My Own Liberator

Prolog

Hi Mom,

ich liebe dich, wie geht es dir?

Ich vermisse dich.

Ich will dir sagen,  dass ich noch lebe und dass ich dein Lächeln vermisse. Ich vermisse  George und Lisbeth. Sag, wie geht es ihnen? Wie gefällt ihnen die  Schule?

Ich will alles wissen.

Erzähl mir, ob George sich bereits in ein hübsches Mädchen verguckt hat.

Lisbeth ist noch  schöner geworden, nicht wahr? Ich würde gerne sehen, wie groß sie  geworden ist. Alle Jungs werden sich in sie verlieben, ich weiß es.

Mom. Ich vermisse euch und es bringt mich um zu wissen, dass ich niemals zurückkommen werde.

Ihr fehlt mir hier so sehr, es tut weh, darüber zu schreiben.

Es tut mir leid, dass ich niemals geschrieben habe. Aber ich ertrage es nicht, nicht zu wissen, ob ihr antworten werdet.

Ich liebe dich so sehr, Mom.

Wenn du mich gerade  nur sehen könntest. Ich schwitze, während ich das hier schreibe. Mir  rennt die Zeit davon, ich will dir so viel erzählen, dir tausend Mal  schreiben, dass ich dich liebe, aber mir fiel selten etwas so schwer wie  diesen Brief zu verfassen.

Dennoch ... ich lebe.

Ich leide viel, nehme Männern das Leben, ich zweifle an meinem Ich und ich habe mich  verändert. Aber, Mom, ich liebe euch noch  immer.

Ich habe so viel gelernt. Die Menschheit ist widerlich, du kannst dir nicht vorstellen, was sie sich gegenseitig antun können.

Ich habe gelernt, dass "Ich will sterben" wohl das traurigste ist, was ein Mensch sagen kann.

Aber bitte, Mom, verzeih mir, dass ich nicht ständig an euch denke.

Verzeih mir, dass ich gegangen bin. Es war ein Fehler euch zu verlassen, nachdem Vater starb. Ich verstehe es jetzt.

Verzeih mir, dass ich mein Leben in Deutschland lassen werde.

Und Mom, bitte verzeih mir, dass ich diesen Brief niemals losschicken werde.

Ich liebe dich.

Mit all der Sehnsucht und der ewigen, schmerzvollen Liebe,

Harry

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