Kapitel 10 ✔

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Die Schulzeit erstreckte sich nahezu ewig und mir fielen mehrmals während des Unterrichts die Augen zu. Liz hatte sich wohl damit abgefunden, dass Hayes und ich irgendwie plötzlich Freunde waren. Zumindest redeten er und ich ab und an ein paar Sätze und hatten die Anwesenheit des anderen akzeptiert. Ich war noch immer genervt. Genervt, dass Black mich einfach immer wieder so abblitzen ließ. Was glaubte der Typ eigentlich, wer er war?

Zuhause angekommen, wollte ich nur noch eine Sache: Schlafen. Und erst dann wieder aufstehen, wenn Black auftauchte. Und so saß ich einige Minuten später auf der Kante meines Betts und wartete. Ich war mir noch nicht so ganz sicher worauf. Es konnte ja nur eine göttliche Eingebung sein, etwas anderes wäre in diesem Fall nicht im Geringsten hilfreich.

Mein Blick fiel auf das obere Ende meines Schranks, auf dessen Plattform meine absoluten Lieblingsbücher standen. Die Bände waren farblich sortiert, auch wenn dadurch die ein oder andere Trilogie durcheinander gebracht wurde. Der erste Band einer Reihe, in der es um ein Mädchen und außerirdische Lebensformen ging, erregte meine Aufmerksamkeit. Plötzlich bekam ich große Lust meine Lieblingsstellen einfach alle noch einmal zu lesen. Immerhin hatte ich die Zeit.

Als Erhöhung sollte mein Schreibtischstuhl dienen, der, wie sich später herausstellen sollte, vielleicht nicht die idealste Lösung für mein Größenproblem darstellte. Er war drehbar und besaß mehrere Rollen an den Füßen. Ich schaffte es mit einer atemraubenden Eleganz und mit Hilfe der oberen Kante des Schranks das Buch von der staubigen Fläche zu ziehen, verlor allerdings durch die schnelle Bewegung das Gleichgewicht.

Mit Entsetzen stellte ich fest, dass der Stuhl sich durch den Schwung drehte und ein Stückchen vom Schrank wegfuhr. Mit lautem Gepolter und einem kurzen Aufschrei ging ich zu Boden, natürlich nicht ohne mir vorher den Kopf an der Bettkante anzuschlagen.

Mein Schädel brummte. Das war das erste, das mir auffiel. Das zweite war etwas nasses, das mir am Hinterkopf klebte und ein ekliges Gefühl der Kälte hinterließ. Das war auch ziemlich genau die Stelle, von der die stechenden Schmerzen durch den gesamten Kopf- und Nackenbereich zogen.

„Was ist passiert?", fragte eine männliche, ziemlich geschockte Stimme. Black. Jetzt also doch. Ich versuchte die Augen zu öffnen, was komischerweise viel schwieriger war, als man annehmen würde. Ich war einfach nur so müde. Große, starke Hände begannen vorsichtig meinen Kopf abzutasten, bis ich vor Schmerz zusammenzuckte.

„Entschuldigung", murmelte Black, „Du hast eine üble Kopfwunde, die ohne Ende blutet. Ich weiß gar nicht, wo da der Ursprung ist" Es hatte mich viel Anstrengung gekostet seine Sätze mitzuverfolgen und zu verstehen.

„Köpfe bluten immer so", antwortete ich dann. Am liebsten hätte ich mir die Handfläche vor die Stirn geschlagen, aber gewisse Koordinationsschwierigkeiten hielten mich davon ab. Ich sah Black grinsen. „Lachst du etwa?", fragte ich und bemerkte, dass die Worte nicht so klar über meine Lippen kamen, wie ich mir das vorgestellt hatte. Jetzt lächelte er nicht mehr. Er legte seine linke Hand in meinen Nacken, strich mir erst sanft über den Kopf und legte anschließend selbe Hand vorsichtig über die Wunde. Augenblicklich verschwand jegliche Kälte in meinem Körper und ich begann mich zu fühlen, als würde ich schweben. Ich seufzte erleichtert auf. Mit der Zeit kam die Kraft zurück und ich öffnete wieder die Augen. Schutzengel waren eigentlich ganz nützlich, denn die Schmerzen waren weg und ich fühlte mich viel besser. Zumindest bis mein Blick auf Black fiel. Mit der rechten Hand noch immer an meinem Kopf, stützte er sich mit der linken auf dem Boden ab und lehnte sich mit seinem gesamten Gewicht darauf. Er zitterte und hatte den Kopf gesenkt, wodurch seine tiefschwarzen Haare ihm in Strähnen ins Gesicht hingen.

Eilig setzte ich mich auf und wandte mich aus seinem Griff. „Es ist okay, Black, danke. Mir geht es wieder gut", meinte ich dann und beobachtete, wie er langsam den Kopf hob. Er sah seltsam zufrieden aus. Dann ließ er sich auf den Rücken auf meinen weißen Wuschelteppich fallen. Er öffnete nur noch einmal die Augen, sah mich kurz an und klopfte dann neben sich auf den Teppich.

„Leg dich zu mir, mir ist kalt"

Geschockt öffnete ich den Mund, um etwas zu erwidern, aber er achtete gar nicht darauf, nahm sanft meinen Arm und zog mich neben sich. Da lag ich nun. Mit pumpendem Herzen und frisch geheilter Kopfwunde neben dem schönsten Engel, der mir je über den Weg gelaufen war. Ich kicherte leise. Daraufhin bewegte es sich neben mir und ein Arm schlang sich um meine Hüfte.

„Du solltest das nächste Mal vorsichtiger sein. Für einen kurzen Moment dachte ich wirklich..." Er sprach es nicht aus und das war mir nur recht.

Ich wollte diesen unvergleichlichen Moment genießen und auf diesem Teppich im Arm dieses Engels einschlafen. Alles andere konnte warten. 




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Black -mein SchutzengelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt