Ich stand da, starrte in die Tiefe, die sich irgendwann in der Dunkelheit verlor. "Was ist passiert?", Hayes Stimme klang entsetzt und mit bebenden Lippen drehte ich mich zu den Beiden um. "Lucas", schluchzte ich und wies auf das dunkle Loch hinter mir, dann sank ich auf die Knie. "Aylin, was ist geschehen?", wiederholte sich Hayes und nur mit Mühe brachte ich die Worte hervor. "Lucifer ist tot, genauso wie Michael und Lucas", antwortete ich und sah wieder auf. "Er hat ihn mit einem Schwert umgebracht!", fügte ich hinzu und die anderen starrten ungläubig hinter mich. Dann schnappte Black meine Hand und zog mich hoch. "Wir müssen gehen. Jetzt!", meinte er dann, doch meine Beine bewegten sich nicht. "Lucas darf nicht tot sein!", schluchzte ich und bekam nur an Rande mit, dass Hayes die Augen verdrehte. "Ich verstehs nicht. Was hat er so tolles gemacht, dass du ihn nicht mehr als dein Feind sondern als deinen engsten Freund ansiehst?", fragte Hayes bissig und verwundert über seinen aggressiven Tonfall wandte ich mich ihm zu. "Er hat verstanden", antwortete ich und spürte, wie sich einzelne Tränen meine Wangen runterschlichen. "Lucas hat mich nicht an Michael verraten und mir die Treue geschworen. Gerade eben, als ich nahe dran war aufzugeben, da war er als einziger da und hat mich aufgehalten", erklärte ich. Auch wenn es Hayes augenscheinlich nicht passte, aber Lucas hatte uns alle gerettet. "Ich weiß und dafür bin ich ihm dankbar", murmelte Hayes und auch Black nickte. "Das war wirklich verdammt mutig von ihm" Letztendlich war es egal wie er früher gewesen war, denn er hatte sich am Schluss doch für das Richtige entschieden. "Was machen wir jetzt?", meine Stimme war ganz leise und niemand konnte in ihr die Trauer und Müdigkeit überhören. "Wir gehen heim. Aber nur um zu sehen, ob alles okay ist. Dann werden wir irgendwo aufs Land ziehen und so unauffällig wie möglich leben", antwortete Black und ich nickte, vermutlich war das das beste. Leo war mittlerweile ebenfalls aufgestanden und sah sich geschockt um. "Das ist Wahnsinn, wie soll ich das denn wieder aufbauen? Was mache ich ohne den Herrscher der Hölle?", fassungslos sah er uns an. "Vielleicht wirst du ja ein besserer als Lucifer es war", meinte Black und ich verstand sofort. Leo sollte der neue Teufel sein? Er nickte nachdenklich, sah uns noch einmal kurz an und verschwand dann um die nächste Ecke. Ich wollte und konnte mich jetzt nicht mit ihm und seinen Aufgaben befassen, dafür war ich einfach zu erschöpft. Meine Schultern schmerzten wahnsinnig und irgendein Brennen wanderte ununterbrochen meine Wirbelsäule hoch und wieder runter. Ich kam mit dem Gedanken, dass ich weiße Flügel hatte und ein Engel war, einfach nicht klar. Ich war kein Mensch mehr. Konnten mich meine Eltern überhaupt noch als ihre Tochter ansehen? Wenn ich heimkäme, dann wären sie vermutlich verwundert. Ich wollte am liebsten die Person finden, die ihnen meine Zusammenziehen mit Hayes eingetrichtert hatte. Müde ließ ich meine Hand samt Schwert sinken und blieb stehen. "Was sagen wir ihnen denn? Ich meine, wenn wir danach sowieso gleich wieder gehen?", fragte ich die anderen Beiden, welche ahnungslos die Schultern zuckten. "Sie werden es einfach nicht mitbekommen", meinte Hayes. Also sollte ich gar nicht zeigen, dass ich daheim war? Ich spürte allerdings den riesigen Drang in mir zu ihnen zu rennen, sie zu umarmen und nie wieder loszulassen. "Ich muss mich von ihnen verabschieden", erklärte ich und Black nickte. "Das wirst du"
Wir waren einfach wieder durch das Portal gegangen und standen nun am Ausgang der Ruine. Während die anderen ihre Flügel ausbreiteten, zögerte ich. Nachdenklich starrte ich in die dunkle Nacht hinaus. Akzeptierte ich mein Engeldasein oder nicht? "Aylin? Willst du selbst fliegen oder sollen wir dich mitnehmen?", darauf schüttelte ich den Kopf. Ich hatte doch selber Flügel, wieso sollte ich diese nicht nutzen? Mein T-Shirt war noch immer zerrissen und so war es kein Problem jene Schwingen auszubreiten. Es tat weh, wirklich weh, als sich das Tattoo zur Wirklichkeit entfaltete. Doch ich biss die Zähne zusammen und wartete geduldig, bis jede einzelne Feder an der richtigen Stelle saß. Auch Black und Hayes verfolgten gespannt das Szenario. Sie nickten mir anschließend aufmunternd zu und vorsichtig ließ ich meine Flügel schwingen. Als ich in die kalte Nachtluft abhob, schlich sich doch ein kleines Lächeln auf meine Lippen. So hoch oben zu schweben und die einzelnen immer näherkommenden Hausdächer zu betrachten faszinierte mich, weshalb auch immer.
Ich landete leise und glücklicherweise sanft auf dem Boden, ein paar Meter entfernt vom Haus. Ich schluckte einmal kräftig und schaffte es nicht mich von der Stelle zu bewegen. "Kommst du?", fragte Black, doch ich schüttelte den Kopf. "Ich kann das nicht. Ich kann sie jetzt nicht verlassen, nicht nach alldem", flüsterte ich und fing leise an zu weinen. "Aber du verlässt sie doch nicht, besuchen können wir sie ja immernoch", beruhigte mich Hayes und legte eine Hand auf meine Schulter, was mich zusammenzucken ließ. Durch irgendetwas schreckte ich vor ihm mehr und mehr zurück. Ich atmete einmal tief durch, erklomm die Stufen zur Haustüre und klingelte. Nach kurzer Zeit ging das Licht unten an und zwei Schatten liefen auf mich zu, nur noch eine Türe trennte mich von meinen Eltern. Als sich diese öffnete und ich ihnen letztendlich gegenüberstand, da konnte ich nicht anders als sie so fest wie möglich zu umarmen. "Mein Kind ist wieder zuhause", hörte ich meine Mutter flüstern und schon drückte mich beide noch mehr. "Wie war es mit Hayes, hattet ihr Spaß?", fragte mein Vater dann und ich nickte vorsichtig. Ja, wir hatten riesigen Spaß, Hayes und ich. "Komm doch rein", forderte meine Mutter mich auf, doch ich ging ein paar Schritte zurück. Besser ich brachte es gleich hinter mich. "Ich bin nur hier um ein paar Sachen zu holen, dann gehe ich wieder", erklärte ich und realisierte, wie beide mich traurig musterten. "Du hast zerissene Klamotten an, kommst mitten in der Nacht nach Hause und sagst dann, dass du gleich wieder gehst?", mein Vater klang verletzt und ich konnte es ihnen nicht übel nehmen. "Es tut mir leid", antwortete ich leise und lief auf mein Zimmer. Dort warf ich schnell irgendwelche Kleidung in meine große Sporttasche und schloss diese anschließend. Traurig sah ich mich um. War dies das letzte Mal? Würde ich das Zimmer noch einmal betreten? Kurz strich ich über mein Bettlaken. Es war wichtig einen Schlussstrich zu ziehen, alles hinter mir zulassen. Meine Eltern standen noch immer an der gleichen Stelle als ich zur Haustüre eilte. "Ich hab euch lieb", murmelte ich und sie lächelten. "Pass auf dich auf mein Schatz", meinte meine Mutter und ich nickte, das würde ich. Als ich das Haus meiner Kindheit verließ, stellte ich fest, dass ich mich ziemlich verändert hatte in der letzten Zeit.
|| Das war das letzte lange Kapitel dieses Buches...
Ich werde morgen noch den Epilog hochstellen und dann in den darauffolgenden Tagen das zweite Buch erstellen. 🙊
Danke, dass ihr mir so zahlreich eure Meinung gesagt habt und ich hoffe, dass ihr alle auch wirklich weiterlest... 🌿 Bis bald ❤️
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Black -mein Schutzengel
FantasyTEIL 1 DER SCHUTZENGELREIHE - wird überarbeitet - ||Alles was ich noch sah, bevor mein Kopf brutal an den Vordersitz geschleudert wurde, war das gleichgültige Gesicht des Geisterfahr...