ein bisschen enttäuscht an Camile gewandt, doch diese grinste mich nur an.
"Sie ist auf", sagte sie und löste den Haken, der die Kiste einzig noch verschlossen hielt. Unter einem Knarren öffnete sie sich langsam und gab die Sicht auf ihr Innerstes frei.
Doch sie war... Leer.
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Angel Don't Cry
ParanormalIn der Welt der Winchester-Brüder war es noch nie besonders rosig zugegangen. Monster, die sie verfolgten. Geister, die Menschen heimsuchten oder aber die nervigen schwarzäugigen Idioten von unten meldeten sich zu Wort. Doch was, wenn auch über uns...