POV Dean
Cas und ich lachten noch eine ganze Weile zusammen und redeten über vieles. Ich hatte das erste Mal wirklich das Gefühl, ihn zu verstehen. Nachdenklich sah ich in den mittlerweile blauen-grauen Himmel und beobachtete geistesabwesend die Vögel, die über unseren Köpfen vorbeirauschten.
„Cas... sag mal... wenn es möglich wäre, wärst... wärst du dann bereit, mir zu sagen, was du fühlst?", fragte ich nachdenklich und in meiner Stimme schwang Hoffnung mit. Castiel sah mich an, etwas wehleidiges schwang in seiner Stimme mit, als er schließlich vorsichtig anfing zu reden.
"Ist dir das nicht schon längst klar?"
Bei dem Gedanken daran, es endlich auch von ihm zu hören, zog sich alles vor Vorfreude in mir zusammen.
"Ich wünschte nur, ich könnte es nur einmal von dir hören.", gab ich deshalb nur kurz von mir und beobachte nun ihn, statt den sich langsam immer mehr verdüsterten Himmel.Passt ja perfekt.
Um die unangenehme Stimmung zu vertreiben, stand ich auf und sah mit einem gespielten Lächeln auf den Engel hinab. Sacht nahm ich seine Hand in meine und zog ihn hoch.
"Wir sollten uns noch ein bisschen die Gegend ansehen", meinte ich auf seinen fragenden Ausdruck und setzte mich in Bewegung, während ich ihn dabei einfach mit mir fort zog. So liefen wir noch eine Weile durch den angrenzenden Park, während keiner etwas von sich gab. Ungefähr zwanzig Minuten später fielen auch schon die ersten Tropfen auf uns herab, die ziemlich schnell immer zahlreicher wurden, bis es wie aus Eimern schüttete. Wir flüchteten unter einem nahehlliegenen Baum und aus irgendeinem Grund musste ich darüber lachen.
"Was ist so lustig, Dean? Ich bin vollkommen durchnässt!"
Ich sah an ihm herunter und schließlich auch zu mir.
"Du siehst echt heiß aus mit deinen nassen Haaren.", flüsterte ich und lehnte mich zu ihm rüber.
"Das ist echt nicht witzig!" Castiel's mahnender Ton ließ mich nur noch mehr schmunzeln.
"Stimmt", grinste ich und fuhr mir durch die nassen Haare.
Wieder war es einige Zeit lang still um uns beide. Man sah, wie die Menschen fluchtartig den Platz räumten und sich unter ein nahegelelegenes, schützendes Dach stellten, einige hatten auch an ihre Regenschirme gedacht und ließen andere Passanten mit drunter stehen. Der warme Sommerregen tobte und der Wind gesellte sich mit voller Kraft zu ihm.
"Mir geht es wieder besser.", sagte Cas plötzlich und ließ meinen Blick auf ihn schnellen.
"Wie meinst du- oh! Dann können wir also wieder, uhm, los? Oder fliegen? Wie nennt ihr das?"
"Ja. Wir können wieder zurück und zu deiner Frage... dafür gibt es keinen definierten Begriff." Ich nickte als Antwort und ließ Cas meine Hand nehmen. Schon spürte ich den vertrauten Brechreiz in mir aufkommen, den ich versuchte, mit meiner Konzentration auf unsere Hände abzulenken, da meine wieder einmal herrlich kribbelte.Alles um uns herum wurde schwarz und Funken sprühten auf uns herab. Das ersten Mal war es, als befänden wir uns in einer Art Zwischendimension, die wir durchqueren mussten, um wieder in der originalen Zeit zu landen. Das taten wir auch schließlich, was sich durch das unangenehme Ziehen in der Bauchgegend bemerkbar machte. Ich sah mich irritiert um, um die Lage zu sondieren. Wir waren wieder in Bobby's Hütte. Ein Blick auf die Uhr und ich zuckte zusammen.
"Oh Gott! Bobby bringt mich um!"
"Nein, das tu ich nicht. Gib mir das Taxigeld und wir sind quitt."
Ruckartig drehte ich mich zu Bobby um und schloss ihn in meine Arme.
"Geht klar Halsabschneider.", murmelte ich und löste mich von ihm. Ich gab ihm die Summe, die er mir nannte und wir setzten uns auf sein Sofa. Dann wurde er ernst und sah mich aus einem unergründlich tiefen Blick an. Resigniert zog ich meine Augenbrauen hoch.
"Was ist los Bobby?"
"Es... es geht um deinen Bruder..."::
"Nein", hauchte ich. Ich konnte es nicht glauben. Das konnte einfach nicht sein.
Nicht Sammy! Nicht mein Bruder! Wie konnte ich nur... wie konnte ich das zulassen?
"Nie... niemals! Hörst du! Sam kann nicht... Sammy kann nicht...", meine Stimme brach und ich fiel in mich zusammen. Sämtliche Energie war weg und ich fühle nur Leere in mir. Nur aus dem Augenwinkel sah ich Cas, der neben mir stand und mich besorgt ansah. Seine Stirn lag in Falten, sein Kopf war gesenkt, seine Augen ließen mich nicht los. Dann spürte ich seine Hand auf der Schulter, doch das bekam ich kaum noch mit.
"Es tut mir leid Jun-", weiter kam Bobby nicht, denn ich stürzte mich auf ihn.
"Wo warst du? Warum warst du verdammt nochmal nicht bei ihm?", meine Stimme überschlug sich und wieder sackte ich kraftlos zusammen. Ich schlug immer wieder mit meiner mir noch verbliebenen Kraft gegen Bobby's Brust und er ertrug es stumm.
"Wie-wieso Cas...?" Ich drehte mich mit glasigen Augen zu ihm um. Er sah mich an, sein Blick war leer, bis er ihn schließlich nichtssagend auf den Boden richtete. Ich konnte keinen Muskel mehr bewegen. Alles fühlte sich an, als wäre ich gelähmt. Still stand ich auf, um mich schwerfällig die Treppen hochzuschleifen und ließ somit die anderen, mir hinterhersehend, zurück. Als ich oben angekommen war, ging ich in mein Zimmer und setzte mich auf das Bett.Leere. Nichts als Leere.
Mein Kopf. Mein Körper. Mein Herz.
Als hätte man mir alles genommen, was mir wichtig war. Nichts war mehr wichtig.
Ich hatte meinen Bruder umgebracht. Ich war nicht da. Ich bin Schuld an seinem Tod.Die Tür ging auf und der Kopf des Engels sah zögerlich hinein. Ich sah ihn an, aber eigentlich sah ich mehr durch ihn hindurch.
Ich wollte allein sein. Wollte mich selbst bemitleiden. Wollte niemanden sehen. Ihn schon gar nicht.
"Was willst du?", gab ich mit erschreckend monotoner Stimme von mir und ließ meine Augen auf ihn gerichtet. Mehr auf das, was sich hinter ihm befand, denn plötzlich stand er vor mir und ich zuckte unweigerlich zusammen, als er sich räusperte.
"Der Himmel. Ich muss hoch zu Naomi."
"Sie will dich töten.", sagte ich immer noch ohne Emotionen.
"Ich weiß, dich auch. Ich muss das mit ihr klären. Vielleicht lässt sie mit sich reden."
"Glaubst du daran?"
"Woran?"
"Das es funktioniert. Das Pech verfolgt mich, Cas. Du bist bei mir... jeder in meiner Nähe muss sterben. Ich mein...", ich brach ab und sah nach unten.
"...Es ist nicht deine Schuld.", hörte ich seine ruhige, dunkle Stimme, aber ich schenkte ihm keine Beachtung. Jedes seiner Worte klang wie Hohn in meinen Ohren.
"Nicht meine Schuld? Wäre ich da gewesen, wäre ich bei ihm gewesen..."
"...Was dann, hm? Du hättest nichts machen können. Die Ärzte-"
"...Diese verdammten Ärzte wissen nicht, was ich weiß! Ich hab dich! Oder hättest du mir nicht geholfen?", schrie ich ihn mit heißen Wangen und Tränen nassen Augen an. Ich war einfach nur total fertig. Mit allem.
"Ich kann keine Toten ins Leben zurückholen Dean..."
"...Aber du hättest ihn heilen können..."
Ich drehte mich demonstrativ von Cas weg und starrte stur aus dem Fenster, das auf der gegenüberliegenden Seite der Tür war. Ich spürte seinen Blick auf mir, doch ich blieb hart. Ich wollte einfach nicht mehr reden.
Nicht mit ihm. Und vor allem nicht jetzt.Nicht nur ich war Schuld an allem. An dem Tod meines... meines Bruders. Er hatte mich weggezerrt. Weg von Sam.
Hätte ich weiter darauf bestanden,... hätte ich nicht nachgegeben... vielleicht wäre es dann nicht zu spät gewesen.
Vielleicht hätte ich ihn dann noch retten können.Entschlossen stand ich auf. Ich hatte einen Entschluss gefasst. Ich konnte hier nicht weiter herumsitzen und mit dieser Leere in mir trauern. Ich musste meinen Bruder zurückholen. Sam war noch nicht dazu bestimmt zu sterben und ich war definitiv nicht bereit, ohne meinen Bruder weiter zu machen.
Sammy gehörte in eine Familie - mit einer Frau und Kinder.
Einem Job, den er verfluchen konnte und ein strukturiertes Leben. Gewissheit...
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Angel Don't Cry
ParanormalIn der Welt der Winchester-Brüder war es noch nie besonders rosig zugegangen. Monster, die sie verfolgten. Geister, die Menschen heimsuchten oder aber die nervigen schwarzäugigen Idioten von unten meldeten sich zu Wort. Doch was, wenn auch über uns...