127.

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Harry Styles

Als ich Anne und Lisbeth durch das Küchenfenster beobachtete, fielen mir einhundert Dinge auf, die anders an ihr waren. Zum Beispiel waren ihre Haare länger, sie gingen ihr knapp über die Schulter. Und es schien, als seien sie heller. Außerdem war die Farbe ihrer Lippen dunkler, sowie ihre Haut. Ich hatte sie blasser in Erinnerung, heute hatte sie einen gesunden Hautton, wie man es bei einem normalen Menschen erwarten konnte.

Sie lief anders, ihre Schultern waren straffer und ihr Kinn gehobener. Heute wirkte sie so erwachsen. Damals war sie gerade mal achtzehn Jahre alt.

Aber ihr Lächeln hatte sich nicht verändert. Sie kniete sich neben Lisbeth, die gerade auf eine von Moms Blumen zeigte und ja, sie hatte noch immer dieses reine, umwerfende Lächeln. Es hinterließ Gänsehaut auf meinen Armen.

„Du weißt, du kannst sie nicht ewig wie einen Gast behandeln", holte mich meine Mutter aus meiner Starre und ich zuckte zusammen. Sie stellte sich grinsend neben mich und sah ebenso aus dem Fenster. „Sie ist so ein nettes Mädchen, also solltest du auch nett zu ihr sein."

Ich blickte von meiner Mutter zurück zu den zwei Mädchen im Garten. „Ich finde nicht, dass ich unfreundlich zu ihr war."

Sie begann den Abwasch zu machen. „Du bist mein Sohn, aber das hält mich nicht davon ab, dir zu sagen, dass du dich verhältst wie ein Vollidiot."

„Wie bitte?"

„Sieh dich an. Du stehst hier, beobachtest sie durch das Fenster, obwohl du schon längst bei ihr sein könntest."

„Du verstehst das nicht. Ich war nicht darauf vorbereitet, dass sie irgendwann hier sein wird."

„Man ist auf so vieles nicht vorbereitet, Liebling. Aber das bedeutet doch nicht, dass wir uns verhalten müssen wie eingeschüchterte Kinder."

Mit gerunzelter Stirn drehte ich meinen Kopf zu ihr. „Ich verhalte mich nicht wie ein eingeschüchtertes Kind. Ich bin vorsichtig."

Meine Mutter verdrehte die Augen und schnipste mir Wasser ins Gesicht, worauf ich zwei Schritte zurückging. „Vorsichtig kannst du sein, wenn du irgendwann einmal versuchst das Schiffsmodell deines Bruders zusammenzubasteln. Du hast jahrelang auf sie gewartet, nun ist sie bei uns und du stehst hier wie ein erschrockenes Reh."

Schon seit langem hatte meine Mutter nicht mehr so ehrlich zu mir gesprochen. Es war ungewohnt. „Ich weiß nicht, was ich tun soll", gab ich zu. „Sag du es mir."

Mom stöhnte und trocknete sich die Hände ab. Dann wand sie sich an mich. „Du bist solch ein ahnungsloser Mann." Sie legte das Handtuch weg. „Wer weiß, wie lange sie geplant hat zu bleiben, also verlier keine Zeit und führ sie aus. Bring sie in die Stadt, zeig ihr alles. Zeig ihr meinetwegen Georges Spielzeugsammlung, aber sprich mit ihr."

„Ich glaube nicht, dass ihm das gefallen würde."

„Selbst dein kleiner Bruder hat schon mehr Worte zu ihr gesprochen als du."

„Vielleicht sollte er sie ausführen."

Und daraufhin landete das Handtuch in meinem Gesicht. Meine Mutter scheuchte mich aus dem Haus wie ein streunender Hund. Sie drohte mir, mich auf der Straße schlafen zu lassen, sollte ich Anne nicht nach einem Abendessen fragen.

Deswegen lief ich tief durchatmend um das Haus herum. Ich richtete meine Haare, wenn auch vergeblich und wischte meine Hände an meiner schmutzigen Jeans ab.

Ich hörte Annes Lachen, als ich ihr und meiner Schwester näher kam. Sie knieten noch immer dort an dem Beet, Lisbeth hatte ganz offensichtlich ausversehen eine Rose abgerupft und versuchte sie vergeblich zurück in die Erde zu stecken.

My Own LiberatorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt