Kapitel 1

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Good Life - One Republic

Meghan Moore, Freitag, 15. Juli, M40 & London Borough of Hunslow

»Gerade passieren wir Paddington. Also sind wir in ungefähr 20 Minuten in London, wo wir dann deine neue Wohnung suchen müssen. Oh, und erinnere mich daran, den Vermieter anzurufen, wenn wir dort sind. Der Mann sagte, dass er in fünf Minuten da sein kann und uns etwas über den Bezirk erzählt. Kann ja sicher nicht schaden, da du dich noch nicht auskennst. Schien mir ein ziemlich netter Kerl zu sein. Mal sehen, wie er sich so macht. Du weißt ja, wie manche Vermieter drauf sind. Meg, hörst du mir überhaupt zu?«

Harvey und ich fuhren nun seit beinahe vier Stunden auf der M40 und würden schon bald das Ziel erreichen. Ich kam meinem Neuanfang näher und näher. Und ließ Liverpool immer weiter hinter mir. Etwas befremdet musste ich feststellen, dass ich mich befreit fühlte. Je weiter ich mich von meiner Heimatstadt entfernte, desto weniger vermisste ich sie. Das Einzige, woran ich ununterbrochen denken musste, war David. Er hatte so verloren gewirkt, als ich zu Harvey in den PKW gestiegen war und ihm zum Abschied gewinkt hatte. Es hatte mir beinahe das Herz gebrochen. Und ihm auch, ganz egal wie tapfer er sich gegeben hatte. Es würde uns beide einige Zeit kosten, wieder in den Alltag zurückzufinden, dessen war ich mir sicher.

Aber es würde weitergehen. Irgendwie.

Und da kam endlich bei mir an, dass Harvey mir eine Frage gestellt hatte. »Ja, ich höre dir zu. Mehr oder weniger.«

Er verzog das Gesicht. »Autsch. Ich versuche hier, dich auf andere Gedanken zu bringen, und du gehst nicht mal darauf ein. Das tut weh.« Ich wusste genau, dass er es keinesfalls ernst meinte und dankte ihm im Stillen für seine Diskretion. Er drängte mich nie dazu, ihm irgendetwas zu erzählen, sondern wartete, bis ich den Zeitpunkt für den richtigen hielt. Und deshalb war er mein bester Freund.

»David«, sagte ich seufzend. »Ich kriege seinen Gesichtsausdruck nicht mehr aus dem Kopf.«

Harvey neigte verstehend den Kopf und schwieg für eine ganze Weile. Als er sich endlich wieder zu Wort meldete, waren gefühlte fünf Minuten vergangen. »Ich bin mir sicher, dass er auch ohne dich klarkommt. Ich meine, er ist ein Cop und verdammt zäh. Und du wirst ebenfalls jemand anderen finden. Lass euch Zeit.« Ein breites Grinsen schlich sich plötzlich auf sein Gesicht. »Außerdem werde ich mich schon um Dave kümmern, mach du dir da mal keine Sorgen. Ich lasse nicht zu, dass er sich in seinem Schneckenhaus verkriecht und Trübsal bläst. Du kennst mich ja. Ich kann sehr, sehr überzeugend sein.« Nun lachte er. »Ich war es schließlich auch, der euch zusammengebracht hat. Also glaub mir, Dave ist bei mir gut aufgehoben. Und dass du es selbst packst, würde ich niemals anzweifeln.«

Nun musste auch ich lächeln. »Hältst du mich etwa für zäher, als David Harrison?«

»Oh, ja. Ich kennen niemanden, der es in dieser Hinsicht mit dir aufnehmen könnte. Na ja, außer mir selbst vielleicht, denn ich bin ein ebenso großer Überlebenskünstler wie du.«

»Ich werde dich vermissen«, sagte ich plötzlich und spürte wie mein Herz wieder schwerer wurde. »Das musste ich dir einfach mal sagen.«

»Ach komm, werde mir jetzt bloß nicht sentimental, sonst lernst du mich kennen, junge Dame.« Er trat fluchend auf die Bremse, als uns ein kleiner Opel zu überholen versuchte. Die Fahrerin schien noch nie etwas von Verkehrsregeln gehört zu haben. »Was zur Hölle tut sie?«, brüllte Harvey aufgebracht und verlangsamte das stete Tempo um einige km/h. »Darf ich ihr den Hintern zerstören?«, fragte er, an mich gewandt, immer noch wütend.

»Nein!« Lachend schlug ich ihm auf den Oberschenkel. »Sonst schrottest du auch mein Baby.«

»Das wäre es allemal wert«, murmelte er eingeschnappt und beschleunigte wieder etwas. »Wo sind die Cops, wenn man sie braucht?!«

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