61.

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Harry

Ich konnte mir in dem Moment, in dem Anne Arme um meinen Nacken legte, nicht ausmachen, welch Ende das hier nehmen sollte. Wir waren dabei etwas passieren zu lassen, wovon keiner von uns eine Ahnung hatte, was es anrichten würde.

Aber ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals so verrückt nach einer Frau gewesen zu sein, wie nach ihr. Vielleicht war das der Grund, weshalb ich sie so stürmisch küsste.

Anne kam mir immer näher, während unsere Lippen sich synchron bewegten und schließlich konnte ich sie nicht mehr halten. Ich fiel auf den Rücken und sie auf meine Brust.

„Entschuldige", flüsterte ich und hatte das breiteste Grinsen in den letzten vier Jahren auf den Lippen.

Sie kicherte in meine Brust und scheiße, ich liebte dieses Kichern. „Ich entschuldige mich."

Ich sah sie an, wie sie auf mir lag und konnte es nicht lassen, ihr das Haar hinter ihr Ohr zu streichen. Sie erschien mir wie ein Segen. Plötzlich kamen mir die dauerhaften Reden von Liam über das Schicksal und das Gott uns nicht alleine sterben lassen würde, plausibel vor. Ich wollte sie die ganze Nacht so ansehen können.

Sie blickte zu mir hinauf, ihre Wangen so dermaßen gerötet, dass ich sie anfassen wollte.

Ich wollte es tun, aber wir wurden von dem kleinen Mädchen unterbrochen. „Hallo?", fragte sie. Zudem lugte sie hinter dem Vorhang hervor und bekam große Augen, als sie uns erspähte. Dann verschwand sie wieder hinter der Gardine.

Annemarie hievte sich hoch und übergab schließlich dem Mädchen das Handtuch. „Trockne dich schnell ab, damit du noch schlafen kannst."

„Und das hier bleibt unser kleines Geheimnis, klar?", fragte ich Friedericke, als ich mich aufstellte.

Anne grinste noch immer errötet in sich hinein, während ich mit dem Gedanken spielte, sie ein weiteres Mal zu küssen.

„J-Ja, ... Sir!", fiepste Friedericke.

„Vielleicht solltest du rausgehen, solange sie sich noch nicht angezogen hat", sprach Anne zu mir. „Wir kommen sofort nach."

Ich nicke, wünschte, man würde mir die Gier nach ihren Lippen nicht ansehen und verließ das Badezimmer.

Die kühle Atmosphäre, die im Flur herrschte, war ernüchternd. Sie war nichts im Gegensatz zu dem, was da drinnen für eine Stimmung stattfand.

Und es wurde nicht angenehmer, als ich Pete entdeckte, der gleichzeitig aus dem Raum gegenüber geschlendert kam. Selbst durch die Dunkelheit erkannte ich, dass er vor ein paar Stunden noch sturzbetrunken war. Sein Gang war schwach und sein Blick müde.

„Auch noch wach?", säuselte er, als er die Tür hinter sich schloss. „Was 'ne verfickt lange Nacht, hm?"

Ich versperrte ihm die Möglichkeit, nach dem Türgriff des Badezimmers hinter mir zu greifen, worauf er mich missverständlich ansah.

„Gibt's 'n Problem?", fragte er mich und ging argwöhnisch einen Schritt zurück. „Ich muss pissen."

„Geh unten", befahl ich mit fester Stimme.

Er beäugte mich kritisch. Ich hielt seinem Blick stand.

„Was is' da drin, huh?" Pete kam mir wieder näher. Er stank fürchterlich nach Erbrochenem.

„Das kleine Mädchen", erklärte ich ohne mit der Wimper zu zucken. „Sie wäscht sich und du wirst sie nicht stören."

„Das kleine Mädchen", wiederholte er. „Sie ist der letzte Grund, weswegen ich nicht hier und jetzt auf diese Toilette gehen werde."

My Own LiberatorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt