93.

7.3K 903 279
                                    

        Harry

Liam begann zu schwanken, deswegen setzte ich mich sofort in Bewegung. Ich fing ihn auf, noch bevor er schmerzhaft zu Boden fallen konnte. Ich war wie in Trance, als ich spürte, wie er sich in den Stoff meiner Jacke krallte. Es fiel mir schwer, klar zu denken, genauso wie zu wissen, was nun als nächstes passieren würde.

„Liam", sagte ich. „Sag mir, was ich tun soll."

Mit zitterndem Atem hauchte er: „W-Wir haben keine Sanitäter mehr."

„Aber wir haben genug Dinge, um dir zu helfen."

Liam atmete tief ein und aus. Sein Körper begann zu zittern. „Ich muss liegen. Umso mehr ... umso mehr ich mich bewege, umso ..."

Noch bevor er aussprechen konnte, half Keith mir, den starken Mann zu Boden zu legen. Er wies uns an, ihn auf den Rücken zu legen, damit seine Verletzung zugedrückt werden konnte.

Ich wand mich an Toby, auch wenn ich alles andere als selbstsicher klang. „Hol irgendwen oder irgendetwas, das uns hilft. Los!"

Er rannte sofort los und meine Aufmerksamkeit galt wieder Liam. Er hatte seine rechte Hand auf seine Brust gedrückt. Erst jetzt fiel mir auf, dass er dort heftig blutete.

„Nein", stieß ich aus und nahm seine Hand von der Brust, die mittlerweile voller Blut war. „Es kann unmöglich deine Brust erreicht haben!"

Doch Liam bewies mir das Gegenteil, indem er mit langsamen Bewegungen und schnellem Atem durch die Knöpfe in sein Hemd griff. Er riss die Kugel aus seiner Haut.

Mir blieb das Herz stehen. Nein. Nein, das durfte nicht passieren.

„Sag mir, was ich tun soll, Liam", bat ich ihn weiter verzweifelt um Hilfe, obwohl er derjenige war, der am meisten Hilfe benötigte. „Soll ich dich zum Lager bringen? Toby bringt irgendwelche Erste-Hilfe-Scheiße mit, mit der wir dich versorgen können."

„Niall dreht komplett durch", sagte Keith, der hinter sich zu dem blonden Soldaten schaute.

Ich blickte ebenfalls zu ihm und sah, wie er mit erhobener Waffe auf einen der Soldaten zustampfte und ihm ins Knie schoss. Dem anderen schoss er direkt in den Kopf. Kurz kämpfte ich mit mir, aber ich musste es tun.

Ich stand auf und rannte zu Niall. Keiner von meinen zwei Freunden sollte heute sterben. Nicht Liam, nicht Niall.

Der Soldat, der Liam in den Rücken geschossen hatte, fiel zu Boden und schrie vor Schmerzen. Niall machte zwei feste Schritte auf ihn zu, packte ihn am Haarschopf und zog ihn auf die Knie, als dieser versuchte, davonzukriechen.

Und dann holte er mit seiner Pistole schwungvoll aus und rammte sie dem Deutschen gegen den Kiefer. Der Nazi wäre sofort umgegangen, würde Niall ihn nicht festhalten.

Niall holte ein weiteres Mal aus, diesmal von der anderen Seite. Unmittelbar danach, begann der Soldat Blut zu husten.

Voller Aggression schmiss er ihn auf den Rücken und dann schlug Niall immer wieder zu. Er kniete über ihm und haute ihm immer und immer wieder seine Faust in die bereits blutende Fresse.

„ICH! SCHLAG! DICH! TOT!", brüllte Niall zwischen jedem seiner Fausthiebe.

Der Deutsche stöhnte und versuchte sich noch zu wehren.

Aber Niall kannte kein Erbarmen. Seine Faust war mittlerweile so vom Blut beschmutzt, dass man kaum noch seine eigene Haut sah. Das Gesicht des Deutschen sah grauenvoll aus, aber Niall stoppte nicht.

Nialls Schreie waren so hasserfüllt und laut, es schien, als sei er ein wildgewordenes Tier. „VERRECK!", brüllte er. „VERRECK! VERRECK! VERRECK!"

My Own LiberatorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt